Auswandern - Mein Leben im Ausland:

Studieren in Island

Studieren in Island

Hallo zusammen!

Seit zwei Jahren lebe ich in Island, der kleinen skandinavischen Insel am Polarkreis.
Ich fand es nie schwierig, hier oben Fuß zu fassen; das mag auch an meinem Alter liegen (ich bin jetzt 21 Jahre alt), zumal ich allen Jobangeboten sehr aufgeschlossen war. Das erste Jahr verbrachte ich hier oben als Magd auf insgesamt drei Bauernhöfen und erhielt sozusagen eine Ausbildung in der Landwirtschaft. Ich bekam Kost, Logis und ein in Anbetracht der Arbeit lächerliches Gehalt, aber dafür konnte ich erste Erfahrungen sammeln und viel wichtiger: ich lernte die Landessprache Isländisch; die Sprache der Wikinger.
Damit war die Grundvoraussetzung gelegt, hier ein Studium zu beginnen - und so befinde ich mich nun zweiten Semester eines agrarwissenschaftlichen Studiengangs, erhalte Wohngeld vom isländischen Staat und konnte mich bisher mit den Ersparnissen meines Bauernlebens über Wasser halten. Demnächst werde ich es so halten müssen, wie die Isländer: arbeiten, arbeiten und arbeiten, um mir meinen Unterhalt zu finanzieren. Denn das Leben hier oben entspricht zwar sehr hohen Standards, ist aber auch teuer.
Aber man kommt über die Runden, wenn man es will.

Meine Einstellung zu Deutschland hat sich Dank des Abstandes ein wenig geändert. Ich sehe nun auch wieder die positiven Seiten meines Heimatlandes und freue mich auf Deutschlandurlaub. Aber wieder dort leben? Nein, dafür fühle ich mich hier viel zu wohl!
Heimweh habe ich deswegen auch nie. Natürlich vermisse ich meine deutschen Freunde und Familie ab und zu, aber wozu gibt es Telefon und Internet? Und natürlich meine Besuche in „good old Germany“.

Die Isländer sind ein schräges Völkchen, liebenswert chaotisch, öfters auch stursinnig - ein modernes Bauernvölkchen eben. Doch eines mag ich besonders an ihnen: ihre Offenheit und ihre positive Einstellung zum Leben. Was passiert, das passiert halt, und es wird schon wieder gut, irgendwie. Man plant hier nicht viel voraus, alles ist spontan, was gleich viele positive wie negative Seiten hat. Doch ich komme gut zurecht hier oben und liebe das Leben in der kargen Natur. Man steht mit beiden Beinen mitten im Leben, hat noch Bezug zum „einfachen“ Leben der Landwirtschaft aber gleichzeitig einen hochmodernen Lebensstandard und ein oft besseres Sozialsystem, als in Deutschland. Man lebt zwischen aktiven Vulkanen und Gletschern und hat direkt vor der Haustür die schönste Landschaft, die man sich nur denken kann. Die Luft ist sauber, das Wasser schmeckt noch nach Leben; man hört weder Autobahnen noch Flugzeuglärm. Statt dessen trompeten Singschwäne auf dem See vor dem Haus und tollen Fuchswelpen im Garten umher. Von den allgegenwärtigen Pferden und Schafen einmal ganz abgesehen.

Ihr seht - ich liebe die Natur mit ganzem Herzen und vermisse das Leben der Stadt nicht im geringsten. Zugegeben: Island ist lange nichts für jeden! Eingefleischte Stadtmenschen werden sich hier nur verloren fühlen; 280.000 Einwohner auf einer Fläche von Bayern und Baden-Württemberg - abseits der "großen" Städte ist es einsam. Das nächste Kino ist zwei Autostunden entfernt, die nächste wirklich große Einkaufsmöglichkeit ebenso. Alkohol ist unbezahlbar teuer, und auch wer viel kränkelt, sollte in Deutschland bleiben, denn die Qualität der Dorfärzte lässt leider oft zu wünschen übrig.
Und Sonnenanbeter werden die sommerliche Mitternachtssonne zwar lieben, aber im langen, dunklen Winter wahrscheinlich eingehen.
Ich bin ein Wintermensch, mag den kühlen Norden also zu jeder Jahreszeit und kann auch den dunklen Wintern viel positives abgewinnen, wohl auch ob der Polarlichter, die die langen Nächte erhellen.

Dennoch werde ich nicht auf ewig auf diesem Inselchen bleiben, dafür bin ich zu jung und die Welt zu groß! In zweieinhalb Jahren werde ich nicht nur einen isländisch/internationalen Hochschulabschluss besitzen, sondern auch die Möglichkeit, in Partnerschulen der Nachbarländer (Skandinavien, Kanada) mein Studium fortzuführen. Um dann dort Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen, und dort Fuß zu fassen. Für ein paar Jahre. Oder länger.
Denn nach Island kann ich nun immer zurück.
Und nach Deutschland sowieso.
Ich habe durch meinen so „gewagten Schritt“ also nur dazu gewonnen - keineswegs verloren!
Vielleicht macht das ja dem einen oder anderen Mut!
?

Liebe Grüße vom Polarkreis
Kristín

Re: Studieren in Island

Hallo,

Dein Beitrag hört sich wirklich gut an.
Ich hätte da mal 'ne Frage: Wird in Island auch der deutsche FOS-Abschluss anerkannt? In D. berechtigt der ja nur als Zulassung an eine FH. Gibt es dafür auch ein Äquivalent in Island?

Vielen Dank,
Alexander

Re: Studieren in Island

Hallo Alexander,
um ehrlich zu sein: ich weiß es nicht.
Ich denke, dass du für die HÍ, die Háskóla Íslands in Reykjavík schon Abitur brauchst, um dort zu beginnen. Für die kleinen Schulen außerhalb könnte auch Fachoberschule ausreichen; diese sind deutschen Fachhochschulen nämlich ähnlicher, als Unis.
Aber wie gesagt: ich weiß es nicht genau.
LG - Kristín