Bericht der Vereinten Nationen UNO "tief besorgt" über soziale Missstände in Deutschland Süddeutsche Zeitung, 06.07.2011
Menschenunwürdige Bedingungen in Pflegeheimen, vernachlässigte Kinder, diskriminierte Migranten: Die Vereinten Nationen gehen mit Deutschlands Sozialpolitik hart ins Gericht. Diskriminierte Migranten, vernachlässigte Kinder, kaum Sozialleistungen für sylsuchende und menschenunwürdige Bedingungen in Pflegeheimen: Die Vereinten Nationen gehen mit der sozialen Lage in Deutschland hart ins Gericht. Ein Gremium der Vereinten Nationen rügt Deutschlands Sozialpolitik: Die UN fordern "konkrete Maßnahmen", damit Kinder, besonders aus armen Familien, richtige Mahlzeiten erhalten". Wie der Tagesspiegel unter Berufung auf einen Bericht des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte meldet, seien die Vereinten Nationen "tief besorgt" darüber, dass viele seiner früheren Empfehlungen von der Bundesrepublik nicht umgesetzt worden seien. Einer der brisantesten Vorwürfe laute, dass jeder vierte Schüler ohne Frühstück zur Schule gehe. Nachdrücklich forderten die UN laut Tagesspiegel "konkrete Maßnahmen", damit "Kinder, besonders aus armen Familien, richtige Mahlzeiten erhalten". Kritisiert wurden zudem viele Ungerechtigkeiten auf dem deutschen Arbeitsmarkt und im Gesundheits- und Sozialwesen. Migranten etwa sähen sich nach wie vor großen Einschränkungen ihrer Rechte auf Bildung und Beschäftigung gegenüber, berichtet die Zeitung. Asylsuchenden würden sogar ausreichende Sozialleistungen versagt, dabei müssten sie "im Einklang mit internationalen Normen" den gleichberechtigten Zugang zu beitragsunabhängigen sozialen Sicherungssystemen, zur Gesundheitsversorgung und zum Arbeitsmarkt bekommen. Besorgt sei das UN-Gremium auch, dass "ungeachtet der Maßnahmen zur Verringerung dieser Kluft" die Arbeitslosigkeit im Osten immer noch doppelt so hoch sei wie im Westen. Beim Zugang zu Jobs sehen die Vereinten Nationen Frauen wegen "klischeehafter Vorstellungen der Geschlechterrollen" benachteiligt. Zugleich wird kritisiert, dass die Grundsicherung von Hartz-IV-Empfängern "keinen angemessenen Lebensstandard" gewähre. Erheblich ausgebaut werden müssten Angebote für Kinder, Behinderte, Ältere und Kranke. In Pflegeheimen, heißt es, würden viele Bewohner "in menschenunwürdigen Bedingungen leben". Mit Besorgnis vermerken die UN, dass Angaben der Bundesregierung zufolge 13 Prozent der Deutschen unter der Armutsgrenze leben. Positiv hervorgehoben werde in dem Bericht der UN, dass die Arbeitsmarktreformen den niedrigsten Stand der Arbeitslosen in den vergangenen 20 Jahren ermöglicht hätten.
Deutschland weist Kritik an Sozialpolitik zurück BZ, 06.07.2011
Viel Kritik muss Deutschland dieser Tage für seine Sozialpolitik einstecken. Die Vereinten Nationen bemängeln in ihrem neuesten Staatenbericht unter anderem die Diskriminierung von Migranten. Das Arbeitsministerium weist die Kritik zurück.
Das Bundesarbeitsministerium hat die Kritik der Vereinten Nationen an den sozialen Verhältnissen in Deutschland zurückgewiesen. Die Feststellungen im vorläufigen Bericht des UN-Unterausschusses für Wirtschaft und Soziales sei in weiten Teilen nicht nachvollziehbar und auch nicht durch wissenschaftliche Fakten belegt, erklärte das Ministerium am Mittwoch in Berlin. Deutschland hat in den vergangenen Jahren auch im Sozialbereich eine positive Entwicklung gemacht, die weltweit hoch anerkannt ist. Das Rentensystem sei demografiefest, Kinderbetreuung und Ganztagsschulen würden ausgebaut, außerdem entfalte das Bildungspaket seine Wirkung, hieß es in der Erklärung des Ministeriums. Der UN-Unterausschuss habe für seine zentralen Kritikpunkte weder wissenschaftlich zuverlässige Datengrundlagen noch Fakten aus der Stellungnahme der Bundesregierung im Bericht berücksichtigt.
Re: "Sozialstaat" Schland
Das so vieles in diesem Land schiefläuft bleibt wohl ohne Frage! Seit den "Hartz-Gesetzen" wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer! Die amtierende Regierung setzt doch noch einen drauf! ...Dafür sind meine Eltern 89 nicht auf die Straße gegangen!
--------------------------------------------- BSC SÜD 05 - FÜR IMMER MIT DIR!!!
Re: "Sozialstaat" Schland
[quote:Leo]Zitat: 03ér Was ist denn das fürn Blödsinn?
???Ich bin der Meinung, dass bei den Sozialleistungen Deutschland weltweit ganz weit vorne zu finden ist. Kann deshalb nicht wirklich nachvollziehen was in dem Bericht steht, bzw. warum es überhaupt solch einen Bericht gibt. Am Leben bleibste jedenfalls hier bei dem was dir alles zusteht. Und was du letztendlich daraus machst, das liegt an Jedem selber.
Ich denke, die UN sollte das Geld lieber in die Prüfung und Ächtung wirklich sinnvollerer Sachen reinstecken.
attac: UN-Kritik an Deutschland trifft ins Schwarze
In ihrem aktuellen Staatenbericht zeigen sich die Vereinten Nationen "tief besorgt" über die Sozialpolitik in Deutschland. Insbesondere die zunehmende Kinderarmut, die Diskriminierung von Migranten und das zu niedrige Niveau der Grundsicherung werden in dem UN-Bericht hervorgehoben. Die Kritik der UNO am deutschen Sozialsystem trifft genau ins Schwarze. Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt und hängt immer mehr Menschen ab. Die zunehmende Armut beim Export-Vize-Weltmeister gehört unmittelbar zur Strategie der Lohnzurückhaltung und Sozial-Kürzung, die Deutschland international so wettbewerbsfähig macht. Diese Politik verursacht nicht nur in Deutschland, sondern weltweit gravierende soziale Probleme. Auf Kosten von Arbeitnehmer_innen, Arbeitslosen und Rentner_innen wird eine Wettbewerbsfähigkeit aufgebaut, die andere Länder erheblich unter Druck setzt, ebenfalls ihre Löhne und Sozialstandards abzubauen. Von dieser Politik profitieren Banken und Exportunternehmer. Ansonsten kennt sie nur Verlierer. Auch die Schuldenkrise Griechenlands hängt ganz eng mit dem Druck zusammen, den die deutsche Exportstrategie verursacht. Attac fordert daher ein Ende des Konkurrierens um das niedrigste Sozialniveau. Um der Abwärtsspirale nach unten ein Ende zu bereiten braucht es Mindeststandards bei Löhnen, Sozialleistungen und Steuern. In Europa und weltweit. 06.07.2011
Re: "Sozialstaat" Schland
Zitat: Leo Um der Abwärtsspirale nach unten ein Ende zu bereiten braucht es Mindeststandards bei Löhnen, Sozialleistungen und Steuern. In Europa und weltweit. 06.07.2011Weder bei den Löhnen, noch bei den Steuern und erst Recht nicht bei den Sozialleistungen stehen wir am Ende der Kette - eher ziemlich weit oben. Ich weiß echt nicht, was da für Mindeststandarts gemeint sein sollen, bzw. warum man diese mit Deutschland in Verbindung setzt?
Wieviele Firmen bzw. Aufträge hauen hier aus dem Land ab und produzieren lieber in Billigoasen, weil dort die Steuern unten sind und der Mensch als Arbeitskraft billiger weil schlecht abgesichert ist? Die Zahl dürfte enorm hoch sein.
Ne - ich bleibe dabei. Hier wird das Pferd an der falschen Stelle aufgezäumt. Kritik schön und gut - sie ist auch hier und da berechtigt, aber soetwas substanzloses finde ich schon sehr dreist und damit letztendlich unglaubwürdig.
Mir scheint, Mola, Du bist mit Deiner Empörung einem großen Missverständnis über Sinn und Zweck des UN-Berichtes aufgesessen. Das Ziel der Bestandsaufnahme ist es, für einen bestimmten Zeitraum unter Berücksichtung der spezifischen Verhältnisse eines Landes (Wirtschaft, soziokulturelle Standards etc.) und unter Anwendung gemeinsam erarbeiteter Kriterien den Grad der Verwirklichung allgemein anerkannter sozialpolitischer Grundsätze zu ertfassen. Das Ziel ist nicht die Erstellung eines weltweiten Rankings. Das wäre in der Tat wenig aussagekräftig bis absurd. Unter diesem Blickwinkel erscheint mir der Bericht keineswegs verdammenswert, sondern als eine Bestätigung der Erkenntnisse vieler Menschen in diesem Lande, die aus eigener Erfahrung dem neoliberalen Denken abgeneigt sind und - wie Häuptling "Großer Wolf" - zu der o.a. kritischen Schlussfolgerung gelangen.
Re: "Sozialstaat" Schland
Sicher, sicher kann man unter diesem Gesichtspunkt meinen, mein Blickwinkel wäre getrübt. Aber ich habe es schon verstanden wie dieser Artikel gemeint ist, obwohl er hier und da komischerweise globale Aspekte einfließen läßt.
Unterm Strich sollte man trotzdem zu dem Ergebnis kommen, dass es hier eine soziale Absicherung gibt die beispielhaft ist. Dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter klafft und immer weiter klaffen wird, das ist keine neue Erkenntnis und ein Thema wo man sich immer gut aufregen kann, ohne das sich was ändert. Letztlich bleibt es wieder beim "unterm Strich" oben.
Ich weiß nicht - ich habe die letzten 1,5 Jahre schöne Scheisse durch (und bin noch lange nicht damit fertig) und denke, ich kann ganz gut darüber urteilen. Ich bin froh, nicht woanders diese Scheisse erleben zu müssen.
Auch ich bin für eine Würdigung hier geschaffener, zu einem nicht geringen Teil erkämpfter Sozialstaatlichkeit und gegen eine Überdramatisierung der Defizite. Mich hat der UN-Bericht, so dilettantisch er möglicherweise auch erstellt wurde, wieder einmal dafür sensibilisiert, mitzuhelfen, dass das erreichte Niveau verteidigt wird und die erkannten Mängel schnellstmöglich überwunden werden. Damit wir uns eines nahen Tages nicht "woanders" wiederfinden!