Atomkraftwerke fallen im Stresstest durch. WZ vom 02.10.2012
Atomkraftwerke fallen im Stresstest durch. WZ vom 02.10.2012
Atomkraftwerke fallen im Stresstest durch Sicherheitsmängel in deutschen Meilern / Französische AKW schneiden ganz schlecht ab Brüssel/Berlin/Kiel /sh:z
Die deutschen Atomkraftwerke haben nach Erkenntnissen der EU Sicherheitslücken, etwa bei der Warnung vor Erdbeben. Das ist ein Ergebnis des nach der Katastrophe von Fukushima eingeleiteten EU-weiten Stresstests. Alle neun noch laufenden AKW in Deutschland müssten die auf den Anlagen installierten Warnsysteme nachbessern oder installieren, fordert der Entwurf zum Bericht der EU-Kommission, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zudem hätten die Betreiber die internationalen Leitlinien für schwere Unfälle nicht umgesetzt. Offizielle Ergebnisse will die EU-Kommission erst Mitte Oktober veröffentlichen.
Umweltministerium gibt sich gelassen
Während sich Umweltschützer in ihrer Forderung nach einem europaweiten Atomausstieg bestätigt sehen, gab sich das Bundesumweltministerium gelassen. Ein Sprecher von Minister Peter Altmaier (CDU) sagte: Die Erdbebensicherheit ist bisher nicht beanstandet worden bei Kernkraftwerken in Deutschland. Auch in zentralen Sicherheitsfragen wie Kühlwasser, Stromversorgung und Notfallmaßnahmen habe es keine Beanstandungen gegeben.
Als Reaktion auf das Unglück im japanischen Fukushima hatte die EU europaweit alle 145 Nuklearreaktoren (aktive und stillgelegte) auf ihre Sicherheit hin geprüft. In Deutschland waren es zwölf Anlagen mit 17 Reaktoren: Biblis A und B, Brokdorf, Brunsbüttel, Emsland, Grafenrheinfeld, Grohnde, Gundremmingen B und C, Isar I und II, Krümmel, Neckarwestheim I und II, Philippsburg I und II, Unterweser. Bei allen werden die zwei genannten Punkte in punkto Erdbeben bemängelt. 2011 hatte die Bundesregierung die Stilllegung von acht der 17 AKW verfügt darunter die schleswig-holsteinischen Meiler Brunsbüttel und Krümmel.
Wenn ein Werk durchfällt, müsste es nachgerüstet oder abgeschaltet werden. Um die Mängel zu beheben, müssten die Betreiber EU-weit nach Rechnung der EU-Kommission für alle 134 noch laufenden Reaktoren in den kommenden Jahren zwischen 10 und 25 Milliarden Euro investieren. Innerhalb der EU setzen derzeit 14 von 27 Staaten auf Kernenergie.
Europaweit schneiden laut EU-Report französische AKW besonders schlecht ab. Kritikpunkte sind vor allem fehlende oder ungenügende Erdbeben-Messgeräte, die sichere Lagerung von Unfallausrüstung und Mängel bei der Prüfung von Erdbeben- und Flutgefahren.
Besonders schwerwiegende Mängel belegt der EU-Report für zwei Werke Olkiluoto in Finnland und Forsmark in Schweden , wo die Betreiber weniger als eine Stunde Zeit haben, um nach einem kompletten Stromausfall und/oder einem Ausfall der Kühlsysteme die Sicherheitssysteme wieder hochzufahren.
Rätselhafter Leistungsabfall im Kraftwerk Brokdorf Unterdessen ist im Kernkraftwerk Brokdorf vorübergehend zu einem Leistungsabfall gekommen. Die kerntechnische Sicherheit war nach gegenwärtiger Einschätzung aber nicht gefährdet, wie das Umweltministerium gestern in Kiel mitteilte. Experten rätseln dennoch darüber, wie es zu einem derart krassen Leistungsabfall eines solchen Kraftwerks kommen konnte, auch mit Hinblick auf seine Bedeutung für die Stromversorgung. Am Sonntagabend hatte sich beim Austausch einer Spannungsversorgungsbaugruppe im betrieblichen Teil der Turbinenregelung die Reduktion der elektrischen Nettoleistung von 1410 auf 150 Megawatt ereignet. Seit dem gestrigen frühen Morgen befinde sich die Anlage nach Angaben der Betreibergesellschaft wieder im Volllastbetrieb, teilte das Ministerium mit. Sachverständige sollen den Vorfall nun überprüfen.
Re: Atomkraftwerke fallen im Stresstest durch. WZ vom 02.10.2012
Sh:z online vom 04. Oktober 2012 um 17:58 Uhr:
Einführung von Erdbebenfrühwarnsystem im AKW Brokdorf geplant
Kiel /dpa/lno
Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse des europaweiten Stresstests für Atomkraftwerke soll auch am schleswig-holsteinischen Standort Brokdorf das von der EU empfohlene Erdbebenfrühwarnsystem eingeführt werden. «Die Abstimmungen dazu laufen zwischen der Atomaufsicht und den Betreibern des Brokdorfer Kernkraftwerks schon seit Monaten», sagte der Leiter der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht, Wolfgang Cloosters, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Der Betreiber E.ON stelle sich den neuen Anforderungen. Man sei in konstruktiven Gesprächen.
Nach dem bislang gültigen «nationalen kerntechnischen Regelwerk» sei ein solches System für die Anlagen im Norden nicht vorgeschrieben gewesen, erläuterte eine Sprecherin des Kieler Umweltministeriums. EU-Experten hatten zuvor in Brüssel erklärt, bei den Atomkraftwerken in Norddeutschland in puncto Erdbebenwarnung Handlungsbedarf zu sehen. Zunächst müsse der Bericht sorgfältig ausgewertet werden, bevor weitere Schlüsse gezogen werden, so Cloosters.
Die Atomaufsicht befasst sich nach eigenen Angaben - gerade nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima - auch mit der Verbesserung der Notfallmaßnahmen. «Verschiedene Maßnahmen sind da auch schon realisiert worden, aber das Themenfeld ist noch nicht abgeschlossen», sagte Cloosters.
Re: Atomkraftwerke fallen im Stresstest durch. WZ vom 02.10.2012
WZ vom 04.10.2012:
Seite 1:
Atommeiler Brokdorf besteht Stresstest nicht Kiel/Brokdorf /sh:z
Das von der EU empfohlene Erdbebenfrühwarnsystem für Atomkraftwerke soll auch am Standort Brokdorf eingeführt werden. Das bekräftigte der Leiter der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht, Wolfgang Cloosters, nach Bekanntgabe der Ergebnisse des europaweiten Stresstests. EU-Experten hatten in Brüssel erklärt, bei dem Atomkraftwerk Brokdorf gebe es in puncto Erdbebenwarnung Handlungsbedarf. Wir sind dabei, das zu installieren, bestätigte eine E.ON-Sprecherin.
Die Bilanz des europaweiten Stresstests für Kernkraftwerke ist ernüchternd. Von den 145 Reaktoren in den EU-Ländern haben quasi alle Sicherheitslücken. In 121 Reaktoren müssten Erdbebenmessgeräte installiert oder nachgerüstet werden. Bei 32 Reaktoren fehlten Abluftsysteme, um bei einem Unfall den Druck im Reaktorbehälter gefahrlos ablassen zu können. Bei 81 Reaktoren war die Ausrüstung für schwere Unfälle nicht an einem sicheren Ort aufbewahrt und bei 24 Reaktoren fehlte ein Ersatzkontrollraum.
Seite 4:
Erdbeben-Warnsystem für das Kraftwerk in Brokdorf Nach AKW-Stresstest: EU fordert Verbesserungen bei Anlagen in Norddeutschland Kiel /vm
Das von der EU empfohlene Erdbebenfrühwarnsystem für Atomkraftwerke soll am schleswig-holsteinischen Standort Brokdorf eingeführt werden. Dies bekräftigte der Leiter der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht, Wolfgang Cloosters, nach der Bekanntgabe der Ergebnisse des europaweiten Stresstests gestern. Die Abstimmungen dazu laufen zwischen der Atomaufsicht und den Betreibern des Brokdorfer Kernkraftwerks schon seit Monaten, sagte Cloosters der Nachrichtenagentur dpa. Der Betreiber E.ON stelle sich den neuen Anforderungen. Wir sind dabei, das zu installieren, bestätigte eine E.ON-Sprecherin.
Nach dem bislang gültigen nationalen kerntechnischen Regelwerk sei ein solches System für die Anlagen im Norden nicht vorgeschrieben gewesen, erläuterte eine Sprecherin des Kieler Umweltministeriums.
EU-Experten hatten zuvor in Brüssel erklärt, bei den Atomkraftwerken in Norddeutschland in puncto Erdbebenwarnung Handlungsbedarf zu sehen. Zunächst müsse der Bericht sorgfältig ausgewertet werden, bevor weitere Schlüsse gezogen werden, so Cloosters.
Die Atomaufsicht befasst sich nach eigenen Angaben gerade nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima auch mit der Verbesserung der Notfallmaßnahmen. Verschiedene Maßnahmen sind da auch schon realisiert worden, aber das Themenfeld ist noch nicht abgeschlossen, sagte Cloosters.
Insgesamt bemängelt der EU-Bericht auch sechs Anlagen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Im Norden ist nur Brokdorf noch aktiv. Bundesweit waren zwölf Standorte mit 17 Reaktoren untersucht worden. Betreiber und Experten verweisen darauf, dass kaum noch Anlagen in erdbebengefährdeten Gebieten in Deutschland betrieben werden. So wurde etwa das umstrittene hessische Atomkraftwerk Biblis im erdbebengefährdeten Rheingraben vom Netz genommen.
Von den 145 Reaktoren in den EU-Ländern haben laut Bericht quasi alle Lücken. In 121 Reaktoren müssten Erdbebenmessgeräte installiert oder nachgerüstet werden. Bei 32 Reaktoren fehlten Abluftsysteme, um bei einem Unfall den Druck im Reaktorbehälter gefahrlos ablassen zu können. Bei 81 Reaktoren war die Ausrüstung für schwere Unfälle nicht an einem sicheren Ort aufbewahrt und bei 24 Reaktoren fehlte ein Ersatzkontrollraum.
Der Test sei kein Blankoscheck, aber auch kein automatischer Hebel für den Abschaltzwang, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Die EU hatte die Tests als Reaktion auf das Unglück im japanischen Fukushima gestartet. Derzeit setzen 14 von 27 EU-Staaten auf Kernenergie. Umweltschützer und Grüne erneuerten ihre Forderung nach sofortiger Abschaltung aller Kernkraftwerke.
Beim EU-Gipfel am 18./19. Oktober werden sich die Staats- und Regierungschefs mit den Ergebnissen befassen. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) versprach in Wien, Schlussfolgerungen aus dem Bericht zu ziehen: Der Stresstest darf nicht einfach ad acta gelegt werden. Die Ergebnisse müssen Konsequenzen nach sich ziehen.