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Klimapassagen aus der Antrittsrede von Barack Obama

Klimapassagen aus der Antrittsrede von Barack Obama

Seit wenigen Stunden ist Barack Obama im Amt. Germanwatch analysiert im
> Folgenden die klima- und energiepolitischen Passagen der Einführungrede
> vom 20. Januar, einer schon im Dezember gegebenen klimapolitischen
> Grundsatzrede Obamas sowie des geplanten Konjunkturpaketes. Außerdem
> stellen wir die für die Klimapolitik wichtigsten Mitglieder seines
> Regierungsteams vor. Am Schluss werden die zentralen klimapolitischen
> Passagen von Obamas Antrittsrede im englischen Originaltext wiedergegeben.
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> PDF-Version: http://www.germanwatch.org/kliko/ks43.pdf
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> Etwa drei Milliarden Menschen haben gestern die Antrittsrede des neuen
> US-Präsidenten verfolgt. Dabei hat der neue US-Präsident Obama an
> verschiedenen Stellen auf die anstehenden Weichenstellungen zum
> Klimaschutz Bezug genommen. Ganz deutlich wird, dass er das Thema
> Klimaschutz gemeinsam mit dem der Energiesicherheit anpacken will: "Jeder
> Tag bringt neue Belege, dass die Art, wie wir Energie nutzen, unsere
> Gegner stärkt und unseren Planeten gefährdet." Unter anderem in Bezug auf
> den Klimawandel schwor er die Amerikaner darauf ein, dass die
> Herausforderungen nicht leicht und kurzfristig zu meistern seien - um dann
> zu versichern: "Aber sei gewiss, Amerika. Sie werden gemeistert werden."
> Auf die anstehenden großen Herausforderungen Wirtschaftskrise, Kriege und
> Klimawandel bezogen, meint er, die Zeit sei vorbei, in der engstirnige
> Interessen geschützt und unangenehme Entscheidungen verzögert werden
> könnten. Die Wirtschaftskrise rufe danach zu handeln, stark und schnell.
> Die Regierung we
> rde so handeln, dass nicht nur neue Jobs geschaffen, sondern die Grundlage
> für neues Wachstum gelegt werde. Dabei betont er vier Schwerpunkte:
> Straßen sowie elektrische und digitale Infrastruktur auszubauen; die
> Qualität der Gesundheitsfürsorge zu steigern sowie die Kosten zu
> verringern; Sonne, Wind und Biofuels zu nutzen, um die Autos und Fabriken
> anzutreiben. Und die Schulen, Colleges und Universitäten so zu
> transformieren, dass sie die Anforderungen eines neuen Zeitalters
> erfüllen: "Alles das können wir tun. Und all das werden wir tun."
>
> Er attackiert die "Zyniker, die nicht begreifen, dass die Erde unter ihnen
> gebebt hat und dass die faden politischen Argumente, die uns so lange
> beschäftigt haben, nicht länger zählen". Obama kündigte in einem Atemzug
> an zu beginnen, den Irak verantwortungvoll seinem Volk zu überlassen und
> den schwer zu erreichenden Frieden in Afghanistan voranzutreiben.
> Gemeinsam mit alten Freunden und früheren Gegnern rastlos daran zu
> arbeiten, die Nuklearrisiken zu verringern und das Gespenst eines sich
> erwärmenden Planeten zurückzudrängen.
>
> Gegen Ende seiner Rede wendet er sich an die Völker armer Nationen. Er
> verpflichtet sich, "mit ihnen zusammenzuarbeiten, um ihre Farmen aufblühen
> und sauberes Wasser fließen zu lassen; um hungrige Körper zu ernähren und
> hungrige Geist Nahrung zu geben" und fährt fort: "Wir können uns nicht
> länger eine Gleichgültigkeit gegenüber Leid außerhalb unserer Grenzen
> leisten. Ebenso wenig können wir die Ressourcen der Welt konsumieren, ohne
> die Konsequenzen zu berücksichtigen. Denn die Welt hat sich gewandelt und
> wir müssen uns mit ihr wandeln."
>
> Obama endet mit einem Aufruf, nun in ein neues Zeitalter der Verantwortung
> zu schreiten. Jeder Amerikaner habe nun Pflichten gegeneinander, gegenüber
> der Nation und gegenüber der Welt. Diese sollten nicht grummelnd
> akzeptiert sondern froh angepackt werden. "Fest verankert im Wissen, dass
> nichts so befriedigend für den Geist ist, nichts so unseren Charakter
> formt, als sich ganz einer schwierigen Aufgabe zu stellen."
>
> Eine Antrittsrede ist nicht der Ort, ins Detail von Politikvorschlägen zu
> gehen. Aber es ist schon beeindruckend zu sehen, dass der Klimawandel und
> die notwendige Reaktion darauf einer der bunten Fäden dieser Rede war. Es
> wird spannend sein zu verfolgen, wie sich die reale Klimapolitik der USA
> national und international in den nächsten Monaten entwickeln wird.
>
>
> DIE USA - EIN NEUER FÜHRER IM KLIMASCHUTZ?
>
> Obama hat schon in einer Rede im November kurz vor dem Weltklimagipfel in
> Posen deutlich gemacht, dass es heute wenig wichtigere Probleme als den
> Kampf gegen den Klimawandel gibt. Schon dort packt er den Klimawandel
> nicht als ein reines Umweltthema an. Er sieht die Wirtschaft der USA
> nachhaltig geschwächt und nennt Klimawandel und Abhängigkeit von Öl eine
> Gefahr für die Nationale Sicherheit.
>
> Als eine seiner ersten Entscheidungen hat er eine Gesetzesinitiative
> angekündigt, um einen landesweiten Emissionshandel ("Cap&Trade") für die
> USA einzuführen, der bis 2020 die jährlichen Emissionen wieder auf das
> Niveau von 1990 drücken soll. Dies ist viel, wenn man es mit den Ansätzen
> der bisherigen Regierung vergleicht. Aber es ist deutlich weniger als
> wissenschaftlich gefordert ist. Auf langer Sicht verspricht Obama eine
> 80%-ige Treibhausgasreduktion in den USA bis 2050. Erreichen will er dies
> u.a. mit der Förderung von Erneuerbaren Energien, deren Anteil an der
> Stromproduktion bis 2025 auf 25% steigen soll. Staatliche
> Direktförderungen für Erneuerbare Energien wurden im Wahlkampf ebenso
> angekündigt wie schärfere Gesetze zu Abgasemissionen und Motoreneffizienz.
>
> Wichtig ist: Obama sieht den einzigen Weg aus der Klimafalle in einer
> globalen, gemeinsamen Lösung, wie die Verhandlungen der
> UN-Rahmenkonvention es vorsehen. Damit zeichnet sich ein Kurs der neuen
> US-Regierung in der Klimapolitik ab, der sich diametral von dem der
> Vorgängerregierung abhebt und den zuletzt langsamen Verhandlungen die
> notwendige Dynamik geben könnte, um Ende 2009 in Kopenhagen ein
> ausreichend ambitioniertes Klimaabkommen für die Zeit nach 2012 zu
> bekommen.
>
> Auch wenn der Wechsel in der US-Administration eine erfreuliche Kehrtwende
> in der Klimapolitik bedeutet, müssen die Anstrengungen, um das
> Zwei-Grad-Limit halten zu können, stärker sein. Sie müssen außerdem die
> Entwicklungs- und Schwellenländer mit einbeziehen, welche erhebliche Hilfe
> benötigen, um ihren Pfad der exponentiellen Emissionsentwicklung zu
> durchbrechen.
>

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> KONJUNKTURPAKET ALS GREEN DEAL: FEUERTAUFE FÜR OBAMAS KLIMA- UND
> ENERGIEPOLITIK
>
> Neben einer schnellen Einführung eines landesweiten Emissionshandels
> stellt das neue amerikanische Konjunkturpaket zur Stabilisierung der
> Wirtschaft die Feuertaufe für Obamas Klima- und Energiepolitik dar. Das
> Konjunkturpaket ist eine enorme Chance in Zukunftstechnologien zu
> investieren und eine dreifache Dividende einzustreichen: 1. ein Stimulus
> für die Wirtschaft, der mit der Erhaltung und Schaffung von Jobs in
> zukünftigen Schlüsselindustrien einhergeht, 2. eine Investition, die durch
> Energieeinsparung hilft, in der Zukunft Kosten zu sparen sowie 3. der
> Einstieg in den notwendigen Klimaschutz, der zukünftige Kosten durch
> Klimaschäden vermeidet.
>
> Allerdings ist auch die Gefahr gegeben, dass die Investitionen der
> Konjunkturpakete nicht in Zukunftstechnologien fließen, sondern uns im
> fossilen Zeitalter einmauern. Das Problem ist neben den bekannten
> Verteilungskämpfen auch ein systemisches: Die enormen Herausforderungen in
> der Zukunft bedürfen innovativer Ansätze, Strategien und Technologien.
> Allerdings kam die wirtschaftliche Talfahrt in ihrer Tragweite und Härte
> so plötzlich, dass es für ein Konjunkturpaket zunächst nur die alten
> Konzepte für Brücken und Straßen gibt. Deswegen braucht es umso mehr
> Führung und Willen, um ein nachhaltiges und intelligentes Paket zu
> schnüren und durchzusetzen.
>
> Die Vorschläge, die Obama bisher auf den Tisch gelegt hat, geben Anlass
> zur Hoffnung: So sollen 74 Mrd. von insgesamt 825 Mrd. US$ direkt in
> Energieprojekte fließen. Darin enthalten sind 32 Mrd. für ein
> SuperSmartGrid-Elektrizitätsnetz - eine Vorbedingung für einen Umbau der
> Energieversorgung hin zu nachhaltigen Energieträgern. Außerdem wird es
> eine Förderung von Batterietechnologien für den Verkehrssektor geben.
> Weitere 16 Mrd. werden in Energieeffizienz und Wärmeisolierung von
> Privathäusern investiert, nochmals 31 Mrd. in die energetische Sanierung
> von staatlichem Wohnungseigentum.
>
> Beachtenswert ist der hohe Anteil von Forschungsausgaben im Gegensatz zu
> ähnlichen Konjunkturpaketen anderer Staaten. Obama hat damit bewiesen,
> dass man auch bei einem mit der schnellen Nadel gestrickten
> Konjunkturpaket strategisch vorgehen kann. Natürlich sind noch viele Dinge
> verbesserungswürdig. So wird diskutiert, die Ausgaben in
> Straßen-Verkehrsinfrastruktur auf Renovierungsarbeiten zu fokussieren, was
> ein wichtiges Signal ist. Auch ist unklar, ob das Geld auf
> Bundesstaatenebene mit derselben strategischen Stoßrichtung ausgegeben
> werden wird.
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