Klimawandel im Norden: Starkregen nimmt zu, Sturmflutgefahr ab. WZ vom 04.05.2012
Klimawandel im Norden: Starkregen nimmt zu, Sturmflutgefahr ab. WZ vom 04.05.2012
Klimawandel im Norden: Starkregen nimmt zu, Sturmflutgefahr ab Kiel/Berlin /mal
Der Trend zu steigenden Temperaturen hält bundes- und weltweit an. Kein Land wird von den Folgen des Klimawandels verschont bleiben, warnte gestern in Berlin der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD), Paul Becker. So war gerade erst das vergangene Jahr mit durchschnittlich 9,6 Grad Celsius das viertwärmste in Deutschland seit Beginn der Messungen 1881. Durch die wärmeren Temperaturen verlagern sich unter anderem die globalen Hauptwindzonen langsam in Richtung der Erdpole. Beide Effekte zusammen werden das Wetter auch in Norddeutschland im Lauf dieses Jahrhunderts spürbar verändern.
So werden die Winter milder, allerdings auch feuchter die Zahl der Starkregenfälle und damit die Überschwemmungsgefahr nimmt zu. In Schleswig-Holstein und Hamburg ist die jährliche Niederschlagsmenge bereits in den vergangenen 130 Jahren so kräftig gestiegen wie in fast keinem anderen Bundesland im Trend um gut 16, in der Elbmetropole sogar um 17 Prozent. Nur Bremen ist mit ebenfalls 16 Prozent ähnlich stark betroffen gewesen. Wegen des wachsenden Hochwasserrisikos mahnten die DWD-Meteorologen bessere Schutzmaßnahmen gegen Überschwemmungen an.
Die Sommer werden künftig heißer und trockener. In Schleswig-Holstein ist der sommerliche Temperaturanstieg allerdings bisher noch am geringsten in allen Bundesländern er betrug im Trend der zurückliegenden 130 Jahre nur 0,85 Grad Celsius. Am größten war das Plus im Saarland mit 1,5 Grad. Und für das nördlichste Bundesland gibt es noch eine gute Nachricht: Wegen der Verschiebung der Windzonen sinkt laut DWD sogar die Gefahr von Sturmfluten an Nord- und Ostseeküste.
Ob die Verschiebung auch Folgen für den Ertrag von Windrädern im Meer und an der Küste hat, konnten die Experten noch nicht sagen. Gleiches gelte für mögliche Änderungen bei der Sonnenscheindauer und der Produktion von Solarenergie. Das Thema ist spannend, erklärte Becker. Aber dazu müssen wir erst noch mehr forschen
Re: Klimawandel im Norden: Starkregen nimmt zu, Sturmflutgefahr ab. WZ vom 04.05.2012
Frankfurter Rundschau vom 03.05.2012:
Von Alice Ahlers
Klimawandel: Deutsche Winter werden milder und nasser
Der Deutsche Wetterdienst präsentiert Klimaprojektionen bis zum Jahr 2100. Demnach verändert der Klimawandel in Zukunft auch die Wetterlagen und bringt mehr Extremwetter.
Der Klimawandel lässt nicht nur die Temperaturen steigen, er verändert auch die Wetterlagen, die unser tägliches Wetter in Deutschland bestimmen.
Wir müssen uns darauf einstellen, dass unsere Wetterküche durch den Klimawandel kräftig in Bewegung gebracht wird, sagt Klaus-Jürgen Schreiber, Leiter der Abteilung Klimaüberwachung des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Die Klimaprojektionen, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurden, ergeben, dass die Winter bis zum Ende des Jahrhunderts im Mittel nasser und milder werden. Grund dafür ist, dass sich die Westwindzone, die in unseren Breiten das Wetter wesentlich mitbestimmt, nach Norden verlagert seit Mitte des 20. Jahrhunderts wanderte sie bereits um etwa 180 Kilometer polwärts. Die Folge: Regenreiche Tiefdruckgebiete aus dem Westen bringen vermehrt gefährliche Starkniederschläge.
Zunehmend heiße Sommer und Extremwetter
Im Sommer würden nach Angaben des DWD solche feuchten, regenreichen Wetterlagen dagegen seltener. Stattdessen sei bis zum Jahr 2100 eine wachsende Zahl von extremen Hitzewellen zu erwarten. Wie sich das anfühlt, wissen wir schon, sagt Paul Becker, Vizepräsident des Deutsche Wetterdienst und erinnert an die Hitzesommer 2003 und 2006. Dürreperioden führen zu Ernteeinbußen in der Landwirtschaft, Problemen bei der Wasserversorgung, Niedrigwasser in den Flüssen. Auch Kraftwerke könnten Kühlwasserprobleme bekommen, die die Energieversorgung gefährden.
Die Klimaforscher beobachten darüber hinaus eine Zunahme von feuchten Tiefdruckgebieten über Mitteleuropa. Von 1951 bis 2011 stieg ihre jährliche Zahl um 20 Prozent. Sie bringen Extremwetter wie gefährliche Starkniederschläge, Gewitter und stürmische Winde. Damit sei insgesamt mit mehr Überschwemmungen zu rechnen, auf die sich insbesondere der Hochwasserschutz vorbereiten müsse.
Weltweit ist die jährliche Durchschnittstemperatur in den vergangenen 130 Jahren um 0,7 Grad Celsius gestiegen. Der langfristige Trend zu steigenden Temperaturen ist ungebrochen, sagt Paul Becker. Das gilt auch für Deutschland: 2011 war mit einer Durchschnittstemperatur von 9,6 Grad Celsius etwa 1,4 Grad wärmer als der langjährige Mittelwert. Das Jahr 2011 war damit hierzulande das viertwärmste Jahr seit Beginn der landesweiten Wetteraufzeichnungen anno 1881.
Trockenster November
Deutschland hatte 2011 den sonnenscheinreichsten Frühling seit Beginn der Messungen. Es folgte ein kühler, regenreicher Sommer, während der Herbst einen neuen Rekord aufstellte: Der November war der trockenste Monat, der in Deutschland je beobachtet wurde.
Die Basis der Analysen ist die 130-jährige Zeitreihe der Wetteraufzeichnungen seit 1881. Die Meteorologen gehen bei ihren Berechnungen von den Durchschnittstemperaturen zwischen 1961 und 1990 als Normalwerten aus. Zu warm oder zu kühl bedeutet also, dass die Temperaturen von diesen Werten abweichen. Demnach waren 24 der zurückliegenden 30 Jahre in Deutschland zu warm.
Auch das Jahr 2012 folgt bisher dem Trend. Von Januar bis April dieses Jahres sei es im Vergleich zum langjährigen Mittelwert um 0,9 Grad zu warm gewesen. In den USA war das erste Quartal 2012 sogar das wärmste seit 1895.
Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 03.05.2012 um 18:38 Uhr:
2011 war das viertwärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Und noch nie war ein Monat so trocken wie der vergangene November. Der Klimawandel wird auch in den kommenden Jahren wüten: Mit Starkregen im Sommer und milden Wintern.
Berlin. Sonne und heftige Gewitter in heißen Sommern, ausgiebiger Niederschlag in milden Wintern - das hält der Klimawandel künftig für Deutschland bereit. Regional werden die Auswirkungen jedoch sehr unterschiedlich sein, bilanzierte der Deutsche Wetterdienst am Donnerstag in Berlin. Dort stellte er aktuelle Deutschland-Daten sowie Klimatendenzen auf der Basis von fast zwei Dutzend regionalen Klimamodellen vor, die den Zeitraum von 1951 bis 2100 umspannen. Die meisten davon sagen bis zur Jahrhundertwende einen Temperaturanstieg von drei Grad Celsius gegenüber dem langjährigen Mittel von 8,2 Grad Celsius voraus. Der Klimawandel wird unsere Wetterlagen verändern. Er wird unsere Wetterküche kräftig in Bewegung bringen, sagte DWD-Experte Klaus-Jürgen Schreiber.
Die grundsätzliche Erkenntnis ist: Die Hauptwindsysteme und mit ihnen die Hoch- und Tiefdruckgebiete verlagern sich tendenziell zu den Polen, sagte Schreiber. Die Folgen daraus: Vor allem im Winterhalbjahr bringen regenreiche Tiefdruckgebiete aus dem Westen künftig öfter gefährliche Starkregen. Das muss vor allem den Hochwasserschutz interessieren, sagte Schreiber.
Im Sommer werden feuchte Wetterlagen hingegen insgesamt seltener. Trockene Hochdrucklagen über der Nordsee bleiben den Prognosen zufolge stabil: Das führt zu mehr Trockenheit und tendenziell mehr Dürren, Niedrigwasser und Risiken im Wassermanagement. Vor allem die Landwirtschaft, aber auch Energieversorger und Wasserwerke seien davon betroffen.
Diese Erkenntnisse zum Klimawandel müssten noch viel stärker als bisher in Entwicklungspläne und Gesetze einfließen, forderten die Experten. Bislang nimmt die Wirtschaft diese Erkenntnisse aber teilweise weniger auf als erwünscht, sagte DWD-Vizepräsident Paul Becker. Dass der Klimawandel vor allem von Menschen gemacht sei, daran bestehe heute kein Zweifel mehr. Natürliche Einflüsse wie die Sonnenaktivität spielen dabei ein untergeordnete Rolle.
Den seit Jahrzehnten ungebrochenen langfristigen Temperaturanstieg bestätigen auch die Zahlen von 2011: Mit einem Mittel von 9,6 Grad war es das viertwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in Deutschland 1881. Von den vergangenen 30 Jahren fielen 24 demnach zu warm aus. Auf den sonnenscheinreichsten und zweitwärmsten Frühling seit Beginn der Aufzeichnungen und einen verregneten, vergleichsweise kühlen Sommer folgte ein ungewöhnlich warmer, sonniger Herbst. Der November war sogar der trockenste Monat überhaupt, der hierzulande je beobachtet wurde.
Auch die ersten vier Monate des Jahres 2012 liegen schon wieder fast ein Grad über dem langjährigen Mittel. Der Klimawandel hat seine Richtung nicht geändert, schloss DWD-Klimaanalytiker Gerhard Müller-Westermeier.