Rekordgewinne: Stromriesen am Pranger. WZ vom 30.12.2008
Rekordgewinne: Stromriesen am Pranger
Eine Studie der Grünen brandmarkt die
Stromkonzerne als Absahner: Die Energiebranche macht trotz der Krise
Milliardengewinne die Zeche zahlen vor allem die privaten Haushalte.
Berlin/dpa/ddp
In den vergangenen fünf Jahren haben die vier großen Stromkonzerne
in Deutschland ihre Gewinne mehr als verdreifacht. Gleichzeitig sind
die Strompreise um mehr als die Hälfte gestiegen. Das geht einer Studie
der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes hervor. 2007
hätten sich die Gewinne von Vattenfall, Eon, ENBW und RWE auf knapp 20
Milliarden Euro summiert. Auch für 2008 deute sich trotz der
Finanzkrise ein Rekordgewinn an, heißt es in der von der Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenen Studie.
Die Studie macht für die Gewinnsteigerungen der Konzerne vor allem
den Anstieg der Strompreise verantwortlich. Allein zwischen 2000 und
2007 seien die Strompreise für Haushalte um rund 50 Prozent gestiegen,
wobei ein Teil auch durch Steuern und Abgaben zustande kam. Vor Abgaben
und Steuern sei allein in diesem Jahr der Strompreis um 6,5 Prozent in
die Höhe geschnellt. Sehr hohe Renditen seien problematisch, wenn sie
auf monopolartigen Märkten erwirtschaftet würden, sagte Bärbel Höhn,
Vize-Fraktionschefin der Grünen.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erklärte,
der reine Strompreis vor Steuern und Abgaben betrage für einen Drei-Personen-Musterhaushalt rund 38 Euro im Monat. Dieser Wert liege auf dem Niveau von 1998.
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Kommentar:
Strom-Giganten steigern ihre Gewinne deutlich
Schamloses Abkassieren
Margret Kiosz
Die vier großen Stromkonzerne in Deutschland verdienen sich trotz
Konjunkturkrise dumm und dusselig. Überraschen kann das niemanden.
Deshalb hätte sich die Bundestagsfraktion der Grünen das Geld für ihre
Studie sparen können. Solange 80 Prozent der Stromerzeugung in der Hand
von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall liegen, wird sich an deren Mega-Gewinnen
nichts ändern. Da mögen Rohstoffpreise für Kohle und Öl in den Keller
rauschen und die Transportkosten noch so niedrig sein. Wo es so gut wie
keinen Wettbewerb gibt, bestimmt der Anbieter allein den Preis und
kassiert bei den Verbrauchern schamlos ab.
Der Bundesgerichtshof hat das längst erkannt und Eon, RWE & Co
verboten, ihre Beteiligungen an Stadtwerken weiter auszubauen. Das
verhindert allerdings nur, dass die Macht der vier Großen weiter
wächst, sorgt aber noch lange nicht für mehr Wettbewerb. Das
Preiskartell der Energieriesen wird erst gebrochen, wenn neue Anbieter
mit großen Strommengen auf den Markt kommen.
Dafür müssten die Kommunen endlich bereit sein, Teile ihrer
Stadtwerke an private eventuell auch ausländische Stromproduzenten
zu verkaufen, sofern sie nicht selbst genug Mittel für den Ausbau der
Kapazitäten besitzen. Diese Erkenntnis ist in den Städten allerdings
noch nicht angekommen. Mit Erfolg verhindern zum Beispiel die rot-grünen Rathausfraktionen in Kiel den Bau eines 800-Megawatt-Kohlekraftwerkes.
Zu schmutzig und viel zu groß sei das Projekt, es schieße weit über den
Bedarf der Landeshauptstadt hinaus. Falsch! Abgesehen davon, dass
moderne Kraftwerke weniger Dreck in die Luft schleudern, gräbt jede
zusätzliche Kilowattstunde, die an der Förde produziert wird, den
großen Vier das Wasser zumindest ein wenig ab. Deshalb sollten sich die
Kieler nicht länger querstellen. Das Kraftwerk muss gebaut und Eon als
Anteilseigner schleunigst aus dem Projekt herausgedrängt werden.
Klar ist aber auch: Verbraucher müssen ihre Macht nutzen und wo
immer es finanziell oder ökologisch sinnvoll ist, den Stromanbieter
wechseln. Auch das stärkt den Wettbewerb.