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Artenvielfalt durch Meereswindparks. WZ vom 31.10.2013

Artenvielfalt durch Meereswindparks. WZ vom 31.10.2013



Artenvielfalt durch Meereswindparks
Ein Forschungsprojekt des Bundes ergibt, dass die Tierwelt in der Nordsee von Offshore-Farmen profitiert – doch Naturschützer bleiben skeptisch
Berlin/Borkum

Naturschützer sehen sie mit gemischten Gefühlen: Windparks auf hoher
See. Zwar erzeugen die Anlagen viel umweltfreundlichen Strom und stören
keinen Menschen. Doch dafür bedrohen sie Schweinswale, Zugvögel und
Fische – das war jedenfalls bisher die Sorge von Tierfreunden.
Allerdings ergibt nun eine seit fünf Jahren laufende Studie über den
ersten deutschen Nordseewindpark „Alpha Ventus“, dass diese Angst
größtenteils unbegründet ist: „Viele befürchtete Effekte sind nicht
eingetreten“, sagte gestern in Berlin Monika Breuch-Moritz,
Chefin des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), das
die Studie im Auftrag der Bundesregierung geleitet hat.


Im Gegenteil seien sogar erfreuliche Auswirkungen des Windparks auf die Tierwelt festzustellen, berichtete Breuch-Moritz
bei der Vorstellung der Forschungsergebnisse: „Die Artenvielfalt hat
sich erhöht.“ So gebe es bei den im und am Meeresboden lebenden Tieren
dank der Windräder von „Alpha Ventus“ nun mehr Arten als zuvor: „Die
Fundamente der Anlagen bilden künstliche Riffe, an denen sich Muscheln,
Seeanemonen, Seelilien und Seesterne ansiedeln“, sagte sie.


Auch leben jetzt mehr Fischarten in der Windfarm 45 Kilometer vor
Borkum. „Neu sind Seebullen, Knurrhähne, Makrelen und Leierfische“,
erklärte die BSH-Präsidentin. Allerdings habe
man noch keine Anzeichen dafür, dass sich der Fischbestand dort
insgesamt schon von den Folgen der Überfischung erholt habe. Darauf
hoffen Naturschützer, weil in Windparks das Fischen verboten ist.
„Dieser Effekt braucht Zeit“, sagte Breuch-Moritz.


Unklar ist noch, ob die Rotoren auf See eine tödliche Gefahr für Vögel sind. Zwar habe sich bei Kamera-Aufzeichnungen „kein Effekt von geschredderten Vögeln gezeigt“, sagte Breuch-Moritz.
Allerdings könne man bei Nebel und dichtem Regen keine Bilder machen
und wisse daher nicht, welches Risiko dann für die Vögel bestehe. Um es
künftig generell klein zu halten, prüfe das BSH auch eine andere
Beleuchtung der Anlagen: Grünes und blaues Licht ziehe Vögel weniger
stark an als die jetzigen gelben und roten Warnlichter für den Schiffs-
und Flugverkehr.


Bleiben die Schweinswale. Die Meeressäuger leiden unter dem Bau der
Parks, da die Rotormasten mit einem Höllenlärm in den Boden gerammt
werden. Das zwingt die Wale zu einem weiten Bogen von 20 Kilometern um
das Gebiet. Der spätere Betrieb der Anlagen störe die Tiere dagegen
kaum, berichtete Breuch-Moritz: „Sie kommen
wieder, sobald das Rammen beendet ist.“ Die reinen Betriebsgeräusche
seien nur in bis zu 100 Meter Entfernung zur Anlage überhaupt
wahrnehmbar.


Naturschützer halten das dennoch für ein Problem. „Selbst wenn die
Schweinswale nur in bis zu 100 Meter Entfernung gestört werden, geht für
sie viel Lebensraum verloren – schließlich soll ein Viertel der
deutschen Nordsee mit Turbinen vollgestellt werden“, kritisierte Kim
Detloff vom Naturschutzbund. Der Hamburger Fischereibiologe Frithjof
Stein warnte zudem, dass bei Rammarbeiten im Meer nicht nur Wale
vertrieben, sondern auch Fische getötet würden. Henning Baethge