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Shell-Studie: Biokraftstoff ist der Sprit der Zukunft. WZ vom 26.09.2012

Shell-Studie: Biokraftstoff ist der Sprit der Zukunft. WZ vom 26.09.2012


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Shell-Studie: Biokraftstoff ist der Sprit der Zukunft



Hamburg



Vom
Ladenhüter zum Verkaufsschlager: Biokraftstoffen gehört laut einer Shell-Studie
die Zukunft. Trotz der aktuell verbreiteten Ablehnung des mit Bioethanol
versetzten Superbenzins E 10 werde der Anteil von Benzin und Diesel aus
Biomasse mittelfristig deutlich zunehmen. „Allein in Deutschland könnten
heimische Biokraftstoffe bis 2030 rund 20 Prozent, bis 2050 sogar 70 Prozent
der Kraftstoffbedarfe decken“, prophezeiten die Autoren bei der Vorlage der
Studie gestern in Hamburg. Derzeit liegt der Bioanteil am Spritabsatz
hierzulande bei 5,6 Prozent, in Europa bei 4,5 Prozent. Es ist die größte
Untersuchung dieser Art zur Zukunft von Treibstoff aus Pflanzen.



Voraussetzung
für einen Biosprit-Boom sei allerdings die Nachhaltigkeit bei der Verwendung
von Rohstoffen. Anders als bei E 10 sollen Bio-Kraftstoffe laut Shell-Chefvolkswirt
Jörg Adolf künftig nicht mehr aus Nahrungs- und Futtermitteln wie Raps, Soja
und Mais gewonnen werden. Von der weltweiten Agrarproduktion werden rund vier
Prozent für Bioenergie eingesetzt. E 10-Kritiker argumentieren, in der
Dritten Welt müssten Menschen hungern, weil in Europa Autos mit Biobenzin
fahren. Adolf bezeichnete einen „nachhaltigen Biokraftstoff der zweiten
Generation“ als weltweit einzige sinnvolle Alternative. Um den Konflikt
zwischen „Tank und Teller“ zu lösen, will der Ölmulti sein Biobenzin und
Biodiesel in absehbarer Zukunft nur noch aus Stroh, Gräsern, Holzabfällen und
anderer, nicht essbarer Biomasse herstellen.



Die Umstellung auf nachhaltige
Produktion erfordert aus Expertensicht aber einen Kraftakt bei Forschung und
Entwicklung. Noch sei die Herstellung nachhaltigen Biotreibstoffs doppelt so
teuer wie die aus Erdöl. „Ohne zusätzliche Förderung sind Biokraftstoffe der
zweiten Generation nicht marktfähig“, unterstrich Studienleiter Uwe Fritsche.



Markus Lorenz



 




Kommentar von
Seite 2:



Mit Abfällen Auto fahren



Bio-Kraftstoffe der zweiten Generation



Jürgen Muhl



Die erste
Generation des Biosprits ist gescheitert. Aus guten Gründen. Die Herstellung
von Kraftstoffen aus Pflanzen, die als Nahrungs- und Futtermittel weltweit
benötigt werden, ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch unvernünftig. Das
hat mittlerweile auch die Politik verstanden. Zum Ärger vieler Maisbauern wird
die EU auf mittlere Sicht ihre Förderung einstellen und der kaum nachgefragte
E 10-Sprit der Vergangenheit angehören.



Das Aus von
E 10 ist jedoch nicht das Aus von Bio-Kraftstoffen. Die große Zeit des
alternativen Treibstoffes wird kommen, wohl aber erst nach dem Jahr 2020, wie
aus einer neuen Studie hervorgeht. Die Technik, aus Stroh, Holz, Getreideresten
und Abfallstoffen flüssige Energie zu gewinnen, befindet sich bereits heute auf
einem Entwicklungsstand, der einen Testbetrieb ermöglicht. Somit wird eine
zweite Generation von Biokraftstoffen irgendwann in Serienreife gehen,
allerdings wird sie nach heutigem Ermessen doppelt so teuer wie das herkömmlich
aus Rohöl hergestellte Benzin und Diesel sein. Was in 10 bis 20 Jahren der
normalen Preissteigerung auf dem Mineralölmarkt entspricht.



Voraussetzung
für eine kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Energiealternative ist eine
Veränderung der EU-Förderprioritäten. Die Brüsseler Beamten werden nicht umhin
kommen, auf die zweite Generation des Biosprits zu setzen. Abgesehen von der
Antriebsart Wasserstoff mangelt es an Alternativen, um eines Tages die Ölzeit
zu beenden. Dass ausgerechnet ein Mineralölkonzern diese Studie veröffentlicht,
macht die Notwendigkeit neuer Forschungsergebnisse deutlich.



Für die
automobile Welt ist diese Erkenntnis eine gute Nachricht. Energie aus Abfällen
– diese Produktoffensive gleicht einer technischen Revolution. Man mag es kaum
glauben.