Zu viel Sonne: Strom wird noch teurer Berlin /sh:z
Die ständig zunehmende Einspeisung von Ökostrom macht einen weiteren Anstieg der EEG-Umlage (Erneuerbare Energien-Gesetz) und somit des Strompreises wahrscheinlich. Nach Medienberichten könnte die Umlage 2014 um ein Drittel von 5,3 auf mindestens 7 Cent je Kilowattstunde steigen. Hintergrund sei auch der sehr sonnige Juli, der für einen Einspeiserekord durch Solarenergie gesorgt hat.
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Sonne macht Strom teurer Experten befürchten deutlich höhere EEG-Umlage / Politik und Sozialverbände sind beunruhigt Berlin /sh:z
Die Verbraucher müssen erneut mit höheren Strompreisen rechnen. Nach einer internen Kosten-Simulation der Bundesregierung werde der Strompreis 2014, so Bild gestern, um rund einen Cent je Kilowattstunde angehoben. Hintergrund sei die EEG-Umlage, die 2014 voraussichtlich von derzeit 5,3 Cent auf 6,2 Cent pro Kilowattstunde steigen werde. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung errechnete sogar einen Anstieg auf über sieben Cent. Einen Durchschnittshaushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch würde das rund 70 Euro mehr kosten.
Schuld daran sei der derzeit niedrige Strompreis an der Börse, hieß es. Die Differenz zwischen ihm und der den Erzeugern garantierten Einspeisevergütung macht die Umlage aus, die die Stromverbraucher bezahlen müssen: Sinkt der Börsenstrompreis, steigt also die Umlage. Statt der für 2013 erwarteten 5,115 Cent/kWh gab es im Juni an der Börse im Schnitt nur 2,7 Cent/kWh für Ökostrom.
Zudem wurde im sonnenreichen Juli mehr Solarenergie produziert, die zu garantierten Preisen abgenommen wird. So erreichte die Einspeisung aus Photovoltaik mit 5,1 TWh (Terrawattstunden) ein neues Rekordniveau, so die Studie.
Vor dem Hintergrund dieser Berichte bekräftigte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) seine Forderung nach einer Strompreisbremse. Ziel sei ein parteiübergreifender Konsens, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Eine Preisbremse solle helfen, einer starken Steigerung der EEG-Umlage entgegenzuwirken.
Kritik kam von der SPD. Fraktionsvize Hubertus Heil erklärte, notwendig sei eine Reform des EEG, die den Ausbau der Erneuerbaren langfristig sichere und die Kosten begrenze. Auch Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin forderte billigeren Strom: Um die Umlage zu senken, müsse die Produktion des derzeit massiv ins Netz geleiteten, schmutzigen Kohlestroms durch eine angemessene CO2-Abgabe verteuert werden. Außerdem müsse der niedrigere Börsenstrompreis an die Verbraucher weitergegeben werden. Dazu müsse der Wettbewerb zwischen den Stromanbietern gesteigert werden.
Beunruhigt reagierten die Sozialverbände. Der Armutsexperte des Bundesverbandes Diakonie, Michael David, erklärte, energieeffiziente Wohnungen und stromsparende Haushaltsgeräte müssten sozialpolitisch gefördert werden.
Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler, kritisierte, dass einkommensschwache Haushalte mit den zusätzlichen Kosten alleine gelassen werden.
Re: Sonne macht Strom teurer. WZ vom 09.08.2013
Kommentar von Seite 2:
Der Wahnsinn muss ein Ende haben Die EEG-Umlage steigt und macht den Strom für Verbraucher erneut teurer Till H. Lorenz
Für Verbraucher ist es eine bittere Nachricht: Die Strompreise werden durch die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steigen mal wieder. Denn allen Stromgipfeln im Kanzleramt zum Trotz sind die grundlegenden strukturellen Probleme der Energiewende nicht gelöst. Fest steht: Die EEG-Umlage gehört reformiert. Nicht nur die Fördersätze gehören auf den Prüfstand, sondern das System an sich. Denn während der Ausbau erneuerbarer Energien die Preise an den Strombörsen ins Bodenlose fallen lässt, müssen Verbraucher immer tiefer in die Tasche greifen. Dieses Modell, bei dem Erzeugern die Preise garantiert werden und der Verbraucher für die Differenz zum Marktpreis zahlen muss, war geeignet, die Energiewende anzuschieben. Es ist aber ungeeignet, sie zu vollenden. Denn mit jedem Cent, den der Strompreis steigt, schwindet die Akzeptanz der Bürger für das Projekt und stellt dessen Erfolg infrage.
Umweltminister Altmaier hat schon oft angekündigt, die EEG-Umlage einfrieren zu wollen, um ebenso oft zu ergänzen, dass dies nur mit Einverständnis der rot-grünen Länder im Bundesrat zu machen sei. Dabei macht der fragwürdige Mechanismus des EEG nur einen Teil bei den hohen Stromrechnungen aus. Butterweiche Ausnahmeregelungen für die Industrie, die Schwarz-Gelb eingeführt hat, sind der andere. So zahlen immer größere Teile der Industrie weder eine EEG-Umlage noch eine Mehrwertsteuer. Auch die Netzentgelte, die allein gut 20 Prozent des Strompreises ausmachen, werden einer zunehmenden Zahl von Unternehmen erlassen unter ihnen sind auch die oft zitierten Golfplätze.
Hier könnte Altmaier ansetzen, Ausnahmen abschaffen und Neuregelungen einführen, ohne immer erst die nächste Bundestagswahl oder die Zustimmung der Opposition abwarten zu wollen, die fast paranoid vor einem Rückfall ins Kohlestrom-Zeitalter warnt. Um eine Reform des EEG käme der Minister damit zwar auch nicht herum, der Verbraucher würde es dennoch danken denn dem ist es egal, was den Strompreis in die Höhe treibt, Hauptsache der Wahnsinn hat ein Ende.
Leserbrief von Seite 2:
Einseitige Darstellung
Zum Standpunkt Die gewendete Energiewende von Stefan Wolff (Ausgabe vom 9. Juli) 100 Milliarden Euro Investition für 4,5 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms keine gute Bilanz der Solarstromanlagen? So will es Ihr Kommentar Glauben machen. Doch nur, weil andere langfristige Nutzen und die Kosten von Alternativen nicht benannt sind! Mit 120 Milliarden Euro werden allein die direkten Kosten Fukushimas beziffert. 100 Milliarden Euro Gewinne, die die drei Stromkonzerne RWE, E.ON und EnBW allein in den Jahren 2002 bis 2010 eingestrichen haben sollen: nicht genannt. 4,5 Prozent klingt wenig, ist aber mehr, als alle Wasserkraftwerke einschließlich der Pumpspeicherwerke liefern.
Ist die im Kommentar beklagte mangelnde Drosselung des Kohlestroms nicht der Haltung der Stromkonzerne geschuldet, den Klimawandel und seine Folgekosten zu ignorieren und viel zu wenig und zu spät in Erneuerbare Energien zu investieren? Die Solarstromförderung erforderte eine im Kommentar beklagte erhebliche Anfangsinvestition. Dies aber nur, weil sie im Gegensatz zu anderen Energietechniken ihre wahren Kosten trägt und diese nicht auf die nächsten Generationen abwälzt.
Atomkraftwerke tragen mit derzeit 20 Prozent noch, erneuerbare Energietechniken heute aber schon mit 25 Prozent zur deutschen Stromproduktion bei. Jahrzehntelang wurde beschworen, dass ihr Anteil auf nicht auf mehr als 4 Prozent steigen könne. Diese falsche Behauptung sollte die großen Stromkonzerne davor schützen, einem alternativen Markt ausgesetzt zu werden.
Lösung des Rätsels, warum die Energiewende in Deutschland nicht zügig umgesetzt wird: Nach wie vor suchen erhebliche Gewinninteressen, den Erfolg der Energiewende zu blockieren. Jochen Hilbert, Rellingen