Mainz: "4000 demonstrieren gegen Kohlekraftwerk in Mainz", FAZ - 25.05.2009
25. Mai 2009
4000 demonstrieren gegen Kohlekraftwerk in Mainz
Obwohl die Bauarbeiten für das umstrittene Kohleheizkraftwerk auf der Ingelheimer Aue seit knapp einer Woche laufen, ist es nach Ansicht der Kohlekraftwerk-Gegner längst noch nicht zu spät, dass 1,2 Milliarden Euro teure Projekt zu verhindern. Was ist denn schon passiert, sagte ein Sprecher des Bündnisses für eine kohlekraftwerksfreie Region Mainz-Wiesbaden: Zwei Bagger sind für ein Pressefoto angerollt, und zwei Arbeiter haben die Baustelle gekehrt. Bis zu 4.000 Menschen beteiligten sich nach Polizeiangaben am Samstag an der inzwischen dritten Stopp-Kohle-Demo in Mainz, die um 11.30 Uhr am Hauptbahnhof begann und mit einer bis gegen 14 Uhr dauernden Kundgebung am Gutenbergplatz endete.
Aufgebrachte Bürger: Demonstration gegen das in Mainz geplante Kohleheizkraftwerk
Vor dem Staatstheater präsentierten sich Vertreter unterschiedlicher Parteien und Initiativen mit Informationsständen. Von allen erhielten Interessierte Flugblätter von den Grünen und der CDU, vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und den Wirtschaftswissenschaftlern gegen das Kohlekraftwerk. Einig sind sich die Kritiker zumindest darin, dass die von der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden (KMW) AG geplante 820-Megawatt-Anlage nicht mehr in die Zeit und schon gar nicht zu den weltweit vereinbarten Klimaschutzzielen passe. Neben den zu erwartenden negativen Folgen eines Kohlemeilers für die Gesundheit der Bevölkerung, die Umwelt und das Stadtbild sei nicht zuletzt das finanzielle Risiko für die Städte Mainz und Wiesbaden unverantwortlich.
Sondersitzung
Dabei müsse niemand Angst haben, dass die Lichter ausgehen, wenn in Mainz kein Kohlekraftwerk gebaut wird, sagte Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Schließlich werde in Deutschland deutlich mehr Strom produziert, als im Inland benötigt werde. Der große Erfolg dieser Demonstration zeigt, dass die Bürger kein Kohlekraftwerk in Mainz wollen, meinte Christoph Wirges, zweiter Vorsitzender der Bürgerinitiative Kohlefreies Mainz. Zwei Wochen vor der Kommunalwahl werde noch einmal offensichtlich, dass der Kohle-Klüngel namentlich die Fraktionen von SPD und FDP auf einem energiepolitischen Irrweg sei; dafür sollten beide Mainzer Parteien am Wahltag die Quittung erhalten. Lautstark kritisiert wurde auch die Deutsche Bank, die sich federführend um die Finanzierung des umstrittenen Großprojekts bemüht.
Am Freitag hatte der Stadtwerke-Vorstand den Aufsichtsrat in einer Sondersitzung noch einmal über den aktuellen Stand bei der Finanzierung sowie über Fragen der Wirtschaftlichkeit informiert.
Mehr als einmal rechtfertigen
Dabei, so war tags darauf zu hören, sei vor allem mit der Netzsicherheit argumentiert worden. Denn unabhängig davon, wo und bei wem ein Kunde seinen Strom womöglich auch seinen Öko-Strom bestelle: aus der Steckdose komme in der Region letztlich doch immer jener Strom, der auf der Ingelheimer Aue produziert wird.
Selbst ein Politiker der Grünen, der Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke ist, wurde am Tag nach der Sitzung in Medien zitiert, dass die Ausführungen des Stadtwerke-Vorstands zur Wirtschaftlichkeit nachvollziehbar gewesen seien und durchaus plausibel erschienen. Die Grünen haben den Bau eigentlich von Beginn an abgelehnt. Obwohl er dies als Demonstrationsteilnehmer am Samstag so nicht mehr bestätigen wollte, musste sich das Stadtratsmitglied während des Protestzugs mehr als einmal für seine öffentlich abgegebene Einschätzung rechtfertigen. Schließlich ist die weiterhin unklare Finanzierung des 1,2-Milliarden-Projekts genau der Hebel, mit dem die Kritiker das Kohleheizkraftwerk doch noch zum Kippen bringen möchten.
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~E236963E32B1E448E9455E811A6171E88~ATpl~Ecommon~Scontent.html