26.04.2015: Demo in Brokdorf
Protest und Kultur am Kernkraftwerk
Initiativen rufen zur Demo am 26. April auf / 750 Teilnehmer erwartet
Brokdorf
Für die Atomkraftgegner ist es immer noch vier Minuten vor zwölf. Um der Forderung nach einem sofortigen Abschalten der Anlage in Brokdorf weiter Nachdruck zu verleihen, starten sie am Sonntag, 26. April, genau um diese Uhrzeit ihre 3. Protest- und Kulturmeile. Zusätzliche Motivation ist die richterliche Entscheidung über den Entzug der Betriebserlaubnis für das atomare Zwischenlager am Standort Brunsbüttel. In Brokdorf steht eine baugleiche Halle, weisen Marianne Kolter von der Anti-Atom-Initiative Pinneberg, Karsten Hinrichsen von Brokdorf-akut und Gisela Wieneke vom Steinburger BUND auf einen aus ihrer Sicht dringenden Handlungsbedarf hin.
Die Veranstalter neben den drei genannten auch die IG Metall Unterelbe freuen sich auch diesmal wieder über eine breite Rückendeckung. Die Liste der Unterstützer reicht vom Anti-Atom-Bündnis Schaumburg über Attac in Hamburg und Itzehoe und die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg bis hin zu den Ärzten gegen den Atomkrieg, Robin Wood und den NABU-Ortsgruppen Glückstadt, Itzehoe, Schenefeld und Wilster. Wie in den Vorjahren hoffen die Initiatoren wieder auf breite Resonanz. Offiziell angemeldet sind für die Aktion rund um das Kernkraftwerk 750 Teilnehmer. Hinweis für Anlieger: Zum Teil kommt es im Umfeld der Veranstaltung zu Verkehrsbehinderungen oder auch Straßensperrungen.
Die Veranstaltung steht unter der Überschrift Tschernobyl mahnt: Brokdorf abschalten. Im Kern geht es den Initiatoren aber auch um die Energiepolitik insgesamt. Strom wird immer billiger, nur beim Verbraucher kommt davon nichts an, stellt Marianne Kolter fest. Für Karsten Hinrichsen steht ohnehin fest, dass der Strom aus Brokdorf in Deutschland gar nicht mehr gebraucht werde, weil es hier dank der verstärkten Nutzung regenerativer Energie ein Überangebot gebe. Für das Trio bleibt ein in Betrieb befindliches Kraftwerk weiterhin ein Risiko. Hinrichsen: Es wurde immer gesagt, Brokdorf sei eine der modernste Anlagen. Tatsache ist aber, dass beim Bau Stahl eingesetzt wurde, der schon 1975 von seiner Art her als veraltet eingestuft worden war.
Aber auch aktuelle Ereignisse sind für die Atomkraftgegner Anlass genug für weitere Proteste. Hinrichsen erinnert an den Absturz der Germanwings-Maschine, Gisela Wieneke an den Hackerangriff in Frankreich, der einen ganzen Fernsehsender lahm gelegt habe. Das alles sei ein Gefahrenpotential auch für Brokdorf. Gleichzeitig gibt Hinrichsen dem Energiekonzern E.ON auch einen gutgemeinten Rat mit auf den Weg: Das Unternehmen sollte schon seine Mitarbeiter gezielt zu Abrissexperten weiterqualifizieren. Das wäre für die Region auch eine echte Wertschöpfung.
Am Sonntag wird es für die Besucher neben der inhaltlichen Ausrichtung auch ein buntes Rahmenprogramm geben. Norbert Niehuus rückt mit seiner Trommelgruppe an, Dirk Seyfert moderiert, es gibt Grußworte unter anderem auch von Atomkraftgegnern aus dem polnischen Kolberg, und der in Glückstadt geborene Liedermacher Gerd Schinkel wird wieder dabei sein. Besucher können ab Glückstädter Bahnhof einen Shuttle-Bus nutzen, von Kellinghusen aus wird über Itzehoe eine Radtour organisiert.
Volker Mehmel