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Immer rauf und runter im Kraftwerk. WZ vom 21-03.2015

Immer rauf und runter im Kraftwerk. WZ vom 21-03.2015

Immer rauf und runter im Kraftwerk
Energiewende beschert Brokdorf immer häufigere Produktionsschwankungen / Sonnenfinsternis hatte gestern allerdings keine Auswirkungen
Brokdorf

Ein kurzer Blick auf die aktuellen Produktionsdaten reichte: Die Sonnenfinsternis war gestern für das Kernkraftwerk Brokdorf kein Thema. Ansonsten machen sich die durch die unregelmäßige Verfügbarkeit bedingten Schwankungen bei den erneuerbaren Energien bei schleswig-holsteins größtem Stromerzeuger immer stärker bemerkbar. Kraftwerksleiter Uwe Jorden (Foto) stellte dieses Thema denn auch an den Anfang seiner „Brokdorfer Redezeit“. Einmal im Jahr lädt er kommunale Vertreter und die Öffentlichkeit zu einem Bilanzgespräch ein.

„Es gibt kaum noch Zeiten, wo wir zu hundert Prozent durchfahren“, machte Jorden die technischen Folgen der Energiewende deutlich. Weil Sonne und Wind nicht durchgängig und gleichmäßig zur Verfügung stehen, wird das Kernkraftwerk je nach Bedarf immer häufiger gedrosselt – oder wieder hochgefahren. In einem Fall wurde die Anlage sogar zeitweise auf 30 Prozent ihrer Leistung reduziert. So wie Uwe Jorden erläuterte, erfolgt das jeweils automatisch – natürlich überwacht vom Personal auf dem Leitstand. Technisch sei das auch kein Problem. Bei dem – allerdings auch extremen – 30-Prozent-Tag habe man die Anlage innerhalb von 100 Minuten auf den von den Netzbetreibern abgeforderten Wert gedrosselt.

Auf Nachfrage sagte Jorden allerdings auch, dass die ständigen Produktionsschwankungen auch Auswirkungen auf bestimmte Bauteile hätten. Regelmäßig werde daher das „Alterungsmanagement“ optimiert, bei der nächsten Revision im Juni sollen zudem Regelungsmechanismen weiter angepasst werden.

Abgesehen von der Herausforderung mit den Produktionsschwankungen konnte Uwe Jorden aber von einem normalen Jahr ohne besondere Ereignisse berichten. Mit 11 536 Gigawattstunden habe der erzeugte Strom zwar leicht unter dem Vorjahresniveau gelegen, was aber auf besagte Schwankungen zurückzuführen sei. Zum Vergleich: Brokdorf hätte mit dem dort erzeugten Strom ein Jahr lang drei Millionen Haushalte versorgen können – also ganz Hamburg. Insgesamt habe die Verfügbarkeit bei 92,7 Prozent gelegen.

Auch bei den Emissionen lag alles im grünen Bereich. Messungen der Abluft am Kamin hätten bei etwaigen radioaktiv belasteten Gasen „so gut wie gar nix“ ergeben. Daneben sei im vergangenen Jahr der Austausch von zahlreichen technischen Großkomponenten wie einem Generator und einem Transformator für den Eigenbedarf (kam gebraucht vom KKW Krümmel) erfolgreich abgeschlossen worden.

Gut aufgestellt sieht sich die Kraftwerksleitung auch im Hinblick auf die durch die Katastrophe von Fukushima erhöhte Hochwasser-Sensibilität. Eine externe Versorgung durch Notstromaggregate sei für mindestens sieben Tage sichergestellt, die entsprechenden Maschinen hochwassersicher aufgestellt. Zusätzlich seien mobile Pumpen angeschafft worden – und ein immer bereit stehendes Boot, das Mitarbeitern im Notfall den Zugang zu allen Bereichen des Kraftwerkskomplexes sichern soll.
Zur aktuellen Diskussion um die Unterbringung von Atommüll stellte Jorden klar, dass seine Einflussmöglichkeiten „gleich null sind“. „Diese Dinge werden woanders entschieden.“ Technisch sei die Unterbringung von externen Castoren im Zwischenlager am Standort Brokdorf kein Problem. Auch Platz sei noch vorhanden. Bis zum Ende der Laufzeit würden nur etwa 75 Prozent der Aufnahmekapazitäten von Brokdorf selbst benötigt. Darstellungen aus der Politik, nach denen Länder zur Aufnahme von Atommüll „angewiesen werden sollen“, sorgen am Standort an der Unterelbe allerdings eher für Unverständnis. Die Aufnahme von weiteren Castoren – ob nun aus Brunsbüttel oder aus Sellafield – sei in der Genehmigung nämlich nicht vorgesehen. Dann müsse ein neuer Antrag gestellt werden – und zwar nicht von der Politik, sondern von den Kraftwerksbetreibern. Die Entscheidung darüber liege schließlich beim Bundesamt für Strahlenschutz. Wie das Thema am Ende ausgeht, weiß auch Jorden nicht. Abschließend äußerte er allerdings die Hoffnung, dass eine Reihe angestrengter Gerichtsverfahren für sein Unternehmen erfolgreich enden. Von der Brennelementesteuer bis zur Frage einer möglichen Enteignung durch die verordnete Stilllegung in 2021 geht es auch für Brokdorf um viel Geld.
Volker Mehmel

Re: Immer rauf und runter im Kraftwerk. WZ vom 21-03.2015

WZ vom 25.03.2015:

Leserbrief:
Vor Ort eine große Gefahr
Zum Bericht „Immer rauf und runter im Kraftwerk“ (Ausgabe v. 21. März)
Ich finde das AKW Brokdorf als Industriebau sehr gelungen. Aber wozu ist es sonst noch zu gebrauchen?
Der Atomstrom jedenfalls, den es produziert, wird nicht mehr benötigt. Ein großer Teil der Mitarbeiter kann noch über zwei Jahrzehnte beim Rückbau beschäftigt werden, falls Eon keine Fremdarbeiter bevorzugt.
Gewerbesteuer zahlt das AKW Brokdorf ohnehin kaum noch. Damit fallen auch die Zahlungen der Gemeinde Brokdorf in die Amts- und Kreisumlage weg.
Allerdings produziert das AKW Brokdorf noch eine Menge schwach-, mittel- und hochradioaktiven Müll bis zum vorgesehenen Betriebsende im Jahr 2021 - allein jede Stunde ca. ein Kilogramm hochradioaktiven Atommüll. Das sind noch weitere ca. 16 Castoren voll mit abgebrannten Brennelementen. Und noch immer weiß man nicht, wohin damit.
Trotz aller Sicherheitsanstrengungen bleibt das AKW ein attraktives Ziel für Attentäter. Außerdem ist das AKW in die Jahre gekommen, außerdem kann es jederzeit zu Fehlhandlungen kommen, und durch Naturkatastrophen ausgelöste Kernschmelzunfälle können Auswirkungen haben, die vergleichbar sind mit denen in Fukushima.
Das AKW bringt den Aktionären von E.ON zwar noch Gewinne, für die Menschen vor Ort stellt es aber eine große Gefahr dar. Deshalb fordere ich das unverzügliche Ende der Atomstromproduktion im AKW Brokdorf.
Karsten Hinrichsen, Brokdorf