"Kraftwerksgegner machen Druck auf Rätia", SHZ - 9.12.2008
WILSTERSCHE ZEITUNG
9. Dezember 2008 | Von Ralf PöschusKraftwerksgegner machen Druck auf Rätia
Eine positive Bilanz ziehen Dr. Arne Firjahn, Dr. Karsten Hinrichsen und Stephan Klose über ihren Abstecher in die Schweiz. Dort hatte die Delegation der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe/Brunsbüttel versucht, ihre Ablehnung von Kohlekraftwerken im Industrierevier der Schleusenstadt deutlich zu machen.
Werben in der Schweiz für ihr Anliegen: (v. li.) Dr. Karsten Hinrichsen, Dr. Arne Firjahn und Stephan Klose. Foto: sh:z
Im Kanton Graubünden suchten die Vertreter der Initiative das Gespräch mit dem Chef der Rätia Energie, Kurt Bobst. Der schweizer Stromkonzern möchte sich am Kraftwerk der Südweststrom beteiligen. In der Schweiz gilt Rätia nach eigener Aussage als einer der Pioniere für Ökostrom.Bislang, so Arne Firjahn in seinem Resümee der Fahrt in die Schweiz, habe Bobst die Ansicht vertreten, in Brunsbüttel und Umland werde das Projekt nicht abgelehnt. "Die Bürgerinitiative hat Kurt Bobst nun hoffentlich überzeugen können, dass er sich zumindest in diesem Punkt getäuscht hat", so Firjahn über das Zusammentreffen.
Der Kanton Graubünden hält 46 Prozent der Anteile an Rätia. Deshalb sprachen Klose, Firjahn und Hinrichsen auch mit Regierungsrat Stefan Engler. Ihm überreichten die Kraftwerksgegner einen 36 Kilo schweren Eimer, dessen Gewicht dem Schadstoffausstoß des Steinkohlekraftwerks der Südweststrom innerhalb einer Minute entspreche. Der Sozialdemokrat erklärte den Steinburgern zwar, dass es keine direkte Einflussnahme auf den Stromkonzern geben könne. Gleichwohl wolle die Sozialdemokratische Partei Graubünden (SP) noch in diesem Monat im Großen Rat einen Rückzug der Rätia aus dem Brunsbütteler Projekt beantragen, kündigte Engler den Besuchern an.
Ein Schritt, auf den die Bürgerinitiative spekuliert. Denn nach dem Ausstieg der spanischen Iberdrola im April aus dem 1800-Megawatt-Kraftwerk der Südweststrom verlöre das Tübinger Unternehmen einen weiteren wichtigen Investor. Dann, so die Initiative, fehle die wirtschaftliche Grundlage für den Bau des Kraftwerks in Brunsbüttel.
Mit ihrem Auftreten in Chur und Poschiavo, dem Sitz der Rätia Energie, sorgte die Delegation der Bürgerinitiative für großes Medieninteresse. Sie nutzte die Gelegenheit, auf die von ihnen befürchteten Risiken für die Gesundheit der Menschen in der Region hinzuweisen, die ein Steinkohlekraftwerk zwangsläufig nach sich ziehe.
Unterstützung bekam die Delegation von Anita Mazzetta von der Umweltorganisation WWF in Graubünden. Sie machte bei einer Medienkonferenz im Großratsgebäude in Chur deutlich, dass die Stromerzeugung aus Kohlekraft das CO2-intensivste Verfahren sei. Dies stünde im Widerspruch zu den globalen Klimazielen. Angesichts steigender Rohstoffpreise würden Kohlemeiler schnell zu Investitionsruinen "mit den damit verbundenen unerwünschten Folgen für schweizer Investoren und Konsumenten". Mazzetta weiter: "Die Regierung muss ihren Einfluss geltend machen und Investitionen der Rätia Energie in Kohlekraftwerke stoppen."
Und Großrat Johannes Pfenninger (SP) erklärte, die Expansionsstrategie der Rätia Energie sei "umweltpolitisch nicht verantwortbar und wirtschaftlich hoch riskant".