Mehr Sicherheit fürs Stromnetz. WZ vom 09.08.2011
Mehr Sicherheit fürs Stromnetz
Itzehoe
Lampen fangen an zu brummen. Papierrollen drehen sich falsch herum.
Die Notbeleuchtung geht grundlos an. Die Sauna wird kalt. Im schlimmsten
Fall kann sogar der Kaffeeautomat explodieren. Eines der größten
Probleme für unser Stromnetz sind so genannte Oberschwingungen. Darunter
versteht man Abweichungen von der normalen Sinuskurve des Stromnetzes
bei 50 Hertz, die bis auf 9 Kilohertz empor schnellen können. Um dies
zu verhindern, gibt es für die Einspeisung von Strom Grenzwerte. Aber
vor allem bei Windkraft- und Photovoltaikanlagen können diese im
Gegensatz zu herkömmlichen Kraftwerken bislang nicht immer eingehalten
werden. Ein Unternehmen aus Itzehoe arbeitet jetzt an einem Verfahren,
um solche Oberschwingungen zu vermeiden.
Im Bereich erneuerbarer Energien wird mit Leistungselektronik
gearbeitet. Die sehr unschönen Nebenwirkungen wollen wir schon im
Vorwege verhindern, erklärt Diplom-Ingenieur
Jochen Möller (43), der Geschäftsführer der seit zwei Jahren
existierenden M.O.E. GmbH aus Itzehoe. Möller macht in seiner
Problemanalyse auf die Schwachstelle des bisherigen Verfahrens
aufmerksam. Aussagen über die Gefahr von Oberspannungen seien bislang
nämlich nur bei einer Prototypen-Vermessung
gemacht worden. Es sei also nur theoretisch gemessen worden, ob die
Grenzwerte eingehalten werden. Aber eine Simulation sei nur bedingt
anwendbar, erweise sich bei der Übertragung auf die Realität als zu
grob, so Möller. Die Folge: Immer häufiger erhalten Wind- oder
Solarparks deswegen keinen Netzanschluss, in bis zu 40 Prozent der
Fälle, beklagt Möller. Das ist so dramatisch, dass wir zum Handeln
gezwungen sind.
Mit einem besonderen Berechnungsverfahren will M.O.E. den
Anlagenbetreibern, Investoren und Planern bereits in der Planungsphase
verlässliche Aussagen zu den zu erwartenden Oberschwingungen liefern.
Wir wollen jetzt real in den Parks messen, wo es zu Überschreitungen
kommt und anhand der Messergebnisse Richtlinien für die Praxis
aufstellen, sagt der Geschäftsführer. Sollte sich das neue Verfahren
als Standard etablieren, könnte schneller nachgewiesen werden, dass es
zu keinen Überschreitungen der Grenzwerte für die Oberschwingungen kommt
und die Anlagen schneller in Betrieb genommen werden. Möller: Bis
Frühjahr 2012 wollen wir fertig sein, es ist höchste Eile geboten. Ludger Hinz
Die Firma ist im Itzehoer Innovationszentrum IZET angesiedelt. Das Land fördert das Projekt mit 96 000 Euro.