Forum der BiGKU - Presseberichte Regional

Sonnenkraftwerk in der Marsch. WZ vom 23.11.2013

Sonnenkraftwerk in der Marsch. WZ vom 23.11.2013



Sonnenkraftwerk in der Marsch
Auf einer Fläche von zehn Hektar sollen
23 000 Photovoltaikmodule installiert werden / Gemeinde hofft auf
Steuern – Investoren auf Rendite

Neuenbrook

Im Eiltempo entsteht derzeit in Neuenbrook das größte Sonnenkraftwerk
in der Krempermarsch. Während Bürgermeister Jürgen Schröder gemeinsam
mit Planer, Investor und Projektmanager zum symbolischen ersten
Spatenstich schreitet, wird im Hintergrund schon fleißig gebaut. Auf
einer Fläche von 1000 mal 100 Meter direkt neben der Bahnstrecke Krempe-Itzehoe werden die Fundamente für insgesamt 23 000 Photovoltaik-Module
gesetzt. Je nach Wetterlage und Liefermöglichkeit für die Module sollen
die Arbeiten bereits Ende Januar abgeschlossen sein. Nach der
Inbetriebnahme hat das Sonnenkraftwerk eine Kapazität von rund 6,5
Megawatt – mehr als genug Strom, um sämtliche Haushalte in Neuenbrook
versorgen zu können.


„Wir hatten schon fast nicht mehr dran geglaubt“, erinnert
Bürgermeister Jürgen Schröder an den nicht immer einfachen
Planungsvorlauf. Der Startschuss war im März vergangenen Jahres
gefallen. Ursprünglich sollte die Anlage allerdings deutlich größer
werden und von der südlichen Gemeindegrenze bis an den Übergang nach
Dägeling im Norden reichen. Hier hatte allerdings der Denkmalschutz
einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Die haben mit gefakten Bildern
operiert“, empört sich rückblickend der Itzehoer Landschaftsarchitekt
Thomas Bünz. Er hatte im Auftrag der Solar-Kontor-Flensburg
GmbH die Planungen übernommen. Angeblich, so Bünz weiter, werde durch
einen Teil des geplanten Solarparks der Blick auf ein schützenswertes
Neuenbrooker Bauernhaus getrübt. Jetzt wird erst einmal eine Teilfläche
bebaut – und das auf Hochtouren. „Der Bürgermeister war schnell von dem
Projekt überzeugt“, lobt Bünz. Erleichtert wurde die Realisierung der
Anlage durch den Standort direkt neben der Bahnlinie. Das gesamte
Investitionsvolumen liegt bei rund 6,5 Millionen Euro. Projektmanager
Matthias Ziegler von der actensys GmbH im schwäbischen Ichenhausen nennt
den Standort für eine Photovoltaik-Freifläche
gut gewählt. Optimale Bedingungen gebe es nicht – wie vielleicht
erwartet – im Sommer, sondern bei kühlerer Witterung mit klarem Himmel
wie in den vergangenen Tagen. Aber selbst in grauen Novemberstunden
könne die Anlage dank der Verwertung auch von eher diffusem Licht noch
Strom abwerfen. Davon sollen bald auch die Neuenbrooker selbst
profitieren. Nach der Fertigstellung können im Rahmen eines Bürger-Solarparks
Anteile erworben werden. Ziegler beziffert die derzeit zu erwartende
Rendite auf 3 bis 3,5 Prozent. „Ich hoffe, dass wir mit der Anlage alle
glücklich werden“, meinte Henning Wriedt, einer der drei Geschäftsführer
des Solar-Kontors mit Sitz in Nordhackstedt.


„Ich hoffe, dass am Ende auch etwas für uns über ist“, würde sich auch
Bürgermeister Schröder über eine neue Einnahmequelle freuen. Nicht
umsonst hat die Gemeinde in einem eigens mit den Investoren
abgeschlossenen städtebaulichen Vertrag darauf gedrungen, dass der
Firmensitz für den neuen Solarpark Neuenbrook ist. Den Betreibern bot
Schröder im Gegenzug jetzt auch jede Hilfe, die die Gemeinde leisten
könne, an. Mit dem neuen Solar-Park entwickelt
sich die Krempermarsch weiter zu einem der großen Energielieferanten in
der Region. Auch auf benachbartem Bahrenflether Terrain wird derzeit
eifrig gebaut. Nach einer ebenfalls recht schwierigen Planungsphase
entstehen hier neue Windkraftanlagen – allerdings nicht in herkömmlicher
Betonbauweise, sondern mit einem stählernen Gitterturm. Das System hat
der Kremper Stahlbauer Butzkies entwickelt, der sich damit einen
weltweiten Verkaufsschlager erhofft. Damit ist der Krempermarsch beim
Thema erneuerbare Energie für alle Witterungsbedingungen gerüstet.Volker Mehmel





Re: Sonnenkraftwerk in der Marsch. WZ vom 23.11.2013

WZ vom 07.01.2014:



Im Spannungsfeld zwischen Energiewende und Denkmalschutz
Wind- und Solarkraftwerke prägen jetzt das
Bild der Krempermarsch / Denkmalpfleger machen sich für einen Wandel mit
Augenmaß stark

Neuenbrook/Bahrenfleth

Die Energiewende sorgt auch im Amtsgebiet Krempermarsch für deutlich
sichtbare Veränderungen. In Neuenbrook entsteht eine Photovoltaikanlage.
Und in der Gemeinde Bahrenfleth wird derzeit ein Windpark für
Versuchsanlagen erstellt. Auf Gittermasten, die von der Kremper Firma
Butzkies entwickelt wurden, werden Windkraftanlagen montiert. Mit den
Rotorblättern der Windkraftanlage erreichen die Masten eine Höhe von
imposanten 150 Metern.


„Die städtebauliche Planung der Anlagen erfolgte im Rahmen eines
Zielabweichungsverfahrens“, erklärt der Leitende Verwaltungsbeamte Jörg
Bucher. „Von einem Ziel der Raumordnung kann in einem besonderen
Verfahren abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen
Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht
berührt werden.“ Dies sei in der Gemeinde Bahrenfleth der Fall. Die
Flächen seien im Regionalplan nicht als Windeignungsflächen ausgewiesen.
Nach 15 Jahren sei die Testphase beendet und die Anlagen müssten wieder
abgebaut werden.


Gittermasten können im Gegensatz zu den Elementen herkömmlicher
Stahlmasten leichter transportiert und vor Ort zusammengebaut werden.
Bei den immer größer werdenden Windkraftanlagen stellt der Transport zu
den Standorten eine besondere Herausforderung dar. Die maximale Größe
der einzelnen Segmente wird durch die Höhe und Breite vorhandener
Brücken und Straßen begrenzt. Ein Gittermast kann in vielen kleineren
Teilen angeliefert und vor Ort montiert werden. Besondere
Herausforderung für einen Gittermast stellen die Stabilität und die
Verschraubungen dar. Diese Details sollen bei den Windkraftanlagen
getestet werden. Nebenbei liefern die Masten auch noch Strom, der in das
Netz der Schleswig-Holsteinischen Netz AG eingespeist wird. Eine Anlage kostet 3,5 Millionen Euro und hat eine Leistung von 2,5 Megawatt.


Nur den sprichwörtlichen Katzensprung entfernt, im benachbarten
Neuenbrook, entsteht derzeit eine riesige Photovoltaikanlage. Hier hat
die Gemeinde auf einer Fläche von rund 110 Metern mal 1100 Metern ein
„Sondergebiet Solar“ ausgewiesen, auf dem ein Investor Photovoltaik-Freiflächensysteme errichtet. Insgesamt rund 23000 Photovoltaik-Module
sollen montiert werden. Das „Kraftwerk“ hat dann eine Leistung von rund
sechs Megawatt. Die Investitionskosten für die Anlage belaufen sich auf
rund 6,5 Millionen Euro.


Eine der größten Erzeugungsanlagen für grünen Strom in der Region ist
kurz jetzt vor der Fertigstellung. Im Vorfeld hatte es im Rahmen der
Genehmigungsverfahren allerdings reichlich Aufregung gegeben – auch rund
um die Windkraftanlagen. Dabei entwickelte sich insbesondere die Untere
Denkmalschutzbehörde beim Kreis Steinburg fast schon zu einem roten
Tuch für Planer und Investoren.


Im neuesten Steinburger Jahrbuch widmet sich Steinburgs oberste
Denkmalpflegerin Beate von Malottky in einem ausführlichen Beitrag der
Gemeinde Neuenbrook als einer Gemeinde auf dem Weg von der Land- zur
Energiegewinnung. Ausgangslage: Gewachsene Kulturlandschaften seien
durch die Errichtung von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energie
einem erheblichen Veränderungsdruck ausgesetzt. Von Malottky kann dem
Konflikt zwischen wirtschaftlichen und denkmalpflegerischen Interessen
dabei aber auch etwas Positives abgewinnen – „die Wieder- oder
Neuentdeckung geschichtlich wertvoller Bau- und Siedlungsstrukturen“.


So sei das um 1200 gegründete Neuenbrook der „Idealtyp einer
holländischen Marschhufensiedlung“. Die Autorin bezieht sich dabei auf
eine Einschätzung des Glückstädter Gymnasialprofessors Detlefsen. Eine
befristete Steuerbefreiung und die Aufgabe der Leibeigenschaft hätten
damals erste Siedler angelockt. Am Ende sei eine holländische
Mustersiedlung in verkehrsgünstiger Lage im Festungsdreieck zwischen
Glückstadt, Krempe und Steinburg. Erhebliche Einschnitte habe dann der
Strukturwandel in der Landwirtschaft mit sich gebracht. Trotz
erheblicher baukultureller Einbußen habe Neuenbrook aber seine
„mustergültige Siedlungsstruktur erhalten“. Die allerdings sieht Beate
von Malottky nun massiv bedroht.


Schon die Stromtrassen im Zuge des Baus der Kernkraftwerke in
Brokdorf und Brunsbüttel hätten in den 80er Jahren aber zu einer
„massiven Zersiedelung der reliefarmen Elbmarschen geführt“. Hinzu kamen
später Windkraftstandorte in Neuenbrook Ost und im benachbarten
Grevenkop, die zu einer „visuellen Störung“ des idealtypischen
Marschhufen- und Kirchdorfes führten. Geplantes Repowering vorhandener
Windkraftanlagen, der Solarpark sowie weitere Windkraftanlagen in
Nachbargemeinden, so das Fazit von Malottky, würden einen
zusammenhängenden Kulturlandschaftsraum in einer Ausdehnung von etwa
sechs Kilometern überformen. Wörtlich schreibt sie: „Es stellt sich die
Frage, ab welchem Maß die technische Überprägung und Uniformierung die
Oberhand über die Lesbarkeit einer Kulturlandschaft erlangt und wie viel
Lebensqualität dieser Lebensraum dann noch bereithält.“


Zahlreiche bauliche Kulturdenkmale, die besondere Siedlungsstruktur
und auch die ortsbildprägende Kirche würden, so Malottky weiter, in
ihrem Denkmalwert geschwächt. Sie räumt ein, dass die Gewinnung von
grünem Strom zeitlich begrenzt und für den Klimaschutz notwendig sei.
Auch hätten bei der einstigen Landgewinnung sicher auch wirtschaftliche
Interessen den entscheidenden Impuls gesetzt. Auch sei der Wandel,
ausgelöst durch gesellschaftliche Veränderungen und die technologische
Weiterentwicklung, ein Wesensmerkmal von Landschaften. Dabei, so ihr
dringendes Plädoyer, müsse „dieser Wandel im Interessenausgleich
verantwortlich gestaltet werden“. Öffentliche, private und
wirtschaftliche Belange müssten gerecht gegeneinander abgewogen werden.
Beate von Malottky macht sich am Ende für einen Wandel mit Augenmaß
stark. Schließlich müsse die jetzige und die folgende Generation für die
nächsten 30 Jahre damit leben.


Carsten Wittmaack
Volker Mehmel