Zementwerk plant Windpark. WZ vom 07.09.2009
Zementwerk plant Windpark
Holcim will Windkrafträder aufstellen Gemeinde unterstützt das Projekt.
Lägerdorf
Drehen sich bei Lägerdorf bald Riesen-Windräder,
die den Schornstein des Zementwerkes Holcim noch um ein Drittel
überragen? Bei einer Einwohnerversammlung in der Mehrzweckhalle
stellten Bürgermeister Heiner Sülau Holcim-Vertreter, Planer und Hersteller ein Konzept zur Errichtung von bis zu zehn Windkraftanlagen vor.
Heiner Sülau stellte in seiner Analyse der Situation die
wirtschaftliche Not der Gemeinde in den Vordergrund: Wir haben kein
Geld und müssten Schulden machen. Die Energiepreise gingen unterdessen
weiter nach oben. Ein gemeinsam geplanter Windpark wäre eine
Alternative gegen die wirtschaftliche Not.
Karsten Becker, Planungsleiter Holcim im Werk Lägerdorf, stellte das
Konzept vor. Holcim und die Bevölkerung können die Zukunft nur
gemeinsam gestalten, meinte er. Nachhaltig zu sein bedeutet,
ökonomisch, ökologisch und sozial zu handeln. Elektrische Energie sei
für das Unternehmen wichtig. In der Frage, wie diese gewonnen werden
könne, bleibe für Lägerdorf alleine die Windenergie übrig. Man habe
sich für große Windräder entschieden, weil diese ruhiger und
gleichmäßiger liefen, was er anhand eines Vergleichs über einen Beamer
auf einer Leinwand demonstrierte.
Nun müsse diskutiert werden, wo die Standorte sein könnten.
Einspeisemöglichkeiten fürs Stromnetz in Richtung Energieversorger und
Gewerbegebiet sind am Werk schon da. Kurzfristig würden die Anlagen
zur eigenen Vergütung gebaut. Langfristig, nach etwa 20 Jahren, werfen
sie aber reinen Gewinn ab. Dieser könne mit entsprechender Beteiligung
auch für die Bürger erzielt werden.
Friederike Nestler von der Herstellerfirma Enercon aus Güstrow
stellte das Unternehmen vor, das führend sei in der Technologie der
Windenergie. Wir haben viele neue Produkte auf den Markt gebracht. Sie
laufen durch eigene Entwicklung und eigenes Design leiser, ruhiger und
bringen mehr Ertrag, so ihr Tenor.
Gabriele Jenzovski vom Planungsbüro mdp aus Oldenburg bestätigte:
Wir favorisieren diese Firma, weil sie als einzige die Schall-Leistungs-Pegel
einhält. Bei Sonne könnten Schattenabschaltmodule Abhilfe schaffen.
Der Schattenwurf reiche in 500 bis 800 Metern Entfernung schon gar
nicht mehr bis nach Lägerdorf. Im Extremfall seien auch Abschaltzeiten
unter Beteiligung der Bevölkerung denkbar. Noch nicht klar sei es, wie
viele Windkrafträder gebaut werden sollen. Die Gemeinde hat da
Mitspracherecht.
Heiner Sülau schätzte ihre Zahl auf sechs bis zehn Stück, die in
einer Höhe von 104 bis 138 Metern errichtet werden sollen. Zum
Vergleich: Der Ofen von Holcim ist 91 Meter hoch. Auch die Schallwerte
würden geprüft, das geht aber im Rauschen der Autobahn unter, war er
sicher.
Morten Holpert, Holcim-Werksleiter in
Lägerdorf, sagte: Die Anlagen wären für alle ein Gewinn: Wir brauchen
Energie, Enercon braucht Beton für die Fundamente und Sie möchten
günstigeren Strom.
Aufgrund dieser Vielzahl von Informationen waren viele Zuhörer erst
einmal etwas sprachlos. Ein Zuhörer meinte aber: Kleine Versprechen
reichen hier nicht aus. Wir wollen etwas Klares hören. Warum, so
fragte er, konnte man mit der Abwärme des Zementwerkes bisher nicht das
Freibad beheizen. Aber was ist da bisher passiert? Nix!
Eine Zuhörerin gab zu bedenken: Wir werden nachts schon durch
Maschinenlärm von Holcim genug genervt. Sie machen das, obwohl sie das
eigentlich nicht dürfen. Wer sagt uns denn, dass das hier nicht auch
geschieht? So könne der Windpark zu einer zusätzlichen Lärmbelastung
führen. Ein weiterer Bewohner forderte die Gemeindevertreter auf: Wenn
es den Windpark geben sollte: Holt für uns das Beste heraus!
Nachdem die Zuhörer ihre Einwände und Vorbehalte vorgebracht hatten,
fragte Heiner Sülau, ob nun noch jemand gegen den Windpark sei. Als
sich daraufhin niemand meldete, erklärte er: Somit haben Sie uns den
Auftrag gegeben, mit Holcim für die Planung eines Lägerdorf in
Verhandlungen zu treten. Ludger Hinz