Atom-Transport kostete 20 Millionen Euro. WZ vom 12.11.2008
Atom-Transport kostete 20 Millionen Euro
Der von AKW-Gegnern
heftig bekämpfte Transportzug mit radioaktivem Material hat das
Zwischenlager Gorleben erreicht. Der Polizeieinsatz war angesichts von
15 000 Demonstranten massiv und teuer.
Hannover/dpa
Der durch ungewöhnlich scharfe Proteste Tausender Kernkraftgegner verzögerte Atommüll-Transport
nach Gorleben hat den Endlagerstreit in Deutschland kräftig angeheizt.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte gestern erneut einen
ergebnisoffenen Standortvergleich der verschiedenen in Frage
kommenden Lagerstätten für Atommüll in Deutschland.
Die neu erstarkte Anti-Atom-Bewegung
rief die Bundesregierung zum Ausstieg aus der Atomenergie auf und
kündigte weitere Proteste an. Die Kosten des elften Transports nach
Gorleben betrugen allein in Niedersachsen rund 20 Millionen Euro.
Landesinnenminister Uwe Schünemann (CDU) verlangte eine Beteiligung
anderer Bundesländer an den Kosten und will künftig Blockierer zur
Kasse bitten.
Der elfte Transport ins Zwischenlager Gorleben erreichte sein Ziel
in der Nacht zu gestern mit fast einem Tag Verspätung, streng bewacht
von Tausenden Polizisten. Beim Protest gegen die atomare Fracht erlebte
die Anti-Atom-Bewegung
eine neue Stärke: Der Widerstand mit mehr als 15 000 Demonstranten aus
ganz Deutschland war deutlich größer als in den Vorjahren. Der Protest
ist groß, vielfältig und entschlossen. Der Traum der Atom-Lobby von einer Renaissance der Atomkraft ist ausgeträumt, sagte eine Sprecherin der Umwelt-Organisation Robin Wood.
Um die Proteste einzudämmen, setzte die Polizei Schlagstöcke ein.
Einsatzleiter Thomas Osterroth sprach gestern von teils massiven
Übergriffen auf die Beamten. Die Polizei schätzte die Zahl
gewaltbereiter Gegner auf 1500. Brennende Barrikaden auf der Strecke
zum Zwischenlager wurden mit Wasserwerfern gelöscht. Acht Protestierer
ketteten sich an Betonpyramiden fest. Die Polizei benötigte elf
Stunden, bis sie am späten Montagabend die Atomkraftgegner frei bekam.
46 Demonstranten wurde festgenommen.
Gabriel gab der Union und ihrer Absage an den Atomausstieg die
Verantwortung für die Schärfe der Proteste. Niedersachsens
Umweltminister Hans Heinrich Sander (FDP) verlangte von Gabriel
konkrete Alternativen zu Gorleben. Sander warf der Koalition in Berlin
vor, in der Frage der atomaren Endlagerung keinen Schritt
weitergekommen zu sein.
Standort-Streit
Trotz jahrzehntelang strittiger Diskussionen gibt es noch keine
Entscheidung über den Standort für ein Endlager für hoch radioaktiven
Atommüll in Deutschland. Der Bund hat sich aber gesetzlich
verpflichtet, ein solches Lager bis 2030 zu schaffen, damit der
strahlende Müll auf Jahrhunderte hinaus sicher gelagert werden kann.
Bisher wurde lediglich der Salzstock Gorleben als möglicher Standort
erkundet. Umstritten ist aber, ob der Salzstock sicher genug ist. Die
frühere rot-grüne
Bundesregierung unterbrach die Arbeiten vor acht Jahren, weil sie
Kriterien für ein sicheres Lager festlegen wollte. Seitdem tobt ein
heftiger Streit darum, ob andere Standorte erkundet werden sollen,
konkrete Orte sind aber nicht im Gespräch.