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"Bau von Kohlekraftwerk in Brunsbüttel unsicher", Die WELT, 29.10.2010

"Bau von Kohlekraftwerk in Brunsbüttel unsicher", Die WELT, 29.10.2010

Die WELT online - 29.10.2010

Bau von Kohlekraftwerk in Brunsbüttel unsicher

Heftiger Widerstand gegen Milliardenprojekt an der Elbe - Auch Initiator stellt Vorhaben infrage - Genehmigungen stehen aus

Von Nicola Kabel

Brunsbüttel - Der Wind ist ein Problem. Wenn man Karsten Hinrichsens Befürchtungen folgt, wird er über 20 Meter hohe Kohleberge hinter dem Deich wehen, schwarzen Staub in die Luft pusten und in der Umgebung verteilen. Denn in Brunsbüttel an der Unterelbe soll ein Steinkohlekraftwerk entstehen, das nach BUND-Angaben größte in Deutschland geplante. Hinrichsen kämpft mit einer Bürgerinitiative dagegen. Wenn er Glück hat, hilft ihm - in gewisser Weise - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrem Energiekonzept. Seit es auf dem Tisch ist, geht der Tübinger Energiekonzern Südweststrom auf Distanz zu seinem Milliarden-Kraftwerk.

Denn die Pläne von Schwarz-Gelb lassen das Konsortium von Stadtwerken um die Rentabilität des Projekts im Atomkraftwerksstandort Brunsbüttel fürchten. "Es wird schon noch einmal durchgerechnet", sagt Geschäftsführerin Bettina Morlok. Das Konzept bevorzugt laut Südweststrom die vier großen Energiekonzerne und verzerrt den Wettbewerb. Zum einen blieben alle Atomkraftwerke am Netz, - auch alte wie das AKW in Brunsbüttel, das allerdings seit mehr als drei Jahren stillsteht. Zum anderen dürften die großen Stromkonzerne alte Kohlekraftwerke weiter betreiben. Es seien zu viele Kapazitäten auf dem Markt, meint Morlok.

Es ist das erste Kohlekraftwerk, das Südweststrom bauen will. Zwei Blöcke sind geplant, je 900 Megawatt Bruttoleistung sollen sie erbringen. Kostenpunkt: drei Milliarden Euro. Seit Jahresbeginn bekundeten jedoch mehrere Energieunternehmen ihren Ausstiegswillen. Als Gründe für die Skepsis gelten unter anderem die Kritik von Umweltschützern, die Sorge vor zu hohen Strompreisen und die Verzögerungen. Der Bau hätte schon dieses Jahr beginnen sollen. Doch längst sind nicht alle Genehmigungen erteilt.

7,5 bis 9,5 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids wird das Kraftwerk voraussichtlich pro Jahr emittieren. Für Hinrichsen viel zu viel. "SWS wird so viel Kohlendioxid in die Luft pusten, wie es 50 Prozent der gesamten in Schleswig-Holstein produzierten CO2-Abgaben entspricht", kritisiert der Meteorologe.

SWS hält dagegen. Das Kraftwerk werde mit einem deutlich höheren Wirkungsgrad arbeiten als die Kohlekraftwerke der alten Generation und dadurch ein Viertel weniger CO2 ausstoßen als diese. Die beiden offenen Kohlelager, Hinrichsen und seinen Mitstreitern ein Dorn im Auge, seien umweltfreundlich, sicher und ließen sich am besten kontrollieren.Das Steinkohlekraftwerk von SWS ist nicht das Einzige, was in der 14 000 Einwohner starken Industriestadt entstehen soll. Auch der französische Konzern GDF Suez plant ein Steinkohlekraftwerk - ein Block, 800 Megawatt. Auch im nahen Büttel könnte ein weiteres eines Tages Strom produzieren. Brunsbüttels Bürgermeister Wilfried Hansen (parteilos) verspricht sich von seinen beiden Kraftwerken mit Zuliefererfirmen rund 600 neue Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen in einem beträchtlichen Rahmen, wie er sagt. Eine Entscheidung, ob SWS das Kraftwerk tatsächlich baut, soll fallen, wenn über die Energiepolitik des Bundes Klarheit herrsche, heißt es.

Quelle: http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article10607753/Bau-von-Kohlekraftwerk-in-Brunsbuettel-unsicher.html