Brief der BiGKU an den grünen Landesvorstand von Baden-Württemberg vom 26.06.2008
Sehr geehrte Geschäftsführer und Mitglieder des Landesvorstandes Baden-Württemberg,
zu dem Brief von Boris Palmer, Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, an den Landesvorstand vom 18.06.2008 möchte ich gerne Stellung nehmen.
Wenn Herr Palmer schreibt "Das Stadtwerke-Kraftwerk in Brunsbüttel, das je Kilogramm Kohle und Kohlendioxid mehr Strom erzeugen kann als jedes andere Kohlekraftwerk in Deutschland, wird immer wirtschaftlicher!" und alte Kraftwerke würden mehr CO2 Emissionen verursachen, so vergisst oder verschweigt er doch einen wesentlichen Punkt:
Dieses Kohlekraftwerk mit 1800 Megawatt wird das größte Kohlekraftwerk in Deutschland OHNE Kraft-Wärme-Kopplung sein.
Viele existierende und neu geplante Kohlekraftwerke besitzen dagegen eine Kraft-Wärme-Kopplung (z.B. für Fernwärme oder Industrie) und haben damit eine deutlich bessere Klimabilanz. Da nützt auch ein elektrischer Wirkungsgrad von ca. 46% recht wenig, da über die Hälfte der erzeugten Wärme (entsprechend der Kohle jedes zweiten Kohleschiffes) ungenützt in die Elbe geleitet wird und dort zusätzliche ökologische Probleme verursachen wird.
Selbst uralt-Kraftwerke mit nur knapp über 30% elektrischen Wirkungsgrad haben eine bessere CO2-Billanz, wenn sie die anfallende Wärme sinnvoll nutzen (z.B. Staudinger, Wedel ...). Auch die anderen neu in Deutschland geplanten Kohlekraftwerke werden einen elektrischen Wirkungsgrad von ca. 46% haben, die meisten werden aber durch eine geplante Kraft-Wärme-Kopplung eine wesentlich bessere CO2-Bilanz (bis zu 50% weniger CO2 bei 100%-iger Wärmenutzung), eine bessere Wirtschaftlichkeit (durch die verkaufte Wärme und weniger CO2 Emissions-Kosten) haben.
Daher fordern alle Umweltverbände (DUH, Klimabündnis ...) wenigstens die Pflicht zur Kraft-Wärme-Kopplung bei neuen thermischen Kraftwerken. Dazu ist aber der Standort in Brunsbüttel falsch gewählt worden (nämlich nur nach billiger Kohleanlandung und Elbedirektkühlung, die aber nach dem Entwurf des neuen Elbe-Wärmelastplans kaum mehr zu realisieren sein wird), da hier keine geeigneten Wärmeabnehmer vorhanden sind.
Heute Abend hat der Gemeinderat Konstanz nach Vorträgen des Geschäftsführers der Südweststrom und Herrn Baake von der DUH nach längerer Debatte mit 26 zu 8 Stimmen und 3 Enthaltungen den Ausstieg von ihrer 8 MW Beteiligung an dem Kohleprojekt Brunsbüttel beschlossen. Hier scheinen die finanzielle Belastung und das Ansehen als "verlässlicher Partner", keine untragbaren Hindernisse für eine klimaschonende und nachhaltige Entscheidung zu sein. Das dies dann ausgerechnet bei der kleineren 7 MW Beteiligung der Stadtwerke Tübingen der Fall sein soll, ist nicht nachzuvollziehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Arne Firjahn.
Bürgerinitiative für Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe