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CCS-Gesetz präsentiert. WZ vom 15.07.2010

CCS-Gesetz präsentiert. WZ vom 15.07.2010

CCS-Gesetz präsentiert –
Kiel fürs Erste zufrieden
Kiel / Berlin/bg

Die schleswig-holsteinische Landesregierung
hat die Pläne der Bundesregierung für ein neues Gesetz zur
unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid gestern prinzipiell positiv
bewertet. „Grundsätzlich sind die Eckpunkte zu begrüßen, da sie der
Vereinbarung in unserem Koalitionsvertrag entsprechen, nicht gegen den
Willen der Bürger in Schleswig-Holstein die
Speicherung zuzulassen“, erklärte der Kieler Wirtschaftsminister Jost de
Jager (CDU). Die schwarz-gelbe Koalition im
Norden lehnt die umstrittenen Anlagen wegen erheblicher
Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung ab.


Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) präsentierten gestern in
Berlin die Grundzüge ihres gemeinsamen Gesetzentwurfs für die Erprobung
der neuen CCS-Technik (Carbon Capture And
Storage). Nach massiven Protesten nicht nur im Norden geht es zunächst
lediglich um zwei bis drei Testspeicher bis 2015. „Wir haben den
rechtlich und technisch maximalen Sicherheitsstandard festgeschrieben“,
sagte Röttgen. „Mehr geht nicht.“ Auch bekräftigte er, dass es die
Anlagen „nicht gegen den Willen von Bundesländern geben soll“. Genau das
fordert auch die Kieler Koalition in ihrem Vertrag: „Schleswig-Holstein muss in die Lage versetzt werden, die
Genehmigungen zu verweigern.“ Seit der Energiekonzern RWE seine Pläne
für eine Anlage in Nordfriesland zurückgestellt hat, ist im Land derzeit
aber ohnehin kein Projekt geplant.


Unklar ist nach wie vor, auf welchem Weg ein Bundesland künftig
dauerhaft CCS-Anlagen auf seinem Gebiet ablehnen
kann. Röttgen wies gestern erneut auf die vorhandenen „Instrumente der
Raumordnung“ hin, mit denen die Länder die Speicher verhindern könnten.
Manchen Experten erscheinen die allerdings nicht ausreichend. Sie halten
vielmehr ein besonderes Raumordnungsrecht für den Untergrund für nötig,
das es bisher nicht gibt – und das auch nicht im neuen Gesetz stehen
soll. Allenfalls bei der geplanten Überprüfung des CCS-Gesetzes
im Jahr 2017 soll darüber nachgedacht werden.


Wegen dieser Unsicherheit kritisierte gestern die energiewirtschaftliche
Sprecherin der Grünen, die Flensburger Bundestagsabgeordnete Ingrid
Nestle, erneut den Entwurf: „Herr Röttgen hat auch heute wieder
versprochen, dass Schleswig-Holstein die
Anwendung von CCS ausschließen kann. Die vorliegenden Eckpunkte zum CCS-Gesetz reichen dafür aber nicht aus.“ Der Kieler
Wirtschaftsminister De Jager erklärte, da die „konkrete Ausgestaltung“
des CCS-Gesetzes nicht bekannt sei, könne er
noch nicht sagen, „inwieweit der Gesetzesentwurf kritische Punkte
enthält“.




Re: CCS-Gesetz präsentiert. WZ vom 15.07.2010

WZ vom 15.07.2010
Kommentar auf Seite Zwei von Henning Baethge:



Minister in der Zwickmühle
Röttgen, Brüderle und das Gesetz zur
unterirdischen Kohlendioxid-Speicherung
Henning Baethge

Umweltminister Norbert Röttgen und Wirtschaftsminister Rainer
Brüderle zeigten sich gestern geläutert. Sie hätten von Schleswig-Holstein gelernt – gegen den Willen der Bevölkerung
soll es in Deutschland nirgends unterirdische Kohlendioxid-Speicher geben, erklärten die beiden Ressortchefs bei
der Vorstellung der Eckpunkte des CCS-Gesetzes.
Weil die Proteste der Bürger gegen eine geplante Anlage im Norden zu
groß wurden, änderte die Landesregierung ihre anfangs aufgeschlossene
Haltung – und stellte der Energiekonzern RWE seinen Antrag auf das CO2-Lager zurück.


Allerdings sagten die beiden Minister gestern noch mehr: dass die
Klimaziele ohne das neue Verfahren zur Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes nicht zu erreichen seien. Und dass die CCS-Technologie nicht das gleiche Schicksal wie der
Transrapid erleiden dürfe. Sprich: Die neue Technik soll hierzulande
eine Zukunft haben.


Fragt sich nur, wo. Geeignete Speicherstätten gibt es ohnehin nur in
einigen norddeutschen Regionen. Schleswig-Holstein
hat schon seine Ablehnung erklärt, andere Länder dürften angesichts der
großen Ängste bei den Bürgern folgen. Am Ende bleibt womöglich nicht
mal mehr Brandenburg übrig, wo die Regierung trotz wachsender Proteste
noch ihre Zustimmung zur bundesweit derzeit einzigen Pilotanlage
aufrecht erhält. Dann wäre es das gewesen mit Klimaschutz und
Zukunftstechnik.


Röttgen und Brüderle stecken also in der Zwickmühle. Wollen sie die
neue Technologie tatsächlich fördern, dürfen sie es den
Ministerpräsidenten nicht zu leicht machen, sich auszuklinken. Es wird
daher nicht zuletzt aus schleswig-holsteinischer
Sicht interessant sein, was das neue Gesetz tatsächlich für
Möglichkeiten bietet, die Anlagen zu verhindern. Die nach wie vor
vorhandene Unklarheit über den konkreten Weg zum CCS-Veto
eines Landes, die die Grünen zu Recht kritisieren, lässt es geraten
erscheinen, den bald vorliegenden Gesetzentwurf genau zu prüfen.