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Kieler Minister geht mit dem Berliner Atomdeal hart ins Gericht. WZ vom 24.09.2010

Kieler Minister geht mit dem Berliner Atomdeal hart ins Gericht. WZ vom 24.09.2010

„Blauer Brief“ – Kieler Minister geht mit dem Berliner Atomdeal hart ins Gericht
Kiel/Berlin /höv

Die Kieler Atomaufsicht hat die Pläne von Umweltminister Norbert
Röttgen (CDU) zur Verlängerung der Atomlaufzeiten frontal angegriffen.
Die Novelle zum Atomgesetz sei „umweltrechtlich und umweltpolitisch
sowie verfassungsrechtlich und rechtspolitisch verfehlt“, heißt es in
einem Schreiben des zuständigen Kieler Ministers Emil Schmalfuß
(parteilos) an Röttgen.


In der Kieler Koalition aus CDU und FDP, die über die
Laufzeitverlängerung ohnehin gespalten ist, sorgte der Vorstoß des von
den Liberalen ins Kabinett entsandten Schmalfuß für Reibereien.
Regierungssprecher Knut Peters nannte die Äußerungen des Ministers
dessen „persönliche Auffassung“, die „in der Landesregierung nicht
abgestimmt“ sei. Schmalfuß konterte, er habe Röttgen auf Defizite
hingewiesen, die die Atomnovelle aus fachlicher Sicht der Kieler
Aufsichtsbehörde habe. Rückendeckung erhielt er von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. Die Meinung des Ministers sei nicht dessen persönliche Auffassung. Sie entspreche jener der FDP-Fraktion und der FDP-Regierungsmitglieder.


Justizminister Schmalfuß ist zuständig für die Aufsicht in den
Meilern Brokdorf, Krümmel und Brunsbüttel. Er sei überzeugt, dass eine
gesetzliche Regelung zur Verlängerung der Laufzeiten „aus
verfassungsrechtlichen Gründen“ mit Forderungen zur Nachrüstung der
Anlagen zu verbinden sei, schreibt er. Auch müsse eine entsprechende
Sicherheitsaufrüstung abgeschlossen sein, bevor die zusätzlichen
Laufzeiten genutzt werden dürften.


Eine Möglichkeit, dies gesetzlich zu regeln sei, den Ländern einen
Freigabevorbehalt einzuräumen. Die Genehmigungsbehörden könnten dann
jeweils entscheiden, ob die Voraussetzungen zur Freigabe der Nutzung neu
übertragener Stromkontingente vorliegen. Eine dieser Voraussetzungen
sei der Anlagenschutz gegen einen gezielt herbeigeführten
Flugzeugabsturz. Er sehe „mit Sorge“, das dieser ursprüngliche Plan im
Gesetz unberücksichtigt geblieben sei.


Überflüssig sei eine vorgesehene Regelung, nach der die Betreiber eine
eigenständige „Sorgepflicht“ gegen Schäden haben sollen. Dies könne „im
Ergebnis möglicherweise zu einer Absenkung des verfassungsrechtlich
gebotenen Schutzniveaus führen.“ Er „hoffe doch sehr, dass Sie, Herr
Kollege Röttgen, einen solchen rechtspolitischen Rückfall nicht
mittragen werden“, schreibt Schmalfuß abschließend.