SH-Koalition uneins über längere Laufzeiten. WZ vom 11.09.2010
Koalition bleibt uneins über längere Laufzeiten von Kernkraftwerken
Kiel /lno
Die Regierung in Schleswig-Holstein ist
weiter uneins über die Bewertung der beschlossenen
Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke. Während die CDU den
Kompromiss im Landtag lobte, machte der liberale Koalitionspartner seine
Ablehnung deutlich.
FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte:
Ich verrate Ihnen heute kein Geheimnis, wenn ich sage, ich stehe dem
Atomkompromiss der Bundesregierung mehr als nur kritisch gegenüber. Er
forderte ebenso wie alle Oppositionsparteien eine Abstimmung über das
Gesetz im Bundesrat. Wegen der unterschiedlichen Meinungen in der
Regierung werde Schleswig-Holstein sich dort nur enthalten. Ob das Gesetz zustimmungspflichtig ist, wird bundesweit diskutiert.
Zustimmung für seine Haltung bekam Kubicki von ungewohnter Stelle
etwa von der Linken. Allerdings fordert die Opposition ein deutliches
Nein in der Länderkammer. Es reicht nicht, dass man sich im Bundesrat
möglicherweise enthält. Wir wollen eine Gegenstimme, sagte Lars Harms
vom SSW.
Der für Energie zuständige Minister Jost de Jager (CDU) begrüßte im
Landtag den Kompromiss. Seiner Ansicht nach ist das Land etwa beim
Ausbau der Offshore-Windparks weit hinter der
Planvorgabe, die wir einst hatten. Aus diesem Grund sei die
Laufzeitverlängerung gut, denn es sei noch nicht die Zeit, sich von
einer Technologie zu verabschieden. Er glaube auch nicht, dass etwa
Windkraftanlagenbauer wegen der Laufzeitverlängerung nicht investieren
würden. Sie leben in einem Mythos, rief er der Opposition zu.
Die Opposition hatte zuvor von Arbeitsplatzverlusten in der Alternativenergie-Branche
gewarnt und vor einer Konkurrenz für den Ausbau der erneuerbaren
Energien. Der Grüne Detlef Matthiesen nannte die Laufzeitverlängerung
einen herben Rückschlag für die mittelständische Wirtschaft in
Schleswig- Holstein. Das Mehr an Atomstrom ist ein Weniger an Solar-,
Wind- und Biostrom.
CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher
verteidigte den Kompromiss. Er sei zwar für einen schnellen Ausstieg aus
der Kernenergie, aber die Verlängerung der Laufzeiten sei notwendig, um
Zeit und Mittel für den Ausbau der erneuerbaren Energien und
Stromleitungsnetze zu gewinnen - und Energie für die Menschen bezahlbar
zu halten. Er kritisierte, dass der Landtag nahezu monatlich über
Kernkraft debattiere, obwohl das Land selbst nicht die erforderliche
Regelungskompetenz habe. Wir können schöne Demo-Debatten führen, aber die bewirken zunächst einmal gar nichts.