Indien blockiert die WTO-Verhandlungen
Indien blockiert die WTO-Verhandlungen
(lid) Die WTO-Verhandlungen kommen nach wie vor nur schleppend voran. Während die Beamten in den WTO-Ausschüssen bei den Einzelheiten kaum weiterkommen, machen die Politiker Druck. WTO-Generaldirektor Pascal Lamy fordert eine Entscheidung beim Abbau der Agrar- und Industriezölle bis Mitte Juni. Auch EU-Handelskommissar Peter Mandelson drängt auf einen Abschluss der Doha-Runde. Indien dagegen stellt sich quer, wie der österreichische Agrarpressedienst AIZ berichtet. Die Differenzen innerhalb der 20 Schwellen- und Entwicklungsländer (G-20) werden laut AIZ immer grösser. Brasilien als Sprecher der Gruppe bemühe sich in den WTO-Verhandlungen um Kompromisse und möchte für sich die bisherigen Zugeständnisse der EU und der USA im Agrarbereich sichern, heisst es. Argentinien, China und weitere Länder seien ebenfalls um ein Ergebnis bemüht.
Die aufstrebende Wirtschaftsmacht Indien erklärt dagegen offen, dass sie kaum Interesse an einem Abschluss habe, bei dem sie grössere Zugeständnisse machen müsste. Insbesondere weigert sich Indien, seine Importzölle für Industriegüter substanziell zu senken. Wozu etwas riskieren, fragt man sich in Delhi, solange der Subkontinent Mühe hat, seine Bevölkerung zu ernähren und zusätzliche Absatzchancen für Agrarprodukte kaum nutzen könnte. Ohne das Einlenken der G-20 beim Marktzugang für Industrieprodukte sind die EU und die USA aber nicht bereit, ihre Agrarstützungen abzubauen. Sollte sich Indien weiter querstellen, sind Verhandlungsfortschritte in den kommenden Woche kaum zu erwaten.
Unterdessen nehmen die Stimmen zu, die vor einem Scheitern der Runde warnen. Sollten die Verhandlungen nicht zu einem Abschluss kommen, werde es auf lange Zeit keine Einigung geben, erklärte vergangene Woche Mandelson. Lamy verglich ein Scheitern mit einer unterlassenen Investition in einem Betrieb: Der Schaden mache sich nicht sofort bemerkbar, trete aber nach einiger Zeit umso deutlicher zu Tage.