Das Judasevangelium
Hallo @ll,
In Washington wurde erstmals das Judas-Evangelium der Öffentlichkeit vorgestellt. Hierbei handelt es sich um ein Manuskript aus dem 3./4. Jahrhundert n. Chr., das restauriert und aus dem Koptischen übersetzt wurde.
Aus diesem Evangelium könnte hervorgehen, dass Judas kein Verräter gewesen ist, sondern Jesus ihn gebeten hat, an die Römer ausgeliefert zu werden, damit er Gottes Willen erfüllen kann.
Der antike koptische Text wurde den Angaben zufolge in den 1970er Jahren in Ägypten entdeckt, gelangte über Umwege zur Schweizer Maecenas-Stiftung. Sämtliche wissenschaftlichen Tests sollen bisher die Echtheit des Textes, der zwischen 220 und 340 n. Chr. entstanden ist, bestätigt haben. Allerdings ist das Evangelium nicht unumstritten vor allem deshalb, weil angeblich nicht klar ist woher das Dokument ursprünglich stammt. Sollte es jedoch was ja alle bis jetzt vorgenommenen wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt haben wirklich aus dem 3./4. Jh. n. Chr. stammen, könnte es sich nach Meinung einiger Forscher um eine koptische Übersetzung aus dem ursprünglich in Griechisch verfassten Text handeln, über den der Lyoner Bischof Irenäus bereits 180 n. Chr. berichtet.
Es gibt darin eine Textstelle, in der Jesus die jüdischen Tempelpriester als "Diener des Irrtums" bezeichnet . Läßt hier Faust grüßen?
Meiner Ansicht nach ist das Dokument deshalb umstritten, weil es Judas als den engsten Vertrauten von Jesus beschreibt. Judas soll demnach der Einzige gewesen sein, der die Botschaft Jesu wirklich verstanden hat. Jesus hat ihn in alle Geheimnisse eingeweiht und eben selbst beauftragt, zu den Römern zu gehen und ihm Jesus somit einen letzten Dienst zu erweisen.
So sagt Jesus u. a. zu Judas: "...du wirst den Menschen opfern, der mich kleidet".
Bibelforscher interpretieren die Stelle so, dass Judas Jesus den leiblichen Tod bringt und ihm damit einen Gefallen tut.
Weiter sagt Jesus zu Judas, der von dieser Aufgabe - die des Verräters - gar nicht so begeistert ist, um ihn zu ermutigen:"Erhebe deinen Blick und schaue auf die Wolke und das Licht darin und die Sterne, die sie umgeben. Der Stern, der den Weg anzeigt ist dein Stern."
Am Ende dieser Unterhaltung hat Judas eine Offenbarung, in der er in eine "leuchtende Wolke" eintritt. Die Menschen am Boden hören eine Stimme daraus. Was diese jedoch sagte, werden wir wohl nicht erfahren, denn an dieser Stelle hat der Papyrus eine Lücke (wollte hier jemand etwas verschwinden lassen?).
Das Judas-Evangelium endet abrupt (!) mit einem kurzen Hinweis darauf, dass Judas "etwas Geld" - von den 30 Silberlingen ist hier nicht die Rede - erhielt und Jesus seinen Verfolgern übergab.
Von der Fachwelt wird das Judas-Evangelium weitgehend heruntergespielt (wundert mich nicht im geringsten). Man sieht es u.a. als provokativen Text eines gnostisch orientierten Autors an und sieht hier keinen "Freispruch" für Judas.
Ich sehe das etwas anders. Es werden immer mehr Funde gemacht, die eigentlich recht deutlich zeigen, dass nicht nur die wahre Lehre Jesu verfälscht wurde sondern auch das Leben und Wirken des historischen Jesus kirchengerecht hingebogen wurde.
Judas ist ja nicht der einzige, der im NT verunglimpft wird (wenn es ihn auch am Schlimmsten erwischt hat). Da wären noch Maria Magdalena und Thomas, der als ungläubiger Thomas in die Bibel einging. Sein inzwischen restauriertes Evangelium beschreibt meiner Ansicht nach sehr deutlich, dass sich Jesus an den Buddhismus angelehnt hat. Inzwischen versucht man auch hier zu beschwichtigen nicht Jesus hätte den Kreuzestod überlebt und wäre nach Indien gegangen, sondern Thomas soll nach Indien gegangen sein, der plötzlich ein Zwillingsbruder Jesu sein soll und in dem Grabmal liegen soll, von dem die Inder sagen, es sei das Grab Jesu.
Eine Aussage im Thomas-Evangelium spielt meiner Ansicht nach auf das "Innere" des Menschen insofern an, dass das, was wir an Positiven in uns tragen uns erretten kann, während das Negative unseres "Inneren" uns vernichten kann. Hier finden wir also eine Erkenntnis, die hier im Forum unter "Botschaft von Christus" und in anderen Themen schon angesprochen wurde - der Mensch hat die Kraft (Gottesfunken) in sich, mit der er sich selbst erlösen kann. Dies ist der eigentliche "Heilige Geist" oder auch die "Christuskraft".
Weitere "vergessene" Schriften des Christentums sind:
- das Evangelium nach Maria (Magdalena)
Hier werden Geheimnisse enthüllt, die Jesus nur Maria Magdalena anvertraut hat
- die "Geheimschrift des Johannes"
In diesem Bericht befreien die Lehren Jesu die Seele aus einer unvollkommenen Welt (passt gut zur Aussage des Thomas-Evangelium, wie ich finde, leider konnte ich im Internet keine Abschrift darüber finden)
- Zweite Rede des Großen Seth, 3. Jahrhundert
Behauptet, dass der wahre Christus nie gekreuzigt wurde. (Das paßt wiederum sehr gut zum Koran, aus dessen Aussage man zweierlei schließen kann - entweder wurde ein anderer anstatt Jesus gekreuzigt oder aber Jesus wurde gekreuzigt, hat die Kreuzigung aber überlebt. Letzteres passt wieder zu der "Indien-Theorie".)
Was das Judas-Evangelium betrifft, dadurch könnte auch der Selbstmord von Judas in einem anderen Licht erscheinen. Wurde er ermordet, damit er nicht die Wahrheit über Jesus und dessen Lehre verbreiten konnte? Was meint ihr?
Liebe Grüße,
Eva
PS: Einen sehr ausführlichen und interessanten Bericht über das Judas-Evangelium findet ihr im neuesten "National Geographic" der hier zum Teil auch meine Quelle ist.
Damit das Mögliche entstehen kann muss immer wieder das Unmögliche versucht werden