Dilla´s & Eva´s grenzwissenschaftl. & polit. Forum - No 2003 bis 2009

Eine Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte

Nach einer alten und bekannten Sage, deren Ursprung ich nicht überprüfen konnte, bat Erzengel Michael seine Engel, eine Woche vor Weihnachten die Erde zu besuchen; er wünschte zu wissen, ob alles zur Feier der Geburt Jesu Christi bereit war. Er schickte sie in Paaren, immer einen älteren Engel zusammen mit einem Jüngeren, so dass er eine umfassendere Meinung über die Geschehnisse im Christentum haben könnte.

Eines dieser Paare war Brasilien zugeordnet, wo sie dann spät nachts angekommen sind. Da sie keinen Schlafplatz hatten, baten sie um Unterschlupf in einer der grossen Villen, die in bestimmten Orten von Rio de Janeiro gesehen werden können. Der Eigentümer, ein Edelmann am Rande des Bankrotts (was übrigens vielen Bewohnern dieser Stadt passiert), war ein überzeugter Katholik und erkannte sofort die himmlischen Gesandten wegen ihrer goldenen Heiligenscheinen am Kopf. Aber er war zu beschäftigt mit den Vorbereitungen eines grossen Festes um Weihnachten zu feiern und wollte die fast abgeschlossene Dekoration nicht durcheinander bringen: er bat sie, im Keller zu schlafen.

Obwohl die Weihnachtskarten immer mit fallendem Schnee dargestellt sind, fällt das Datum in Brasilien mitten im Hochsommer; dort wo die Engel hingeschickt wurden war die Hitze schrecklich und die Luft – voller Feuchtigkeit – war fast zu ersticken. Sie legten sich auf einen harten Boden, aber bevor sie ihre Gebete anfingen, bemerkte der ältere Engel einen Riss in der Wand. Er stand auf, reparierte ihn mit seinen göttlichen Kräften und kehrte wieder zu seinem Abendgebet. Die Nacht verbrachten sie, als wären sie in der Hölle, so heiss war es.

Sie schliefen sehr schlecht, aber sie mussten den Auftrag der ihnen von Gott anvertraut wurde erfüllen. Am nächsten Tag liefen sie durch die grosse Stadt – mit ihren 12 Millionen Einwohnern, ihren Stränden und Bergen, ihren Kontrasten, ihren schönen Landschaften und schrecklichen Winkeln. Sie füllten Berichte aus und als die Nacht kam, begannen sie in das Innere des Landes zu reisen. Aber durch die Stundendifferenz abgelenkt, sahen sie sich wieder ohne Unterkunft zum Schlafen.

Sie klopften an die Tür einer bescheidenen Wohnung, wo ein Paar sie empfing. Ohne Zugang zu den mittelalterlichen Abbildungen, die die Boten Gottes darstellten, erkannten sie die beiden Pilger nicht – aber wenn sie Unterkunft benötigten, so gehöre das Haus ihnen. Sie bereiteten ein Abendessen vor, stellten das kleine neugeborene Baby vor, boten ihr eigenes Zimmer an und baten um Entschuldigung, dass sie arm waren, die Hitze gross war, aber sie hatten kein Geld eine Klimaanlage zu kaufen.

Als sie am nächsten Tag aufwachten, trafen sie das Paar in Tränen an. Ihr einziger Besitz, eine Kuh die ihnen Milch, Käse und den Lebensunterhalt der Familie gab, wurde auf dem Feld tot aufgefunden. Verlegen verabschiedeten sie sich von den Pilgern, da sie kein Frühstück vorbereiten konnten. Während sie durch Erdstrassen gingen, zeigte der jüngere Engel seine Empörung:

− Ich verstehe diese Handlungsweise nicht! Der erste Mann hatte alles was er benötigte und trotzdem hast Du im geholfen. Aber dieses arme Paar, das uns so gut empfing, da tatest Du nichts um ihr Leiden zu lindern!

− Die Dinge sind nicht wie sie scheinen – sagte der ältere Engel. - Als wir in dem schrecklichen Keller waren, bemerkte ich, dass viel Gold in der Wand dieser Villa gelagert war, zurückgelassen von einem ehemaligen Besitzer. Der Riss legte einen Teil des Schatzes frei und ich beschloss ihn wieder zu verstecken, weil der Besitzer des Hauses denen die in Not sind nicht hilft.

„Gestern, während wir im Bett welches uns vom Paar angeboten wurde schliefen, bemerkte ich, dass ein Dritter Gast angekommen war: der Todesengel. Er war geschickt worden um das Kind mitzunehmen, aber da ich ihn seit Jahren kenne, überzeugte ich ihn das Leben der Kuh an seiner Stelle zu nehmen“.

„Denke an den Tag den wir in Kürze feiern: da die Leute viel Wert auf das Aussehen legen, so wollte keiner Maria empfangen. Aber die Hirten haben sie aufgenommen und haben dadurch die Gunst erhalten, die Ersten zu sein die das Lächeln des Erlösers betrachteten.“

Paulo Coelho