Ich denke mal, dass die nachfolgende Geschichte nicht so alltäglich ist. Ich war damals bei einem Hamburger Verlag beschäftigt und erstellte dort, verbunden mit einem Spendenaufruf, für und über die Passat eine Präsentation.
Ideale sind wie Sterne, Man kann sie nicht erreichen, Aber man kann sich an ihnen orientieren.
(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
Für mich begann genau am 11.10.1994 die spannendste Geschichte meines Lebens. Auf der Titelseite der Lübecker Nachrichten war an diesem Tag ein Beitrag erschienen, der für mich inhaltlich gesehen überhaupt nicht nachvollziehbar war. Die Schlagzeile lautete 45 internationale Wirtschaftsführer wollten die Passat besichtigen. und als Untertitel Für Top-Manager geschlossen. Die Lübecker Nachrichten ließen es sich an besagtem Tag nicht nehmen, in einem Leitartikel sehr ausführlich über den atemberaubenden Vorgang zu berichten. Sie wiesen darüber hinaus darauf hin, dass im Frühjahr in einer Freizeitbroschüre eine fünfseitige von Reemtsma gesponserte Geschichte der Passat erschienen sei. Dabei handelte es sich genau um die von mir gestaltete Präsentation. Ich konnte es einfach nicht fassen, denn ich dachte bei den zahlreichen Gesprächen mit den Reemtsma- Managern vor allem auch an eine langfristig orientierte Sponsorentätigkeit des namhaften Unternehmens. Nun hatte es die Hansestadt Lübeck wirklich fertiggebracht, diesen Leuten den Zutritt auf den vor Lübeck-Travemünde als Museumsschiff vor Anker liegenden Hamborger Veermaster zu verwehren.
Als erstes rief ich, innerlich noch sehr erregt, den Vorsitzenden des Vereins an. Der riet mir auf jeden Fall, ein Anschreiben an den Bürgermeister zu richten und darin mein Unverständnis zu besagtem Vorgang zum Ausdruck zu bringen. Also erhielt der Bürgermeister von mir eine Protestresolution, in der ich ihn unter anderem auf die verpasste Chance, bezüglich des international renommierten Unternehmens Reemtsma hinwies. Antwort bekam ich dann von einem Angestellten, dessen konfuses Gestammel mir bis heute unverständlich geblieben ist.
Genau seit diesem Zeitpunkt ließ mich das Schicksal der Passat nicht mehr zur Ruhe kommen. Da ich zu dieser Zeit an Begeisterungsfähigkeit nichts eingebüßt hatte, reifte in mir im Laufe der nächsten Tage eine Idee, die bundesweites Aufsehen erregen und im Einklang damit echte Begeisterung hervorrufen sollte...
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(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Die Idee, die ich unter dem Slogan Internationale Medienkampagne zur Rettung der Passat mit Leben erfüllte, erreichte tatsächlich den letzten Winkel im deutschsprachigen Raum. Meine Erfahrung, in den obersten Etagen a la Couleur anzusetzen, um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu optimieren, sollte in diesem Fall wertvolle Früchte tragen. Dazu trug maßgeblich ein Rundschreiben bei, das neben dem damaligen Bundeskanzler und der Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein zahlreiche Fernsehsender vor allem auch führende Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland erhielten. Mein Plan bestand im Wesentlichen darin, über einen im Sponsoring finanzierten Fernsehspot zu Spenden im gesamten deutschsprachigen Raum aufzurufen. Die Spender sollten dann bei einem Mindesteinsatz von 10,-- DM an einer Verlosung teilnehmen, um mit ein wenig Glück wertvolle Preise gewinnen zu können.
Es verging jedoch noch gut ein Monat, bis ich meine Konzeption vor den für die Passat zuständigen Mitarbeitern und Senatoren der Stadt vorstellen konnte. Der größte Unfug, der danach passierte, war das an mich gerichtete offizielle Verbot, Vereine und Verbände der Hansestadt Lübeck ansprechen zu dürfen, und das, obwohl der Senat meine Vorschläge mir gegenüber für gut befunden hatte. Ich weiß nicht, wer schon zu Anfang Angst hatte, dass ich ihm die Show stehlen würde, aber in dieser Hinsicht sollte ich noch viel negativere Erfahrungen machen. Vorerst war die Lawine jedoch nicht mehr aufzuhalten. Bereits Anfang Dezember gelang es mir, ein namhaftes Unternehmen der Stadt zu gewinnen, das das besagte Unterfangen finanziell unterstützte. Im gleichen Zeitraum erschien ebenfalls der erste Artikel über die Passat, im Verbund mit meiner Person, in den Lübecker Nachrichten.
Am 19.12., welch Überraschung und Weihnachtsgeschenk zugleich, hielt ich bereits ein Dank- und Referenzschreiben der Ministerpräsidentin des Landes, Heide Simonis, in der Hand. Da hatten also mein offizielles Rundschreiben an die Ministerpräsidentin und meine umfangreichen Telefonate mit der Staatskanzlei doch etwas bewirkt. Kurz zuvor sah es nämlich noch gar nicht danach aus. In eben so einem Telefongespräch hatte ich nämlich zu erfahren bekommen, dass über mich umfangreiche Auskünfte eingeholt worden seien. Ich gehe im Nachhinein davon aus, dass man sich mit dem Rathaus in Bad Schwartau in Verbindung setzte....
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(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Über das Anschreiben der Ministerpräsidentin, Heide Simonis, habe ich mich natürlich gefreut, denn solcherart Post bekommt ja kaum jemand alle Tage. Für mich war es auch trotz einiger damit verbundener Querelen ein schöner Erfolg, der mich dazu animierte weiterzumachen.
Aber weiter im Geschehen, denn es sollte, wie bereits angekündigt, im folgenden Jahr noch viel besser kommen. Da erklärte mir doch tatsächlich ein in Fragen Passat verantwortlicher Bereichsleiter der Stadt, dass das Kultusministerium große Bedenken und Einwände gegenüber dieser internationalen Kampagne geäußert hätte. Als ich dort telefonisch vorstellig wurde, fand sich im ganzen Kultusministerium niemand, der sich dahingehend geäußert haben wollte.
Selbst der Pressesprecher des zuständigen Ministeriums bemühte sich vergebens, jemanden ausfindig zu machen. Das roch also von Anfang an nach Missgunst, Neid und Hinterlist. Der Höhepunkt war damit aber noch nicht erreicht. Zwei honorige Verantwortliche und für mich Ansprechpartner von Dies- und Jenseits begannen sich im Laufe der Zeit gegenseitig in die Pfanne zu hauen. Kommentare dazu erspare ich mir an dieser Stelle lieber. Auf jeden Fall rieten sie mir gegenseitig, den jeweils anderen unbedingt zu meiden.
Auch im positiven Sinne nahm die Kampagne weiterhin einen spannenden Verlauf. Im Januar erschien bereits der zweite, nun schon mehrteilige, Artikel in den LN (Lübecker Nachrichten). Etwa zur gleichen Zeit vereinbarte der NDR einen Besuchstermin mit und bei mir. Die Aufregung meinerseits, diesen Tag betreffend, sollte dabei nachvollziehbar sein....
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(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Es war ein frostklarer sonniger Januartag, als ich das Fernsehteam in aller Frühe vor dem Haus empfing. Der erste Gang führte uns von dort aus in meine Wohnung, um den weiteren Ablauf zu besprechen. Nach kurzer Zeit wurde entschieden, zuerst die Passat anzufahren und das Interview mit mir anschließend zu realisieren. Gesagt, getan.
Besonders beeindruckend fand ich unter anderem die gefilmte Überfahrt zum Liegeplatz des Seglers mit einem Boot der Wasserschutzpolizei. Welch ein faszinierendes Panorama, das sich uns da vom Wasser aus am jenseitigen Ufer bot. Der Segler schien sich extra aus diesem Anlass besonders hübsch gemacht zu haben. Eine leichte Schneedecke ließ den Kontrast von Schiffsdeck und Masten in der Morgensonne und von letzten Nebelschwaden umhüllt in einem wunderschön bizarren Kontrast erscheinen.
Die Filmaufnahmen auf der Passat zogen sich bis in den Nachmittag hinein hin. Was mir dann nicht mehr sonderlich behagte, war das anschließende Interview in meiner Wohnung. Ich war einfach, ob des ungewohnten Szenarios, ein wenig stressgezeichnet. Ich glaube zudem, dass mir die Aufregung auch ein wenig die Sprache verschlagen hatte. Immerhin war es ja das erste Mal, dass ich in dieser Sphäre interviewt wurde. Mein Anliegen, dass die Gischt der Passat im Fernsehspot selbst beim Hirten auf der Alm aus dem Fernseher spritzen möge, brachte ich aber trotzdem noch ganz gut rüber. Man ließ es sich übrigens in der abendlichen Sendung des Schleswig-Holstein Magazins nicht nehmen, gerade diesen Satz besonders hervorzuheben.
Meine kleine Bonsai-Dogge, so auch vorgestellt, wurde dann, als sie auf meinen Bett Häschen machte, sogar zum richtigen Fernsehstar. Mit dem Hinweis verbunden, dass wir beide das schon schaffen würden, ging dieser beeindruckende kleine Film zu Ende...
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(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Nicht nur aus meiner Sicht ließ der mehrere Minuten dauernde Beitrag das maritime Herz vieler Norddeutscher höher schlagen. Besonders die historischen Aufnahmen eines P-Liners und die Interviews an Bord der Passat stimmten dabei auf das Gesamtanliegen hervorragend ein. Nach dieser Sendung setzte mich in Erstaunen, welche Aufmerksamkeit meiner Kleinen und mir zuteil wurden. Ich dachte nur noch eins Welle Wahnsinn. Ich bin überzeugt, dass ich im ganzen Leben zuvor nicht so oft gegrüßt wurde, wie in jenen Tagen nach der Sendung, in Bad Schwartau und Lübeck.
Das Frühjahr hatte sich inzwischen seinen Bann gebrochen und ich den Selbigen in vielschichtiger Hinsicht. Ein Referenzschreiben vom Kanzler war zum Beispiel bereits im Februar bei mir eingegangen.
Der kleine Bericht in den LN dazu, kombiniert mit einem Foto von uns beiden, unter dem Titel Ein Brief vom Kanzler, sollte nun auch wieder einmal für Aufsehen sorgen. Darüber hinaus konnte ich bundesweit einige namhafte Unternehmen gewinnen, die sich mit Geldspenden oder wertvollen Sachpreisen an der Aktion beteiligten.
Der Clou dabei waren Flüge in die USA oder Ferienhausaufenthalte in Dänemark, die ein Reisebüro zur Verfügung stellte und die 10.000,-- DM von einem namhaften Lübecker Unternehmen. Dazwischen gab es viele andere Firmen, die sich mit Geldsummen, die generell 5.000,--DM betrugen, beteiligten. Selbst Reemtsma sagte, dass es hier um die Sache gehe und sie als norddeutsches Unternehmen dem maritimen Kulturerbe der Passat, verbunden seien. Das Unternehmen war dann gleichfalls mit dieser Summe dabei. Bei den Sachpreisen gab es darüber hinaus von Konservendosen in Form von Geschenkpaketen über extra angefertigte Marzipantorten bis hin zu Freiflügen im Ballon alles erdenklich Mögliche zu gewinnen....
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(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungell
Alle Achtung!!
Hut zieh und verbeug...!
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
Aber deine Sachen behältst an ja, lieber Serundi
Kommt ja och noch was.
*
Nur mal ein Hinweis in eigener Sache. Ich will mich hier nicht in Szene setzen, sonder denke, dass es eine nicht alltägliche Geschichte ist. Die möchte ich euch nicht vorenthalten.
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(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Das sollte ebenfalls noch erwähnenswert sein: Neben der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger, der Bundesrepublik Deutschland und vielen anderen Vereinen bekundete die Deutsche Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte e. V. mit Sitz in Berlin ein besonderes Interesse an dieser Kampagne. Es führte dazu, dass dieser Verein zusätzlich dafür Sorge trug, dass mehrere Berliner Zeitungen darüber berichteten und ich in Absprache mit der Gesellschaft zwei Ausstellungen in Berlin organisieren und realisieren konnte.
Ein besonderer Höhepunkt anlässlich der Kampagne wurde für mich der Besuch eines DPA-Journalisten, der eigentlich nur vorhatte, mich, wie in jahrelangen Interviews praktiziert, zu befragen. Daraus entwickelte sich jedoch eine Unterhaltung, wie ich sie in dieser Form noch nicht erlebte und nie erwartet hatte. Dieser Mann blätterte mit mir anschließend gemeinsam in vielen sein bisheriges Leben betreffenden Seiten.
Er erzählte mir zum Beispiel, dass er als junger Journalist im Team von Willy Brand in Erfurt dabei gewesen sei. Später sollte er als verantwortlicher Korrespondent die Regierungsdelegationen der Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl über den gesamten Erdball begleiten. Für mich war es schon atemberaubend, wie er sich mir gegenüber offenbarte, denn ich bin überzeugt, dass das nicht allzu oft so geschah.
Unter anderem tat er auch kund, dass er derjenige Journalist gewesen sei, der den Herrn Schnur, seines Zeichens Vorsitzender der Partei Demokratischer Aufbruch und damaliger Bewerber für das letzte Ministerpräsidentenamt der DDR, auf Grund von Recherchen seiner Stasivergangenheit überführte. Darüber hinaus erzählte er mir, dass er der Letzte war, der mit Barschel kurz vor seinem Tod in Wien ein Telefongespräch geführt hätte. Zum Schluss prophezeite er mir einen Rolls Roys, und ich glaube, das war sogar ernst gemeint, wenigstens im übertragenen Sinne. Irgendwie musste ich ihn wohl gleichfalls mit meiner Begeisterungsfähigkeit beeindruckt haben. Noch am späten Nachmittag des gleichen Tages kam ein Fotograf extra aus Hamburg angereist, der von mir Aufnahmen an der Passat machte. Die gingen dann bereits Stunden später, zusammen mit dem Text, über den DPA- Ticker. Seitdem klingelte bei mir wieder fast pausenlos das Telefon....
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(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
Dieser Bericht ging über den DPA-Ticker
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