FanserviceParadise - Yu-Gi-Oh Duel Monsters/GX/5Ds

A Tale of Him and the Absence of Destiny

A Tale of Him and the Absence of Destiny

A Tale of Him and of the Absence of Destiny

Titel: A Tae of Him and of the Absence of Destiny

Autor: RaindaySpiritMizuna

Fanfiction: Yu-Gi-Oh

Rating: PG-16

Pairing: Yami-Yugi x Seto Kaiba

Warnung: muss ich noch drüber nachdenken

Disclaimer: Die Charaktere gehören Kazuki Takahashi und ich verdiene keinerlei Geld mit dieser Geschichte. I’m just addicted to Fanservice!

Prolog

Es gibt diese Situationen, in denen man erst in dem Moment zu begreifen beginnt, dass man an etwas geglaubt hat, wenn man realisiert, dass es nicht existiert. Die Erkenntnis trifft einen wie ein  Schlag auf die Nase mit einem bleiernen Hammer; eine eiskalte Dusche und das Überrollt werden von einer Dampfwalze zusammen, und das alles ist noch nicht schlagkräftig genug um diesen Moment der Klarheit zu beschreiben.

Umso weniger hätte ich zu glauben gewagt, dass ausgerechnet ich es sein würde, den dieser schicksalsschwere … pardon … zufallsschwere Geistesblitz ereilen würde. Denn, ganz der rationale und nüchtern pragmatische Denker der ich nun mal bin, hätte ich natürlich niemals geglaubt, dass irgendeiner Sache, die auf dieser Welt passiert, eine höhere Macht zugrunde lag. Mein ganzes bisheriges Leben lang war ich vielmehr der festen Überzeugung gewesen, alles, was ein Mensch in seinem Leben erreichen konnte, beruhe auf Ehrgeiz, harter Arbeit, und ein wenig Grips, an dem es vor allem mir nicht fehlte. Niemandem fiel einfach aus heiterem Himmel etwas in den Schoß, das er ohne weitere Umschweife als die totale Erfüllung, die alles komplettierende Schlüsselessenz seines Lebens identifizieren konnte.

Nun … mir schon. Und umso ernüchternder war die Erhellung, als ich bemerkte, dass es sich keineswegs um Fügung handelte – wie ich in meinem vernebelten, unzurechnungsfähigen Zustand wohl plötzlich anzunehmen geschienen hatte- sondern um eine ganz zufällige Konstellation der Begebenheiten  und um … nun, sagen wir, für die menschliche Gattung leider Gottes biologisch belegte Vorgänge, die die Aktivitäten meines Organismus – meines Körpers, sowie meines Hirns – zu beeinflussen schienen.

Diese  Tatsache macht die Dinge auf der einen Seite erträglicher, auf der anderen Seite aber nicht erträglich genug, um darüber zu schweigen.

Und das alles nur seinetwegen.


I. How things should be and how they mostly turn out in the end

Could it be you feel for me?

In any possible similarity

If it's so how would I know?

You’ll never know me at all

But I see you (Mika)

Sollte ich irgendwann einmal auf die vollkommen abstruse Idee kommen, zu behaupten, meine Geschichte sei etwas Besonderes, dann würde ich lügen. Und hätte gleichzeitig vollkommen Recht damit, denn in dieser Welt, die voll von den haarsträubendsten Geschichten ist, würde sie ohne Zweifel ungehört untergehen. Für mich allerdings ist sie diese Art Geschichte, die einen i Träumen und Albträumen … und meistens sogar in Tagträumen heimsucht und nicht mehr loslässt … die außergewöhnlichste Geschichte, die mein zähes Leben zu bieten hat. Und das alles nur seinetwegen. Alles ist seinetwegen passiert, seinetwegen geht es mir so mies, wie es einem Mann gehen kann, dessen Stolz soweit gebrochen ist, dass er keine Hemmungen mehr davor hat, sich hoffnungslos zu betrinken und irgendeinem stereotypen Barkeeper in einem heruntergekommenen Schuppen seine Lebensgeschichte aufzudrücken.

Glauben Sie mir, der Zufall muss verdammt schlecht gelaunt gewesen sein und wollte wohl gerade mal an irgendjemandem so richtig seinen Frust ablassen, als es dafür gesorgt hat, dass er mir über den Weg gelaufen ist. Ich habe ein vollkommen geregeltes Leben geführt, es war ein einziger routinierter Prozess ohne Falltüren, ohne Abweichungen, ohne Risiken – herrlich! Doch … wie schon gesagt, es sollte nicht so bleiben. Was ich Ihnen jetzt erzähle, müssen Sie schön für sich behalten, hören Sie? Sie müssen schweigen wie ein Grab unter einem Grab, denn, wie Sie ja wahrscheinlich wissen, habe ich einen Ruf zu verlieren. Sie können sich ja sicher denken, wie das ist … die Presse schläft nie oder so ähnlich. Und naja … als Chef eines Millionenunternehmens … darf man sich einfach nicht so gehen lassen. Aber wer hätte das nicht getan, frage ich Sie, wenn ER plötzlich vor ihnen gestanden hätte, gegrinst und gesagt: „Hi, ich bin‘s. Ich bin jetzt hier und ich bestimme jetzt dein Leben! Find dich damit ab!“ Metaphorisch gemeint, versteht sich. Ich kenne jedenfalls niemanden. Alleine schon sein Name sagt alles über ihn aus, trifft ihn so sehr auf den Punkt, dass es fast weh tut, ihn auszusprechen oder nur zu hören, und gibt doch so wenig über ihn preis. Sein Name ist sein Reich, das er regiert. Er steht für all die schleierhaften Wolken, die über seiner Persönlichkeit hängen und durch die ich jeden Tag versucht habe, ein Loch zu starren. Und die mich andererseits auch wieder gar nicht störten, denn sie waren nun mal das, was ihn ausmachte und ließen Spielraum für alle nur erdenklichen Träumereien. Und die konnte man besonders gut ausleben, wenn man ihm zusah, wenn er in seinem Element war. Deshalb hatte ich auch schnell ausfindig gemacht, wann und zu welchen Zeiten er in welchen Clubs war oder sonst was tat.

Sie denken, ich sei nicht der Typ und auszugehen? Nun … damit haben Sie auch vollkommen Recht. Ich bin auch nie wirklich ausgegangen. Ich habe mir einen bequemen Platz irgendwo in der Nähe der Tanzfläche gesucht. Ich war quasi unsichtbar. Mit der Zeit hatte ich die höchste Perfektionsstufe erreicht, wenn es darum ging, unauffällig zu beobachten. Ich war so routiniert darin, dass ich nicht mehr die geringste Anspannung dabei fühlte. Ich war so ruhig, als säße ich bei mir zu Hause vor dem Fernseher. Und wie das Glas des Fernsehmonitors das Geschehen darin von dem in der Realität des Zuschauers trennt, so war es auch, als wäre zwischen uns beiden eine unsichtbare Wand, die auf seiner Seite verspiegelt war. Es war wunderbar, ich konnte jede einzelne seiner Bewegungen mit verfolgen, mir seinen Geruch ausmalen, so, wie ich ihn mir wünschte. Ich konnte ihm beinahe direkt in seine tiefen und abenteuerlustigen Augen sehen, ohne, dass er meinen Blick bemerkte.

Denken Sie jetzt nicht, ich hätte meine Alltagsgeschäfte deswegen vernachlässigt oder mein Leben nach ihm ausgerichtet, das läge mir fern, wirklich. Ich habe lediglich meine Abläufe und Termine ein wenig den seinen angeglichen, das ist alles. Und so saß ich da und träumte davon, wie es wäre, wenn er wüsste, dass ich hier wäre, wenn ihn meine Anwesenheit auch nur einen Fingerdeut kümmern würde, wenn ich irgendetwas in seinem Leben verändern könnte, und wenn es auch nur eine einzige Sekunde davon war.

In meinen Tagträumereien drehte er sich zu mir um, langsam, er fasste mich ins Auge. Die Farbe seiner Augen war von einem angeregten Glimmen begleitet. Langsam ging er auf mich zu, seine Bewegungen machten fast den Anschein, als würde er noch immer tanzen und seine Schritte machten kein Geräusch. Sein Geruch strömte mir entgegen, so, wie ich ihn mir ausgemalt hatte, nur noch spezieller und feiner. Er roch auch nach Schweiß vom Tanzen, es war der verführerischste Geruch, der mir je unter die Nase gekommen war und überstieg meine Vorstellungskraft bei weitem. Er setzte sich neben mich auf das Ledersofa, sein Knie berührte meins und sandte Wellen der Hitze aus. Meine Hände waren schweißnass, doch das machte nichts. Er sah mich an und sagte „Du musst nicht schüchtern sein. Ich habe das Gefühl, wir haben eine Menge gemeinsam. Ich heiße …“ Und ich sagte „Ja … ich weiß.“

Jaja, lachen Sie nur. Aber eins sage ich Ihnen: So wie Sie aussehen haben Sie solche Träumereien ebenfalls nötig und außerdem weiß ich sehr wohl selbst, dass ich mir einen niedlichen Kitschroman zurecht gesponnen habe. Aber das Schöne daran war, dass er niemals von meiner Existent erfahren würde und solange das so war, konnte er mir diese erste Begegnung auch nicht widerlegen. Also malte ich sie mir weiter aus, verfeinerte sie immer wieder und glaubte fest daran, dass es irgendwann genauso kommen würde und hoffte gleichzeitig, dass dieses Irgendwann noch eine ganze Weile auf sich warten ließ. Ja, in der Tat, ich war froh, so, wie es war. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es für immer so bleiben können. Aber leider … kam es anders.

Eines Nachts, mir war gerade auf neue aufgefallen, dass seine Oberschenkel die perfekte Figur beim Tanzen abgaben und ich hatte mich einmal mehr in seine ineinanderfließenden Bewegungen vertieft, die einen immer neue Details entdecken ließen, geschah es. Ich hatte wohl einen gedankenverlorenen Moment nicht auf seine Augen geachtet, die mich schon seit geraumer Zeit unverwandt ansahen. Und der Blick, den sie aussendeten traf nicht auf die mühevoll errichtete verspiegelte Wand, die mich vor jeglichen Blicken hätte verhüllen sollen. Nein, er ging geradewegs hindurch und traf mich wie ein Schlag. Mit einem Atemzug, einem Blick von ihm, war es aus mit gemütlich und ruhig.

Mein Herz pumpte das Blut durch meine Adern, dass ich glaubte, sie müssten jeden Moment platzen und irgendwas aus meiner Brust fiel in meinen Magen und zog mich mitsamt dem Sofa in eine bodenlose Tiefe. Und dann, langsam, kam er näher. Meine Hände waren schweißnass, aber es machte sehr wohl etwas. Hektisch versuchte ich, sie an meiner Hose abzuwischen, was fast noch schlimmer war. Seine Bewegungen waren auch nicht schwebend, sie waren, wie ich fand, viel zu schnell. Dann, plötzlich, stand er vor mir. Er musterte mich eindringlich, ich schluckte hart. Und dann noch einmal, weil es mir plötzlich vorkam, als könnte ich gar nicht genug schlucken. Ich hatte das Gefühl, meinen Atem nicht kontrollieren zu können und dachte, dass er ihn deutlich hören musste und es absolut lächerlich finden, wie er laut und unregelmäßig ging, obwohl die ohrenbetäubende Musik es natürlich nicht einmal möglich machte, in normaler Lautstärke zu sprechen. „Du bist öfter hier, nicht wahr?“, fragte er, ein kritischer und spitzfindiger Unterton lag der Frage bei. Wie viel wusste er? „Ich weiߓ, wollte ich sagen, doch bemerkte schnell, dass er nicht die Frage gestellt hatte, auf die diese Antwort passte. „Ja … ab und zu“, schrie ich in sein Ohr, er hatte sich inzwischen zu mir heruntergebeugt. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, ob ich zu leise gesprochen oder ihm das Trommelfell zerfetzt hatte, oder mich einfach nur total lächerlich gemacht, weil er mich auch in der Hälfte der Lautstärke, der ich mich bedient hatte, verstanden hätte. Meine Stimme musste schrecklich klingen, unbeholfen und unkontrolliert, denn ich konnte mich selbst nicht recht hören. Er lächelte. Es war ein ganz leichtes Lächeln, das irgendwo hinter seiner Fassade mehr verbarg, vielleicht einen geheimen Gedanken. „Also willst du nur hier herumsitzen und mir zusehen oder willst du tanzen?“, fragte er, indem er sich auf die Zehenspitzen stellte und meinen Arm festhielt, damit er näher an mein Ohr herankam. Heiße und kalte Schauer jagten meinen Arm herunter, meine Beine fühlten sich an, als wollten sie mir nicht länger gehorchen. „Ich … ähm …“, ich wusste, er konnte es nicht hören. Ich hatte viel zu leise gesprochen, doch er hatte mich bereits gepackt und zur Tanzfläche gezogen.

Ich war so erschrocken, dass ich über meine eigenen Füße stolperte. Er tat, als hätte er es nicht bemerkt, doch ich wusste, das hatte er sehr wohl. Ich war in ein wunderbares, bewegliches Gemälde hineingezogen worden, in das ich eigentlich gar nicht hineinpasste, in dem ich mich wie ein ekliger, schwarzer Fleck fühlte. Ich war einfach nicht bereit, ich hätte mir für eine solche Wendung der Situation noch eine mögliche Reaktion ausdenken müssen, es war einfach zu früh. Und das war nicht alles. Ich war außerdem gerade offiziell zu seinem Spielball geworden. Wie ich das meine? Oh, das habe ich wohl vorhin vergessen, zu erwähnen. Er war nicht nur das, was man wohl einen Gott auf Erden nannte, wunderschön, grazil und mit einer Aura, die nicht von dieser Welt sein konnte, er war außerdem außerordentlich begabt, immer das zu bekommen, was er wollte – oder sollte ich besser sagen: denjenigen, den er wollte. Und wenn er ein Ziel angepeilt hatte, dann wusste er genau, welche Knöpfe er drücken musste, um es zu erreichen.  Überflüssig zu sagen, dass er wohl bereits bestens darüber Bescheid wusste, dass er mich bereits in der Hand hatte, von Anfang an gehabt hatte. Gott, wie ich es auch drehe und wende, ich schneide dabei einfach auf die denkbar schlechteste Weise ab.

Was? Warum ich Ihnen das alles so haarklein erzähle, wollen Sie wissen? Na, weil es wichtig ist, jede Sekunde davon, verstehen Sie? Und jetzt seien Sie mal lieber nicht so uninteressiert und bringen mir lieber noch einen Whisky! Ich kann mich nämlich auch gut woanders hinsetzen und mich betrinken, damit das mal klar ist! … Was? Ich hör wohl nicht recht! Sie würden mich wirklich rauswerfen? Das wagen Sie nicht, sie aufgeblasener, unbedeutender, kleiner … hey! Halt! Nein, bitte … ich hab es doch nicht so gemeint! Jetzt lassen Sie mich schon hier weiter sitzen. Wo sonst würde mir jemand  bedenkenlos so viel Alkohol geben? Kommen Sie schon, Sie sind’n feiner Kerl … und was den Whisky betrifft … machen Sie’n doppelten draus.


 

 

 

Re: A Tale of Him and the Absence of Destiny

II. How things sometimes get both worse and better at the same time

If there's music we can use it
Be free to dance.
We don't have that time
For psychological romance (KoRn)

Also, wo war ich stehengeblieben? Ah, sehr richtig. Ich stand also da, ihm gegenüber, auf der Tanzfläche – die mir plötzlich bedenklich klein vorkam  und von der ich dazu noch das Gefühl hatte, der Boden gebe unter meinen Füßen nach – und fühlte mich, als würde er mir durch meine Augen all die Träume in spinnennetzartigen, klebrigen Gedankenfäden aus dem Kopf herausziehen. Es war ein wenig so, als wären all meine absurden Gedankenromanzen, die kitschigen ebenso wie die … naja … etwas schmutzigen, die ganze Zeit über auf einer riesigen Leinwand über der Tanzfläche abgelaufen, kein einziges Detail auslassend. Irgendwann musste er angefangen haben, sich zu bewegen und plötzlich – ehe ich mich versah – hatte ich seinen Rhythmus übernommen. Jedes Mal, wenn er sich etwas nach vorn beugte, berührte sein Bein meines. Oh mein Gott, ich kann es Ihnen gar nicht beschreiben, wie lächerlich ich mir vorkam, schließlich hatte ich sowas noch nie gemacht. Ich fühlte mich  wie ein Brett in einem Zaun, das leicht im Wind schaukelt, ich war alles andere als ein Tänzer und von Beweglichkeit und Rhythmus hatte ich schon gar keine Ahnung. Und angesichts der Situation war es mir ohnehin nicht möglich, nicht zu verkrampfen. Ich gab mein bestes, aber ich wusste, dass es nicht funktionieren würde und so musste ich da herumgestanden haben, mich so gut ich konnte zur Musik bewegend, die Lippen zusammengepresst und schweigend. Doch ich hatte so eine Ahnung, dass er es nicht dabei belassen würde.

Und damit sollte ich vollkommen Recht behalten. Ich überlegte mir gerade, wie wunderbar der Abend doch hätte verlaufen können, wäre ich weiterhin inkognito oder zumindest in dem Glauben geblieben, es zu sein, als er plötzlich einen Schritt auf mich zumachte. Das veränderte meine Lage grundliegend. Plötzlich spürte ich mich eingespannt in ein Netz aus zufälligen Berührungen, ganz deutlich spürte ich seine Hüfte, wie sie an meiner eigenen rieb, sobald er eine leichte Vorwärtsbewegung vollzog. Ich spürte seinen warmen Atem an meinem Hals, er entsendete ein Prickeln, das jede einzelne meiner Zellen zu erreichen schien. Ich roch den Geruch, den ich immer zu riechen geträumt hatte. Unnötig zu sagen, dass es ein vollkommen anderer war – er war besser noch, als alles, was ich mir hätte erträumen können und es wunderte mich keinen Deut. Unentwegt sahen mich seine Augen aufmerksam an, sogen jede meiner Bewegungen in sich auf. Das Bild hinter ihnen verschwamm vor meinen Augen. Es war … beängstigend, muss ich Ihnen sagen. Sie waren wie ein Tunnel, in den ich fiel, ohne, dass ich es hätte verhindern können. Ich kontrollierte keine einzige meiner Bewegungen mehr. Ich hätte nie geglaubt, der Knoten der Situation könne auf irgendeine Weise auch nur im Geringsten gelockert werden, doch er machte es möglich. Natürlich er, wer auch sonst. Ich fiel also in diesen Tunnel von Augen und sie zogen mich in eine Welt, in der ich mein eigenes Ungeschick und meine Unerfahrenheit vergessen konnte. Oder vielleicht kamen sie mir auch nur abhanden, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, seine Nähe zu genießen, denn diese Nähe wurde plötzlich von einer unangenehmen, zu einer ganz wunderbaren Erfahrung. Ich spürte den warmen Atem, der meinen Körper plötzlich zu ungeahnten Bewegungsabläufen beflügelte. Ich glaube sogar, eine Hand um seine Taille gelegt zu haben, ich erinnere mich nicht mehr genau. Ich war einfach zu eingenommen, von seinem Gesicht, in dem jede Veränderung einfach zu köstlich und delikat war, um sie mir entgehen zu lassen. Langsam kam es meinem immer näher. Ich weiß nicht, wie es dazu kam, jedenfalls berührten sich unsere Wangen plötzlich, immer wieder. Anfangs erschrak ich noch, doch schon bald war ich begierig nach mehr dieser Wärme, wollte mit jedem Mal ein neues Gefühl beim Berühren der zarten und weichen Haut entdecken. Meine eigene Haut dagegen lag wie ein Spinnennetz über mir, bereit, jeden noch so winzigen Reiz aufzufangen, an sich zu binden und nie mehr loszulassen. Ich zuckte zusammen, als seine Lippen meine streiften – es mag nur für den Bruchteil einer Sekunde gewesen sein. Seine Hände lagen besitzergreifend auf meiner Brust, ich genoss es, dass ich es war, den er besitzen wollte. Ein zweites Mal suchten seine Lippen die Berührung mit meinen. Jede Zelle meines Körpers wünschte sie sich zurück, als sie wieder weg waren. Ich war dankbar für die Musik, die dafür sorgte, dass sie Situation nicht einfror, immer neue, aufregende Raffinessen schuf. Und dann plötzlich – hörte er auf.

Verschmitzt lächelte er mich an. Dann packte er meinen Arm und zog mich zu ihm herunter, sodass er in mein Ohr reden und ich ihn verstehen konnte. „Ich muss mal frische Luft schnappen!“ Etwas verdattert stand ich da. Alles drehte sich noch um mich herum und die neuen Eindrücke waren unter meine Haut gekrochen und da kribbelten sie nun noch immer vor sich hin. Auch mir war warm, doch ich fühlte mich so, als müsse das so sein. Ich ärgerte mich darüber, dass er dieser außergewöhnlichen Situation ein so abruptes Ende gesetzt hatte, doch ich hatte eine dumpfe Vorahnung, dass er es mit Absicht getan hatte. Und jetzt? Würde er mich einfach stehen lassen? Hatte er mich nur mal kurz lächerlich machen und sehen wollen, wie unheimlich dämlich sich ein ahnungsloser und hoffnungslos verliebter Nerd benimmt, wenn ihn sein Traummann heiß macht und ihn danach fallen lässt? Bevor ich den Gedanken weiterspinnen konnte, packte er mich am Arm und zog mich hinter sich her, vorbei an dubiosen Gestalten, aufgetakelten Mädchen und auch sonst allerlei störendem Menschengewusel. Ich fühlte mich gesichtslos, nichtig. In diesen Räumlichkeiten war ich in der Tat nichts anderes als ein pathetischer, verklemmter, kleiner Nerd. Was war hier schon ein Name, was zählte er? Er wurde plattgewalzt vom Beat der Musik und den Wogen der Freiheit.

Schließlich wehte frische Luft mir die Umnebelung von der Seele, wir waren draußen. Ich fröstelte, doch es tat gut, es ließ einen spüren, dass alles Realität war und kein warmer, fluffiger Traum. Er setzte sich auf eine Mauer und zog eine Zigarettenschachtel aus seiner Tasche. Lächelnd hielt er sie mir entgegen, doch ich schüttelte den Kopf, nicht, weil ich überzeugter Nichtraucher bin oder so, nein, einfach nur, weil ich Angst hatte, mich bei etwas, mit dem ich keine Erfahrung hatte, bis auf die Knochen zu blamieren … ich meine … noch mehr, als ich es ohnehin schon getan hatte. Ich stand neben ihm, wir sprachen nicht, aber ich genoss, dass er mich offensichtlich um sich haben wollte. Es fühlte sich nicht falsch an, zu schweigen, im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, er tat es ganz bewusst. Wie ich da so neben seiner zierlichen Gestalt stand, kam ich mir ungewöhnlich klobig und ungelenk vor. Gedankenverloren zog er an seiner Zigarette und schaute an mir vorbei auf einen unbestimmten Punkt in der Welt seiner nebulösen Gedanken, vielleicht bereits zum nächsten Wochenende. Mein Herz verließ seinen gewohnten Platz. Hatte ich ihn nun doch gelangweilt? Was konnte ich anders machen, was sagen? Während meine Synapsen auf Hochtouren liefen, war er aufgestanden. Er lächelte wieder. „Gehen wir rein“, sagte er, ich folgte ihm wortlos. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie es weitergehen sollte.

Er zog mich hinter sich her und steuerte auf die Bar zu. Er beugte sich nach vorn und sagte etwas zum Barkeeper. Zwei Sekunden später stand ein kleines Glas mit einer klaren Flüssigkeit vor meiner Nase. Ich wollte nicht ablehnen, also versuchte ich, nicht groß darüber nachzudenken und kippte das bittere Gebräu mit einem Zug hinunter. Ich versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, doch mein Auge zuckte verdächtig und er lächelte wieder. Sein Lächeln war unglaublich. Ich hätte ihn dafür entweder töten oder küssen können. Es war so, wie wenn der helle Blauton des Meeres in der Ferne unbemerkt in ein tiefes Blauschwarz umschlägt. Ich lächelte zurück und fühlte mich wie ein Affe, der seinen Zoowärter angrinst. Er redete mit einigen Leuten, alle schienen sie ihn gut zu kennen. Ich kannte keinen einzigen von ihnen, aber ich war mit ihm zusammen, er hatte mich offiziell zu seiner Begleitung gemacht und so wurde ich für sie sichtbar und ich kam mir irgendwie wichtig vor. Und ich hatte das Gefühl, dass seine Freunde es respektierten, dass er mich ausgewählt hatte und mir deshalb auf ihre Weise Respekt zollten … auch … wenn sich keiner von ihnen wirklich mit mir auseinandersetzte und ich von ihnen nicht mehr Zugeständnisse bekam, als einen flüchtigen, musternden Blick, vielleicht sogar ein ungläubiges Kopfschütteln. Im Blick eines für meinen Geschmack etwas zu gutaussehenden Kerls dessen Augen derart impertinent tiefschwarz waren, dass es einem fast den Boden ausschlug und dessen Hand ein paar Augenblicke zu lange auf seinem Rücken lag, ebenfalls für meinen Geschmack, versteht sich, glaubte ich sogar, so etwas wie Mitleid zu erkennen, aber wen kümmerte schon, was sie dachten. Er hatte sich so entschieden und das war es was zählte. Und das dachten seine Freunde wohl ebenfalls, jedenfalls fragte keiner von ihnen weiter nach.

Er redete wenig mit mir, doch er achtete darauf, dass ich ihm immer folgte und zog mich hinter sich her, sobald er ein bekanntes Gesicht in der Menge entdeckte. Ab und zu warf er mir wohlwollende und nachsichtige Blicke zu, immer dann, wenn ich nicht darauf vorbereitet war, und jeder einzelne dieser Blicke fühlte sich an wie der Himmel. Zumindest dachte ich, dass sich so wohl der Himmel anfühlen musste. Es war die größte Ehre, so aufmerksam und eindringlich von ihm angesehen zu werden, auch, wenn ich nicht sicher sein konnte, was er dachte und ich bildete mir ein, dass wir uns wortlos verstanden und dieser Blick der Beweis dafür war. Ich hatte jegliches Gefühl für Zeit verloren, ich wusste nicht, wie lange wir so zusammen waren. Eigentlich wurde ich um diese Zeit längst müde, doch mein Körper stand unter einer unermesslichen Spannung, sodass er diese Gewohnheit vollkommen ignorierte. Doch dann, plötzlich, schien es, als wäre es mit einem Mal vorbei. Er streckte sich, auf seine gewohnt lässige Art, mit der er es schaffte, seine übliche Eleganz und die Ästhetik seiner Bewegungen beizubehalten, und meinte, er hätte genug und wollte jetzt gehen. „Ok“, sagte ich etwas hilflos. Zu gern hätte ich ihn aufgehalten, ihn gefragt, ob wir uns demnächst wieder hier treffen würden. Doch wie eine immense Druckwelle flutete plötzlich der Gedanke mein Gehirn, dass es das jetzt einfach  gewesen war. Meine Ohren begannen zu rauschen und hätten es beinahe übertönt, als er sagte: „Leistest du mir noch etwas Gesellschaft?“ Meine Stimme klang nicht nach mir, als ich „Ja“, sagte und er nur kurz lächelte und sich dann umdrehte um zur Garderobe zu gehen, wo er sich seine Jacke fischte und ich es ihm gleichtat. Er machte keineswegs einen überraschten Eindruck, er schien meine Antwort erwartet zu haben. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, ihm zu sagen, es tue mir leid, aber ich sei müde und wolle jetzt lieber nach Hause gehen. Wir würden uns sicher bald wieder hier treffen, doch ich verwarf ihn, denn ich hatte Angst davor, eine einmalige Gelegenheit zu verpassen, die nie mehr zurückkäme. Im Grunde kannte ich ihn viel zu gut um Bedenken zu haben, schließlich war er für die letzten Wochen der Hauptbestandteil meiner Gedanken gewesen … obwohl ich … so gut wie nichts über ihn wusste. Vor meinem geistigen Auge erschien das Bild von ihm, wie ich ihn mir in meinen Gedanken ausgemalt hatte. Zweifellos war er hier in der Realität nicht derselbe, doch die beiden Bilder verliefen und flossen ineinander, sodass sie inzwischen untrennbar für mich geworden waren.

Es war zu spät. Wir hatten den Club bereits verlassen und die überschäumenden Wellen aus Eindrücken waren verebbt. Jetzt gab es plötzlich nur noch uns beide. Ich hatte das Gefühl, jeder von uns könne jetzt nur noch den jeweils anderen wahrnehmen und ich fühlte mich mit einem mal nackt. Gott, ich hatte das Gefühl, als müsste ich irgendetwas sagen, ihn für mich gewinnen und gleichzeitig kam es mir so vor, als käme es ihm gar nicht darauf an. Im Dunkeln sah sein Gesicht menschlich aus, gar nicht mehr überirdisch, doch das machte es nicht weniger schön. Seine Augen leuchteten mich an, ich schaute zu Boden.

Tja und dann sind wir in ein Taxi gestiegen. Sagen Sie, schließen Sie schon? Wenn nicht, dann könnte ich ihnen noch erzählen, wie wir zu ihm gefahren sind. Haben Sie noch etwas Zeit? Oh gut, wissen Sie, sind wirklich ein guter Zuhörer. Ehrlich, es müsste viel mehr Leute wie Sie geben! Und viel mehr Whisky. Apropos … hätten Sie noch einen für mich?