Dunkle Magie
Als das Gelände immer steiniger wirde, seine Füße unter der Last seines Gepäcks langsam nachzugeben drohen und die Sonne unbarmherzig auf seinen Kopf scheint, wandern Riffs Gedanken zurück zu dem Tag, an dem er sich auf das ganze Unternehmen eingelassen hatte.
Er hatte damals in der Taverne zum Schwanenschweif gesessen und die geringe Heuer seines letzten Törns verprasst. Im Gegensatz zu dem, was der Name vermuten lies, handelte es sich hierbei um eine Spelunke der übelsten Sorte. Was anderes hätte er sich auch nicht leisten können.
Der Tabakrauch hing in dunklen Schwaden unter der Decke und die leichten Mädchen, die ihre nackten Körper mit den Überresten der Schwanenfederfächer verdeckten, um die männlichen Besucher zu erregen und zu verleiten mehr ihres Geldes aus ihren Beuteln zu verschenken, als sie wollten, waren nur noch schemenhaft zu erkennen.
Verträumt folgte er mit seinen, vom Rauschgift schweren Augen, den lasziven Bewegungen hinter dem Vorhang aus Rauch und kippte die letzten Schlucke namenlosen Alkohols in seine ausgedörrte Kehle.
Den ganzen Abend hatte er hier verbracht und seine Heuer, die er sorgsam hatte hüten wollen, war auf einige, wenige Kupferpfennige zusammengeschmolzen. Und dies schon am Ende des ersten Tages.
Sein Vater hatte Recht behalten, so wie er immer Recht behalten hatte. Er konnte weder den Verlockungen dieser Welt widerstehen, noch konnte er mit Geld umgehen. Aber daran hatte er sich schon gewöhnt. Die Taschen waren leer und der Kreislauf würde von vorne beginnen.
Eine Gelegenheit etwas Geld zu verdienen würde sich immer auftun für jemanden wie ihn.
Solchen Gedanken nachhängend, schreckte ihn der kalte Windzug auf, der das Öffnen der Tür noch so spät am Abend kund tat. Die kalte Luft von draußen drängte sich in den Raum und sorgte in den Schwaden an der Decke für Bewegung zum Zeichen dafür, dass der Mief der Straße den Mief des Lokals verdrängte.
Gleich nach dem Luftzug sorgte die Bewegung des Neuankömmlings für weitere Turbulenzen im grauen Grau des Tabaknebels. Vorsichtig, aber sich dennoch gehetzt um blickend, bahnte sich die Figur ihren Weg zur Mitte der Spelunke.
Riff hatte konnte einen kurzen Blick auf das Gesicht erhaschen und bahnte sich ebenfalls einen Weg weiter in den Raum hinein. Diesen Blick kannte er nur zu gut. Er bedeutete vorhergegangenen Ärger. Und das lies sich fast immer irgendwie zum eigenen Nutzen verwenden.
Auch dieses Mal hatte ihn sein Gespür nicht betrogen. Kaum hatte der Mann eine Position erreicht, in der er mit seiner Stimme fast jeden in der überfüllten, viel zu lauten Spelunke erreichen konnte, begann eine Geschichte vorzutragen. Riff konnte sich nicht mehr genau daran erinnern.
Er wusste nur noch, dass darin ein alter Zauberer vor kam, der seit Jahrzehnten Männer in einer ländlichen Gegend entführte. Die genaueren Details verloren sich in den Nebeln von Rauschgift und Alkohol, mit denen er seine Gedanken auf eine Auszeit geschickt hatte.
Tatsache war jedoch, dass es sich um einen einfachen Auftrag zu handeln schien und dass Riff, wie immer, dringend Geld brauchte und ihn angenommen hatte.
Kaum hatte er seine Stimme erhoben und seine Zustimmung in den Raum gebrüllt, als der Fremde, nun sichtlich erleichtert, auf ihn zu geschritten kam, ihn am Arm packte und ihn sofort mit sich in die Dunkelheit der Straße zog.
Schnell waren sie unterwegs gewesen und hatten rasch die Rationen des alten Mannes verzehrt. Im nächsten Dorf, durch dass sie kamen hatte ihm der Mann einen neuen Umhang, ein paar Wanderstiefel, einen Rucksack, eine Schlafrolle und Rationen spendiert, die angeblich bis zum Ende seiner Mission reichen sollten. Als er diese durch gezählt hatte, hatte sich ein zufriedenes Grinsen auf Riffs Gesicht geschlichen. Unter normalen Umständen würde er nur zwei oder drei Tage bis zum Ziel seiner Reise brauchen und weitere drei zurück. So schnell hatte er sein Geld noch nie verdient.
Riffs Blicke wandern wieder einmal zurück zu seinem Begleiter. Er schien jünger zu sein, als sein recht stattlicher, mittlerweile grauer Bart vermuten lies Trotzdem gehört er nicht mehr zu den jungen, die eine tagelange Reise durch das Gebirge einfach ignorieren können. Immer wieder fällt er zurück und die Abstände zwischen Riff und seinem Begleiter werden größer und größer und die Pausen, die Riff dem alten geben muss, werden länger und länger. Riffs Gedanken haben sich schon wiederholt damit beschäftigt, den alten Mann einfach auszurauben, das Geld an sich zu nehmen und den Kadaver den Vögeln des Gebirges zu überlassen. Der Mann, der dies zu ahnen schien, hatte ihn jedoch darauf hingewiesen, dass er kaum noch Geld bei sich trug und das Riff nach Erledigung des Auftrags von den Dorfbewohnern als Held gefeiert werden würde. Riff wollte schon immer ein Held sein. Helden wurden bewundert. Sie bekamen immer die schönsten Frauen. Ausserdem bekamen Helden so viele Sachen geschenkt. Riff mochte Geschenke, Riff mochte alles, was er geniessen konnte und wofür er nichts zu tun brauchte. Das war auch der Hauptgrund, warum er den Alten noch nicht umgebracht hatte. Dieses eine mal wollte Riff derjenige sein, der alles geschenkt bekam.
Der Mann steht wieder einmal vor ihm auf einer Kuppe. Riff lässt ihm immer einen kleinen Vorsprung, damit er nicht wieder so schnell auf ihn warten muss.
Langsam schlurfend, setzt Riff einen Fuß vor den anderen und schiebt sich so bedächtig den Hang empor und neben den alten. Riff beobachtet ihn. Eine Aura der Zufriedenheit strahlt von seinem Gesicht aus. Der Wind schmiegt den weißen Mantel eng an die hagere Gestalt, die sich auf den Wanderstab stützt und das Tal überblickt. Laut schnaufend winkt dieser ihn zu sich. Riff, froh über diese Pause, stolpert neben ihn und lässt sich mit bedächtig geübtem Stöhnen zu Boden sinken. Sollte der alte Sack doch merken, dass ihm langsam die Lust verging.
Kurzzeitig tauchen Zweifel auf der Stirn seines Gegenüber auf, aber seine Stirn befreit sich ebenso schnell wieder von diesen Fältchen.
Behäbig umfasst er mit einer Geste den gesamten Talkessel. Dies ist unser Ziel. Dort hinten, der Mann zeigt in Richtung des gegenüberliegenden Hanges, wo ein paar kleine Hütten zu sehen sind, ist das Dorf, aus dem ich stamme. Ein kurzes Zögern folgt. Und dieser Weg dort führt uns zu unserem Ziel. Der Mann zeigt auf einen kleinen, hauptsächlich durch Tiere ausgetretenen Pfad, der in das nächste Tal führt.
Riff beschließt den alten einfach stehen zu lassen und seine Aufgabe möglichst schnell hinter sich zu bringen. Je schneller der Auftrag erledigt war, um so schneller könnte er sich als Held feiern lassen. Doch gerade, als er zum Spurt den Hang hinunter ansetzen will, fühlt er die Berührung einer Hand auf seiner Schulter. Beim Blick nach hinten treffen seine Augen auf die wissenden Blicke des alten Mannes.
Mein Sohn, ich weiß, dass du es nicht abwarten kannst, dir deinen Ruhm zu verdienen, trotzdem sollten wir zusammen gehen. Du kennst dich hier nicht aus und du kennst auch den Zauberer nicht. Ich werde mit dir kommen und wir werden der Gefahr gemeinsam trotzen.
Resignierend muss sich Riff eingestehen, dass der Alte Recht hat. Selbst wenn er den Weg in das Tal zur richtigen Stelle fand und den Scharlatan erschlug, brauchte er den Alten immer noch, um seine Heldentat vor dem Dorf zu bezeugen.
Seufzend nickt Riff und winkt seinen Führer nach vorne.
Höre mich an, beginnt der Alte langsam seine Belehrung, als sie das Tal erreicht haben.
Du wirst nun vorausgehen, da ich im Kampf gegen den Zauberer keinerlei Chancen habe, du hingegen schon. Ich werde kurz hinter dir sein, aber dir nur noch indirekt den Weg weisen können. Deswegen will ich dir nun auch verraten, was du gleich erblicken wirst. Folge diesem Weg nur tapfer weiter in das kleine Tal hinein. Nach einiger Zeit wirst du Statuen entlang des Weges sehen. Das sind die Helden des Dorfes aus früheren Tagen. Nutze sie wenn du musst ruhig als Deckung, so können selbst die Schatten ihrer selbst noch helfen. Irgendwo zwischen diesen Statuen wirst du ein kleines Podest finden. Auf eben diesem ruht eine Kugel aus Glas schwarz wie die Nacht. Bringe diese Kugel an dich und zerschmettere sie. Damit müsste seine Macht gebrochen sein. Doch hüte dich vor ihm selbst. Du wirst ihn an seiner schwarzen, mit Silber bestickten Robe erkennen. Er wird einen kleinen, funkelnden Zauberstab schwingen, aus dem er Blitze schleudern kann. Gehe ihm, wenn du kannst, aus dem Weg und kümmere dich um die Kugel. Ist die Kugel zerstört, ist seine Macht dahin. Und nun geh.
Mit diesen Worten und einem kräftigen Schlag in den Rücken begann Riff endlich seinen Weg zum Ruhm. Die Worte des Alten hatten ihn kurzzeitig in Angst versetzt. Zauberblitze hören sich , auch wenn man nicht daran glaubt, gefährlich an. Doch im Verstecken und Schleichen war Riff schon immer gut gewesen. Durch das Tal zu schleichen und die Kugel zu zerstören würde einfach werden.
Tatsächlich war auch alles genau so, wie es der Reisende beschrieben hatte. Etwa zehn Minuten des Weges entlang in das Tal, erst hier und da, dann immer häufiger stehen Statuen seitlich des Weges. Männer, Frauen, Kinder, jeglichen Alters und jeder Statur. Mit kurzen Sätzen verschwindet Riff erst hinter einem dicken Händler, dann einem Ritter und schließlich hinter einer gewaltigen Frau mit Nudelholz. Kurzzeitig schweifen seine Gedanken ab. Wenn sie einer Frau mit einem Nudelholz schon eine Heldenstatue verehrten, dann würden sie von ihm doch gewiss auch eine anfertigen, wenn er seine Heldentat vollbracht hatte. Schon sieht er seine Statue vor seinem inneren Auge. Triumphierend, wissend, überlegen. Gewaltsam reißt er sich von dieser Vorstellung los. Ein kurzer Blick nach Hinten gewährt ihm Gewissheit, dass sein Begleiter ihm folgt, wenn auch wesentlich langsamer und ungeschickter. Aus dem Augenwinkel heraus, macht er das Podest ausfindig. Der Mann hat übertrieben. Es handelt sich um einen Marmorsockel, der etwa einen Fuß hoch ist und der fast im hohen Gras der Sommerwiese verschluckt wird. Auf ihm ruht jedoch, wie von seinem Begleiter erwähnt, eine etwa faustgroße, schwarze Kugel, die jegliches Licht zu verschlucken scheint. Allein der Anblick lässt Riff die Haare zu Berge stehen und er lehnt sich erst einmal an die Statue eines schlacksigen Müllers. Seine Blicke schweifen über die offene Wiese und bleiben immer wieder an der Kugel hängen. So einfach konnte es doch wirklich nicht sein, oder doch?
Nun, wenn er weiter nur hier herum stehen würde, würde er sich seinem Ruhm keinen Schritt nähern. Noch einmal tief Luft holend setzt Riff zu einem kurzen Sprint an, der ihn zur Kugel tragen würde.
Riff schnellt aus seiner Deckung.
Mit dumpfen, leisen Trommelschlägen, setzen seine Füße auf dem Boden der dichten Wiese auf. Das Gras rauscht, als sich der Stoff seinen Weg zwischen den einzelnen Halmen hindurch bahnt. Er ist kaum ein Dutzend Schritte weit gekommen, als hinter ihm ein Schrei ertönt.
Riff wirft sich zu Boden. Ein blauer, stechend Heller Blitz zerreißt die Luft über ihm und hinterlässt einen stechenden Geruch nach Ozon.
Den Kopf wendend, erblickt er den Magier, der sich, wie vor kurzer Zeit er selbst, hinter einer Statue versteckt hatte.
Auf allen Vieren kriechend, setzt er seinen Weg langsam fort. Immer weiter weg vom Magier, immer näher zur nachtschwarzen Kugel.
Ab und zu hinterlässt ein Blitz eine Leuchtspur in der Luft, oder zieht eine Furche durch den Boden, doch kommt keiner Nahe genug um wirklich gefährlich zu sein.
Näher und immer näher kommt er dem Podest. Den Geschmack des Sieges schon auf der Zunge schiebt er sich weiter vor...
Und stößt auf die Überbleibsel einer gepflasterten Straße. Seinen Kopf aus dem Gras erhebend späht er die Umgebung ab. Sein Glück hat ihn im Stich gelassen. Weiß einer der Götter, was sich die Erbauer dieser ganzen Anlage dachten, als sie sie erschufen. Die frisch gefundene Straße zieht sich in einem Kreis einmal um die ganze Anlage. Und das Podest mit der Kugel befindet sich in der Mitte. Wie er es auch anstellt. Er wird gesehen werden.
Oder auch nicht.
Riff wartet einige Zeit, bis er den Alten hinter sich hört, der langsam seiner Spur gefolgt ist. Ein kurzes Fluchen und ein zischen eines Zauberblitzes später, befindet sich Riff auf der anderen Seite des Rundgangs.
Wer hätte gedacht, dass ihm der alte Sack noch einmal so nützlich sein würde.
Grinsend macht Riff sich daran die letzten paar Meter zu seinem Ziel zu robben.
Der Zauberer, seinen Fehler, offensichtlich einsehend, sendet Blitz um Blitz aus.
Stechender Ozongeruch beginnt den Duft von frischer, schwerer Erde, von warmen Gras und von Blumen zu überlagern.
Spannung baut sich auf, so dass von Blüte zu Blüte kleine Funken fliegen. Riffs Haare stehen senkrecht von seinem Körper ab, während er sich auf dem Boden wälzt um dem Wüten zu entgehen.
Mit einem verzweifelten Satz, kommt Riff auf die Beine und spurtet in Richtung Kugel.
Blitze zischen an seinem Kopf und seinen Beinen vorbei, reißen Brandspuren in seine Kleidung und versengen seine Haare.
Fass diese Kugel nicht an, oder es wird das Letzte sein, was du jemals tust. und ein paar weitere Blitze folgen ihm die letzten Sprünge zu der Kugel.
Drei Schritte.
Zwei Schritte.
Einen Schritt.
Geschafft. Riff beugt sich hinunter und entreißt die Kugel ihrem steinernen Bett.
Triumphierend hebt er sie über seinen Kopf. Mit Siegesgewissheit in seinem Blick konfrontiert er den Zauberer, dessen Blick nun beim Anblick der Niederlage stumpf und gebrochen ist.
Du Narr. Du bist ja so ein Narr.
Die Worte werden leiser und leiser.
Riff muss sich anstrengen um noch etwas verstehen zu können.
Schließlich ist es still. Der Zauberer sagt nichts mehr.
Halt nein das ist falsch. Die Lippen des Zauberers bewegen sich noch.
Riff beugt sich vor, um noch etwas verstehen zu können.
Vielmehr versucht er es.
Sein Körper gehorcht ihm nicht.
Panisch flitzen seine Augen hin und her.
Seine Haut färbt sich langsam grau.
Die Gefühle Schwinden.
Die Sonne ist nicht mehr warm.
Der Wind nicht mehr kalt.
Das Licht wird dunkel.
Sein Körper wird fest und steif.
Die Augen blitzen noch einmal kurz mit Erkenntnis auf und werden grau und stumpf.
Riff hat sich unter die Statuen der Helden gereiht.
Genau wie er es gesehen hat.
Mit zum Triumph erhobenen Händen, überlegend lächelnd und mit noch gar keiner Ahnung, was ihm widerfahren wird.
Der Wind bahnt sich seinen Weg zwischen den Statuen im Tal.
Außer dem Gras werden nur die Mäntel zweier Männer von ihm bewegt.
Er gibt eine schöne Statue ab, meint der Mann mit dem weißen Mantel.
Stimmt. Das muss ich dir zugestehen. Ich möchte wissen, wo du diese Trottel immer auftreibst, erwidert der Mann in schwarz.
Das ist mein Geheimnis. Nicht umsonst steht es schon neunundvierzig zu sechsunddreißig. Noch einen und ich habe unser kleines Spiel gewonnen, alter Freund. Wieder einmal.
Der Mann in schwarz seufzt. Ich weiß, aber noch habe ich nicht verloren. Und ich habe die Hoffnung wenigstens einmal gegen dich zu gewinnen.
Der Wind weht weiter und wiegt das Gras und die Blumen im Takt einer unhörbaren Melodie.
Die Sonne scheint und die Vögel singen im Chor.
Alles zur Feier des Ruhms und Glanzes der stummen und tauben Helden, deren Zahl unerbittlich wächst.
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Hmmm forbidden Donut - DOH!!!
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Ein Mann ist nur so viel Wert wie sein Wort!
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Treffen sich zwei Planeten im All. Meint der eine zu dem ander "Mensch, du siehst aber schlecht aus." Antwortet dieser "Ja, ich hab Homo Sapiens". Daraufhin der erste "Ouch, aber mach dir nichts draus, hatte ich auch mal -- geht schnell vorbei."
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