Stellungnahme des ASTA's Hannover bald rechtsfreier Raum??? Vollversammlung der von der Schließung bedrohten Juristen und Pressekonferenz des MWK
Die Studenten des Fachbereichs Rechtswissenschaften an der Universität Hannover haben mit einem zahlreichen Erscheinen eindrucksvoll ihr Interesse am Fortbestand ihres Studienganges am Standort in der niedersächsischen Hauptstadt bestätigt. Die immer lauter werdenden Gerüchte um die Auflösung dieses für eine Volluniversität wesentlichen Fachbereichs haben den Fachschaftsrat Jura dazu veranlasst, zur Vollversammlung am 16.7. einzuladen. Dieser Einladung kamen über 300 Studierende nach. Die Juristen sollen den massiven Sparmassnahmen der niedersächsischen Landesregierung (40 Millionen im gesamten Hochschulbereich) zum Opfer fallen. Damit gäbe es in Niedersachsen nur zwei Ausbildungsstätten für Juristen, nämlich Osnabrück und Göttingen. Josef Lang, Staatssekretär im MWK, gab zu diesen Spekulationen Anlass, als er den Standpunkt des Landesrechnungshofes publik machte, Hannovers Juristenausbildung sei mangelhaft. Angesichts der großen Beliebtheit, die Hannover noch vor den beiden anderen Standorten bei Studenten genießt, sei diese Entscheidung fragwürdig, so Torben Klant vom Fachschaftsrat Jura. Bernd Oppermann, Dozent und Prodekan am Fachbereich, befürchtet, dass, so wörtlich Niedersachsen zu einem Riesen mit Spatzenhirn degenerieren solle. Den Vorschlag einiger Redner auf dieser Versammlung, doch lieber andere, eher technische Fachbereiche zu schließen, unterstützen wir als AStA nicht. Eine Volluniversität muss selbstverständlich eine breitgestreute Ausbildung anbieten. Es sei denn, eine Volluniversität wäre von Seiten des MWK und des Präsidiums der Universität Hannover überhaupt nicht mehr gewollt. Diese und andere konkrete Informationen erwartete sich der AStA auf der Pressekonferenz des MWK. Wissenschaftsminister Stratmann, der Präsident der Universität Hannover, Ludwig Schätzl, sowie Staatssekretär Josef Lang informierten während der Landespressekonferenz im niedersächsischen Landtag ebenfalls am 16.7. die interessierte Öffentlichkeit. Jedoch äußerten sie sich nicht konkret über die Zukunft von Fachbereichen, sondern machten vielmehr klar, dass kein Studiengang garantiert werden könne. Es gäbe keine Tabus. Endgültige konkrete Entscheidungen, welche Fachbereiche eingespart werden sollen, werde ein Arbeitskreis der Landeshochschulkonferenz in Zusammenarbeit mit dem MWK bis Anfang September erarbeiten. Diese Sparmassnahmen sollen nicht wie gehabt mit dem Rasenmäherprinzip, also an allen Hochschulen und Fachbereichen gleichermassen, durchgeführt werden, sondern zu eben erwähnten Fachbereichsschließungen führen. Stratmann betont, das Positive in dieser krisenhaften Situation sei, dass Probleme, die man zu lange mit sich herumgeschleppt habe, nun abgeschafft werden könnten. Das legt nahe, Jura, Architektur und auch Sozialwissenschaften in Hannover würden ein Problem darstellen. Wenn ein Wissenschaftsminister sein Ressort so einstuft, muss man sich frage, ob er dafür geeignet ist. Auch wurde unmissverständlich von Stratmann klargemacht, wohin die Reise im allgemeinen für die niedersächsischen Studenten hingehen soll. Sie müssten sich, so Stratmann, daran gewöhnen, sich endlich auch nicht mehr nur dem nationalen Konkurrenzkampf gegen die gut ausgestatteten süddeutschen Universitäten zu stellen, sondern sich auch in der internationalen Konkurrenz zu behaupten. Flexibel und mobil, ohne diese Eigenschaften würde es im Studium nicht mehr gehen. Eigenschaften, die mit dem nötigen Kapital im Rücken, wie es die Sprösslinge der Besserverdiener haben, realisierbar sind. Eigenschaften, die allerdings Kinder aus finanziell schwachen und bildungsfernen Schichten aufgrund des fehlenden finanziellen Backgrounds nicht zu realisieren in der Lage sind. Ihnen und den Studenten, die ihren Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen, wird so ein Studium unmöglich gemacht und sie werden von den Universitäten verdrängt. Diese auf einseitige Ausbildung und unsoziale Bildungsbedingungen abzielende Entwicklung muss gestoppt werden, bevor es zu spät ist!
HAZ-Artikel zur Jura-VV und den Kürzungen allgemein
Niemand sagt uns, wie es weitergeht“ Tausende von Studenten sind verunsichert: Die Sparbeschlüsse des Landes bedrohen ihre Studiengänge – und das Renommee der Universität.
Hannover bald rechtsfreier Raum?“ Es ist ein Wortspiel, das Studenten auf ein altes Bettlaken geschrieben haben. Doch die rund 400 angehenden Juristen, die sich gestern im Hörsaal 003 auf dem Conti-Campus drängelten, sind nicht zu Scherzen aufgelegt – sie sorgen sich um die Zukunft ihres Fachbereichs und um ihr Studium. Seit die Sparpläne der Landesregierung bekannt geworden sind, überschlagen sich die Gerüchte. Die juristische Fakultät, heißt es, stehe auf der Streichliste. Viele der 17 Fachbereiche sind verunsichert. Architekten und Landespfleger bangen um ihren Bestand, Sozialwissenschaftler, aber auch die Bauingenieure rechnen mit drastischen Kürzungen. Doch wen es tatsächlich trifft, darüber schweigt Universitätspräsident Ludwig Schätzl.
Auch auf der Vollversammlung der Jura-Studenten erscheint kein Vertreter des Präsidiums. „Nicht mal eine Absage haben wir bekommen“, sagt Torben Klant vom Fachschaftsrat und ist empört. „Wir wollen endlich Klarheit haben, was uns erwartet.“ Niemand sage, wie es weitergehe. Schon jetzt fragten viele Schulabgänger nach, ob es sich noch lohne, ein Jura-Studium in Hannover zu beginnen. Und Examenskandidaten seien besorgt, dass sie bei Bewerbungen um einen Job als Kandidaten eines „Fachbereichs auf Abruf“ künftig schlechtere Karten haben könnten. „Das schadet doch dem Ruf der gesamten Hochschule“, meint der Jurastudent.
Die Studenten kritisieren, dass Uni-Präsident Schätzl sich bisher bedeckt gehalten hat, was die landesweiten Sparauflagen für die hannoversche Uni bedeuten. Die Präsidenten anderer niedersächsischer Hochschulen wie Göttingen, Braunschweig oder Osnabrück dagegen hätten längst im Namen ihrer Unis gegen die Sparpläne protestiert. „Das ist unerträglich. Wir werden ganz bewusst im Ungewissen gelassen“, meint Jörn Leidecker, der als Studentenvertreter dem Senat der hannoverschen Hochschule angehört.
Und er erhält nicht nur Beifall von den Kommilitonen. Auch die Jura-Professoren, die zu der Versammlung am Fachbereich erschienen sind, klopfen energisch auf die Hörsaalbänke. Mit der Kritik am Präsidenten möchte sich in aller Deutlichkeit zwar niemand nach vorne wagen. Doch am Rande der Veranstaltung wird deutlich, dass der Ärger über die Informationspolitik groß ist. Von der zur Debatte stehenden Schließung des Fachbereichs habe man erst aus der Zeitung erfahren, heißt es.
Schätzl, der auch Vorsitzender der Landeshochschulkonferenz ist, gibt zur gleichen Zeit im Landtag mit Wissenschaftsminister Lutz Stratmann eine Pressekonferenz zur Sparstrategie an den niedersächsischen Hochschulen. Erst auf Nachfrage äußert er sich später auch zum Standort Hannover – erstmals seit Bekanntwerden der landesweiten Sparpläne. 250 der insgesamt 2500 Stellen der Uni müssten „langfristig“ eingespart werden, erklärt Schätzl. Davon würden 100 an einen „Pool“ abgegeben, den alle 27 Hochschulen des Landes bestücken sollen.
„Es gibt aber noch keine Entscheidung, welche Fächer geschlossen werden“, sagt Schätzl. Bis Ende August würden Gespräche mit dem Ministerium geführt. Erst danach könne er genauer sagen, welcher Fachbereich in welchem Umfang von den Kürzungen betroffen sei. Zu der Zukunft der Juristen will er sich noch nicht verbindlich äußern. „Wenn ich mich vor den einen Fachbereich stelle, fragen die anderen, warum ich das bei ihnen nicht auch tue.“ Bei den Verhandlungen mit dem Ministerium werde es aber in jedem Fall eine „positive Rolle“ spielen, dass die Rechtswissenschaftler bei der Zahl der Bewerbungen pro Studienplatz landesweit vorn lägen.
Juraprofessor Diethart Zielinski bezweifelt, ob es sich lohne, bei den Rechtswissenschaftlern zu sparen. Die 26 Professoren und die meisten der 25 Mitarbeiter des Fachbereichs seien unkündbar – und in den kommenden Jahren würden kaum mehr Stellen frei. Auf der Studentenversammlung präsentiert Zielinski Zahlen über das Sparpotenzial des Fachbereichs – mit dem Ergebnis, dass erst im Jahr 2013 „wirklich etwas zu holen“ sei.