Junge Union fischt am rechten Rand
Anlässlich der "Denkschrift" der "Jungen Union Sachsen und
Niederschlesien" mit dem Titel "Ein Wert für sich: Deutschland"
erklären der Leiter der Projektgruppe Rechtsextremismus beim
SPD-Parteivorstand Niels Annen und der Juso-Bundesvorsitzende Björn
Böhning:
Zum wiederholten Mal meldet sich eine Untergliederung der Union mit
extrem nationalistischen Parolen zu Wort. Nach der Solidarisierung der
Jungen Union mit Martin Hohmann und der Einladung an die rechtsextreme
Partei "Pro Köln" präsentiert nun die "Junge Union Sachsen und
Niederschlesien" einen bemerkenswerten Beitrag zu der von Angela
Merkel ausgerufenen Patriotismus-Debatte. Bemerkenswert, weil hier in
aller Öffentlichkeit hinreichend bekannte Argumentationsschemata der
extremen Rechten aufgegriffen werden.
In dem Papier behaupten die Jung-Konservativen, das Selbstverständnis
der Deutschen sei "das eines Volkes, nicht das einer politischen
Nation". Dies ist Blut und Boden-Rhetorik in seiner reinsten Form.
Auch die These, ein wesentliches Element des Selbstverständnisses der
Deutschen manifestiere sich in "der deutschen Staatsangehörigkeit nach
dem Abstammungsprinzip" ist rassistisch und wird der Realität und der
Vielfalt unseres Landes nicht gerecht. Dass der Landesverband der JU
dabei auch noch das Grundgesetz falsch zitiert, verwundert nicht,
schließlich lehnen seine Mitglieder nach eigenen Aussagen den
Verfassungspatriotismus ab.
Es ist darüber hinaus unerträglich, wie die "Junge Union Sachsen und
Niederschlesien" mit völkischem Geschichtsrelativismus die moralischen
Grundwerte der Bundesrepublik in Frage stellt. Den demokratischen
Grundkonsens des "Nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz" als
"negativen Gründungsmythos der Bundesrepublik" zu bezeichnen, ist ein
nicht hinnehmbarer Versuch der Umdeutung deutscher Geschichte. Eine
demokratische Kultur wie die der Bundesrepublik Deutschland darf und
kann einen solchen Umgang mit ihrer Entstehungsgeschichte nicht
tolerieren.
Angesichts der Wahlergebnisse der Nazis in Sachsen ist ein
Schulterschluss aller Demokraten unverzichtbar. Dabei geht es nicht
nur um die Bekämpfung rechtsextremer Parteien, sondern auch um die
Auseinandersetzung mit völkischem und rassistischem Gedankengut in der
Mitte der Gesellschaft. Hier erwarten wir klare Worte seitens der
Union und nicht das übliche Abwiegeln und Verharmlosen.
Es ist erstaunlich, welches nationalistische Gedankengut unter dem
Deckmantel der Patriotismus-Debatte in der Union hervorkommt. Die CDU
hat offensichtlich ein Abgrenzungsproblem: Die Geister, die Frau
Merkel rief, melden sich wortgewaltig aus der zweiten Reihe.