Hannovers Juristen in der Kritik
http://www.haz.de/eZeitung/2003071631297html/htmlstories/NP-2721109-16.07.2003.html
Hannovers Juristen in der Kritik
VON JULIA PENNIGSDORF
HANNOVER. An den Unis geht das große Zittern um. Das Wissenschaftsministerium will mehr als 40 Millionen Euro einsparen, ganze Fachbereiche werden eventuell geschlossen.
Besondere Verunsicherung herrscht an der juristischen Fakultät, an der zurzeit rund 2500 Studenten immatrikuliert sind. Der Grund ist ein niedersächsisches Vergleichsgutachten, das dem Fachbereich keine guten Noten ausstellt.
Die Rechtswissenschaften der Uni Hannover, die 1974 gegründet wurden und damit zu den jüngeren juristischen Einrichtungen in Deutschland gehören, schneiden dem Papier zufolge wesentlich schlechter ab als zum Beispiel die vergleichbare Fakultät der Uni Osnabrück.
Die Experten-Kommission kritisiert mangelnde interdisziplinäre Vernetzungen in Hannover, ein schwammiges Profil des Fachbereichs, schlechte Arbeitsbedingungen in der Bibliothek für die Studenten sowie unzureichende Förderung des Nachwuchses. Der Fachbereich ist gefordert, durch eine aktivere Drittmittelstrategie die Möglichkeit der Nachwuchsförderung zu verbessern heißt es in dem Gutachten.
Die Kritik trifft die für Hannover typische Vernetzung der klassischen Rechtslehre mit den Fächern Soziologie und Philosophie. Sechs Professoren sind eigens mit dem Schwerpunkt Sozialwissenschaften angestellt.
Die Begutachtung hat ergeben, dass die in ihrer Zielsetzung durchaus positiv zu sehende Integration der Sozialwissenschaften am Standort Hannover nicht produktiv erfolgt ist, sind sich die Experten einig.
Dekanin Ulrike Wendeling-Schröder hat darauf reagiert. Die Professorenstellen werden, wenn sie demnächst auslaufen, nicht wieder mit dem Schwerpunkt Sozialwissenschaften, sondern mit den klassischen Fächern, wie Strafrecht oder öffentliches Recht, besetzt, kündigte sie an. Wendeling-Schröder bezeichnete den eingeschlagenen Prozess an ihrer Fakultät als qualvoll. Wir sind aber offen für die Kritik, es gibt einen Konsens für den neuen Weg, sagte sie. Auch in der Nachwuchsförderung werde sich etwas tun. Ich verhandle mit der Hochschulleitung, dass wir Professorenstellen in Nachwuchsstellen umwandeln.
Die Stimmung an der Uni bezeichnet die Dekanin als bedrückt. Die Studenten sind völlig verunsichert, vor allem die Erstsemester. Jeden Tag erreichen mich Anrufe von besorgten Eltern, die wissen wollen, wie es weitergeht.
Wie schätzt sie selbst die Aussichten für das Fach Jura in Hannover ein? Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie es weitergehen soll. Ich hoffe auf eine zweite Chance. Das wäre nur fair, denn wir haben auf die Kritik reagiert. Von heute auf morgen lassen sich solche Umstellungen nicht realisieren.
Wie es an Niedersachsens Unis weitergeht, bespricht Wissenschaftsminister Lutz Stratmann heute mit den Uni-Präsidenten des Landes. Konkrete Sparmaßnahmen sollen dann aber noch nicht verkündet werden. Es geht bei dem Gespräch eher um die Atmosphäre. Der Minister will deutlich machen, dass alle in einem Boot sitzen, so seine Sprecherin Ute Stallmeister.