Iran: Todesurteil für angeblichen Agenten (und Spieleentwickler)
Das Säbelrasseln zwischen dem Iran und den USA erreicht einen neuen, traurigen Höhepunkt. Das Revolutionsgericht in Teheran hat den angeblichen Agenten Amir Mirza Hekmati
(28) zum Tode verurteilt. Hekmati, der neben der US-Staatsbürgerschaft
auch einen iranischen Pass besitzt, war zu Besuch bei seinen Großeltern,
als er bereits vor Weihnachten verhaftet wurde. Der Vorwurf: Hekmati
soll mit einem dem Iran feindlich gesinnten Land kooperiert und
spioniert haben.
Was in der Berichterstattung vieler Medien nicht immer klar wird:
Der Vorwurf gründet sich auch auf die Tatsache, dass Hekmati
Spieleentwickler ist. Er wirkte an der Kriegsspielsimulation Kuma\War des New Yorker Entwicklerstudios Kuma
mit. Damit soll er nach Ansicht des iranischen Gerichts mitgeholfen
haben, US-amerikanische Hetze gegen den Iran zu verbreiten. Vor allem
soll sich der ehemalige US Marine aber auch aktiv der Spionage schuldig
gemacht haben. Er sei demnach von US-Militär und -Geheimdienst
ausgebildet und beauftragt worden, sich beim iranischen Geheimdienst
anzudienen und iranische Staatsgeheimnisse auszukundschaften.
Das genannte Episodenspiel (das zumindest hierzulande so gut wie
unbekannt ist) enthält tatsächlich eine Missionsserie namens "Assault on
Iran", die sich unter dem Eindruck der langjährigen politischen
Spannungen fiktiv mit einem möglichen Kampfeinsatz der USA im Iran
beschäftigt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass das Spiel von
der CIA in Auftrag gegeben und finanziert wurde, um die öffentliche
Meinung im Nahen Osten zu manipulieren. Das Spiel hatte tatsächlich
großen Zuspruch insbesondere im Nahen Osten gefunden, wie der Entwickler
aufgrund seiner Downloadstatistiken feststellen konnte. Dass das Studio
im Rahmen eines anderen Projekts Geld vom US-Verteidigungsministerium erhalten hat (nicht aber von der CIA), dürfte ebenfalls zum Urteil beigetragen haben.
Hekmati hat alle gegen ihn erhobenen Anschuldigungen öffentlich im
iranischen Fernsehen eingestanden. Der Wahrheitsgehalt dieser
TV-Geständnisse wird in großen Teilen der Berichterstattung jedoch
angezweifelt. Laut Bericht von Spiegel Online beklagt sich
zudem der Vater des Angeklagten, der als College-Professor in Flint
(Michigan) arbeitet, dass keine Aussicht auf einen fairen Prozess
bestanden hätte. Kein Anwalt wäre demnach bereit gewesen, seinen Sohn
ordentlich zu verteidigen. Lediglich ein staatlich berufener
Pflichtverteidiger wäre ihm zur Seite gestellt worden. Auch die
US-Regierung will die Freilassung des Entwicklers und forderte den Iran
auf, Schweizer Diplomaten den Zugang zu Hekmati zu ermöglichen.
Um der drohenden Hinrichtung zu entgehen, bleibt Hekmati nicht mehr
viel Zeit. Sollte es zu keiner Neuverhandlung kommen, wird ein
Todesurteil üblicherweise 20 Tage nach der Urteilsverkündung
vollstreckt. Wann genau diese Frist ablaufen wird, ist derzeit nicht
bekannt. Ob der Vorwurf der Spionage überhaupt stimmt, ist fraglich:
Die Gerichtsbarkeit im Iran gilt im Westen nicht als unabhängig, weder
Staatsbürgern noch Ausländern gegenüber. Unter anderem steht der Iran im
Ruf, über Gerichtsurteile (wie etwa der 15monatigen Inhaftierung des
deutschen Hochseeanglers Donald Klein 2005/2006) politische Drohgebärden
an andere Staaten zu senden.
GamasutraKotakuSpiegel Online