Mein Kind ist Tot - Dies und Das

Verlustängste

Verlustängste

Wie siehts bei euch mit den Verlustängsten aus.
Bei mir ist es so
Wenn Jessie schon mal Feiern geht, (was Gott sei Dank nicht sehr oft vorkommt)kann ich kaum schlafen, bis sie wieder zuhause ist.
Jordan geht schon mal nach der Arbeit zu Freunden, ist ja eigentlich kein ding, aber ich sitze dann hier, und werd immer nervöser. Ist es denn zuviel verlangt, das er kurz Bescheid sagt, das er später kommt. 
Cathy und Jerome sind jetzt in dem Alter, wo sie auch schon mal alleine auf dem Spielplatz gehen. Ich weis ja, das es für die Selbstständigkeit der Kinder wichtig ist, aber mir bereitet es immer Bauchweh.
Wie sieht es bei euch damit aus? Geht es nur mir so? Übertreibe ich?

Re: Verlustängste

Liebe Gerdi,
schön, dass du das Thema hier mal zur Diskussion stellst. Wie ich dir bereits am Telefon sagte quält mich die Frage danach, ob mein Verhalten normal ist, schon seit langer Zeit. Mein Psychiater ist ja der Meinung, mein Verhalten sei unnormal, ja fast schon pervers. So hat er es wörtlich bezeichnet.
Meine ständige Angst um Marcus ist so groß. Klar, er ist schon 26 Jahre aber ich kann ihn einfach nicht loslassen. Seit Stefan seinem Tod ist die Angst, ich könnte auch Marcus verlieren, mein ständiger Begleiter. Ich will ihn nicht auf Schritt und Tritt "kontrollieren" aber einmal am Tag eine Nachricht, dass alles in Ordnung ist sollte schon drin sein. Das schlimme ist ja, dass Marcus 400 km von mir entfernt wohnt.
Über Weihnachten war Marcus bei uns in Essen. Ich war der glücklichste Mensch der Welt, dass ich ihn 24 Stunden am Tag bei mir hatte.
Meine Liebe zu Marcus ist seit Stefan seinem Tod noch viel, viel größer geworden.

Re: Verlustängste

Ich kann euch sehr gut verstehen.

Mir geht es so mit meinen Neffen vor allem mit meinem Patenkind dem mittelern Sohn meines Bruders. Wenn Tobi dann bei mir ist bin ich total glücklich, doch weiß ich das er nach Solingen fährt rufe ich dann immer später bei meiner Schwägerin an und frage ob er gut angekommen ist. Er ist ja Berufssoldat, nun war er Weihnachten ja bei uns. Da er am zweiten Feiertag Dienst hatte und somit ist er nicht nach Hause nach Solingen gefahren. Als er da war hat er mit erzählt, das er vielleicht nächstes Jahr nach Afghanistan muss, er kommt nicht drum rum wenn er die Unteroffizierlaufbahn fertig machen möchte, ich hätte fast angefangen zu heulen, wenn ihm  da was passiert, man liest so viel. Doch Tobi meinte es wäre noch viel schlimmer  und es würde sehr viel vertuscht, damit die Bevölkerung ruhig ist. Ich habe echt Angst wenn er dahin muss, es reicht doch schon das meine Bruder nicht mehr bei uns ist. Und meine Schwägerin erst die muss ja Todesängste aushalten wenn er wirklich nach Afghanistan abkommandiert wird.

Komisch bei den Geschwistern von Lena habe ich wieder überhaupt keine Angst, vielleicht weil es bei Lena kein Unfall oder so war sondern einfach Ihr Leben. Da hat eher meine Schwiegertochter unheimlich Angst, z.B. wenn die Kids mal fallen und auf dem Kopf landen, da bekommt sie die Krise, da irgendwas ist, da finde ich dann wieder einfach nur normal. Doch wenn mein Neffe auf der Autobahn ist bekomme ich die Krise.

Iris

Re: Verlustängste

Hallo Gerdi

Ich denke nicht das es übertrieben ist...... es ist nun mal so. Man hat Angst einfach nur Angst...wieder ein Kind oder eine nahe stehende person zu verlieren.
Es ist nicht einfach loszulassen.....dieses Problem habe ich auch im mom. Da Tati auch sehr oft mit Freundinnen unterwegs ist.
Da kam es auch schonmal vor das sie nicht an ihr Handy ging usw.
Und ich bin dann auch immer ausgeflippt zuhause und bin schon rumgefahren um sie zu suchen.

Also was ich einfach sagen möchte das ich dich voll und ganz verstehn kann.

drück dich



Re: Verlustängste

Tja, liebe Gerdi, meine Ängst kennst du ja bereits. Ich schicke oft SMS mit irgendwelchen Fragen, damit ich Antwort von meinen erwachsenen Kindern bekomme. Und im Grunde genommen bin ich sehr froh, dass Veronika die meiste Freizeit bei ihrem Freund verbringt und Wohnung bastelt oder Hausfrau spielt, denn das finde ich gefahrloser als das ständige Herumgasen mit einem Rudel Freunde. Damit will ich sagen, dass ich da relativ leicht loslassen konnte und sie nicht ständig bei mir haben muss weil mir dieser Zustand (eine feste Bindung) lieber ist als das lockere Herumfeiern irgendwo. Aber ich glaube diese Verlustängste haben auch Eltern die noch kein Kind verloren haben.

Re: Verlustängste

Mir geht es auch nicht anderes...

@Margit, liebes ich weiss nicht ob eine Angst im unserem Fall pervers sein kann... und warum dein Arzt so was sagt, aber für mich ist die Angst auf jeden Fall verständlich.

Ich kann mir nicht verstellen, dass ein Psychiater/in ohne das gleiche erlebt zu haben sich in unsere Lage versetzen kann. Ich denke sie sollen auf jeden Fall viel Verständnis und Mitgefühl aufbringen und sehr behutsam sein... nur so können sie  uns, wenn wir, so zusagen mit unserer Angst etwas "übertreiben" helfen...

Vielleicht denke ich auch falsch, ich war noch nie bei einem Psychiater ... und ich kann dir nicht sagen ob das richtig ist oder falsch, jeder sucht sein eigenen Weg das Geschehene zu verarbeiten und mit dem unersätzlichen Verlust fertig zu werden, wenn das überhaupt je möglich sein wird.

Ich habe auch Angst, wenn Daniel unterwegs ist... habe Angst, wenn er seine Schlüssel vergisst und Nachts klingeln muss, dann klopft mir mein Herz bis zum Hals und ich fühle mich, wie gelähmt und kann dann lange nicht einschlafen... habe panische Angst, wenn Nachts Telefon klingelt, habe Angst und kann nicht schlafen, wenn Daniel Sonntags in die Kaserne nach Karlsruhe fährt, dann warte ich bis er mir eine SMS schickt, das er gut angekommen ist.

Jetzt ist Daniel in Kosovo und ich habe Angst und bette jeden Tag, dass er heil nach Hause kommt... und kann schon wieder nicht schlafen...   




Ojuna mit Temuschin im Herzen