Miriams Familienkiste - Kurze Gutenachtgeschichten/Kinderreime,Saisonbedingt Weihnachtsgeschichten

Die Gans

Die Gans

Die Gans aus der Stadt.



In einem kleinen Dorf nahe einer großen Stadt gab es einen kleinen Bauernhof. Auf dem lebten viele verschiedene Tiere zusammen. Es gab hier Hühner und einen stolzen Hahn, ein paar Schweine, eine Kuh und einen Ochsen, eine Katze, einen Hund und eine Schar Gänse. Alle verstanden sich gut und waren mit ihrem Leben hier auf dem Hof zufrieden.

Aber eines Tages brachte der Bauer eine neue Gans mit auf den Hof. Er hatte sie aus der Stadt mitgebracht. Sie lebte bis jetzt bei einer Dame in der Wohnung, doch die Dame zog weg und gab die Gans dem Bauern. Der Gans gefiel das überhaupt nicht, sie gagte und schnatterte, aber dem Bauer war das gleich. Er setzte sie mitten auf den Hof und sagte: "So. Das ist nun dein neues Zuhause." Dann ging er fort.

Die Gans war sehr hochmütig. Sie stand mit hoch erhobenem Schnabel da, als wolle sie auf alles herab sehen. Es dauerte auch nicht lange, da kam die Schar Gänse und wollte sie in ihre Mitte aufnehmen. Die älteste Gans hieß sie willkommen und lud sie ein mit ihnen allen ein paar Körner zu picken, denn mit vollem Magen fühlt man sich gleich viel besser. Die Gans war empört. Sie sagte: "Ich soll Körner vom dreckigen Boden picken? So etwas tun Stadtgänse nicht." Die anderen Gänse wußten nicht so recht was sie davon halten sollten. Sie ließen sie stehen und gingen Körner picken wie sie es immer taten.

Jetzt kamen die Hühner zu der Stadtgans. Der stolze Hahn lud sie ein mit ihm und seinen Hühner zusammen ein paar Körner zu picken und vielleicht findet sie ja auch einen Wurm. Doch die Gans antwortete: „Was? Ich soll Würmer picken? So etwas tun Stadtgänse nicht." Hahn und Hühner gingen also ohne die Gans zum Würmerpicken.

Nun kamen die Schweine zur Stadtgans. Sie grunzten freundlich und luden sie ein mit ihnen aus ihrem Trog zu fressen und vielleicht ein kleines Schlammbad zu nehmen. Die Stadtgans war außer sich. Sie schnatterte hochmütig: „Was? Ich soll mit Schweinen aus einem Trog fressen? So etwas tun Stadtgänse nicht." Die Schweine gingen dann ohne die Gans zum Trog.

Darauf kamen Kuh und Ochse zur Gans. Sie luden sie ein mit ihnen auf die Weide zu gehen und etwas Gras und frische Kräuter zu zupfen. Die Stadtgans aber antwortete: " Ich soll mit euch ungewaschenes Gras zupfen? So etwas tut eine Stadtgans nicht." Die Kuh und der Ochse gingen darauf allein auf die Weide.

Zu guter Letzt kamen nun noch Hund und Katze zu der Gans. Sie luden sie ein mit ihnen aus ihren Näpfen zu fressen. Doch die Gans antwortete wieder: "Ich soll mit euch aus Näpfen fressen? So etwas tut eine Gans nicht." Hund und Katze gingen also auch wieder und die Stadtgans blieb allein zurück. Sie stand hochmütig mitten auf dem Hof und hielt ihren Schnabel hoch. Als es Abend wurde kamen alle Tier noch einmal zur Gans und die älteste der Hofgänse fragte sie: "Du bist doch bestimmt hungrig? Was tut denn eine Stadtgans wenn sie Hunger hat?"

Darauf antwortete sie: "Eine Stadtgans läßt sich das Essen auf einem Teller servieren und sitzt dabei an einem schön gedeckten Tisch."

Darauf hin fingen alle Tiere an fürchterlich zu lachen, denn so etwas dummes hatten sie noch nicht gehört. Eine Gans die sich für eine Menschen hält. Das war zu komisch.

Alle Tiere gingen jetzt in ihre Ställe, denn die Nacht brach herein und es wurde kalt.

Die Gans war auch müde und sie fror entsetzlich, dazu kam der Hunger, denn sie hatte ja den ganzen Tag alles das ihr die Tiere angeboten hatten abgelehnt. Sie saß nun Mutterseelenallein mitten auf dem Hof und zitterte. Halb vor Kälte und Halb vor Angst, denn sie war ja noch nie im Dunkeln alleine Draußen. Alle anderen Tiere lagen in ihren Ställen und hatten schon ein wenig Mitleid mit ihr. Bald merkte die Stadtgans, das ihre Angst nicht unbegründet war, denn sie hörte auf einmal aus einer Ecke des Hofes merkwürdige Geräusche. Zaghaft rief sie in die Richung "Hallo! Ist dort jemand?" und tatsächlich bekam sie eine Antwort. "Oh Ja. Hier ist jemand. Darf ich mich vorstellen. Ich bin der Fuchs." Und schon kam die Gestalt aus dem Dunkel zu ihr auf den Hof.

Die Gans war wie vom Blitz getroffen und traute sich kaum noch Luft zu holen. Wie gern wäre sie jetzt bei den anderen Gänsen im Stall.

Der Fuchs sagte leise "Ich habe dich schon den ganzen Tag beobachtet. Eine so hochmütige Gans wie du hat keine Freunde die ihr helfen. Deshalb wird es ein Leichtes für mich sein dich zu fangen und zu fressen. Schon holte der Fuchs zum Sprung aus, als plötzlich alle Tiere des Hofes anfingen einen fürchterlichen Lärm zu machen. Aus Sorge um die Stadtgans konnten sie nicht einschlafen. So hatten sie alles mit angehört. Der Lärm weckte den Bauern auf und der verjagte den Fuchs sogleich mit seiner Flinte. Damit hatte der Fuchs nicht gerechnet. Er rannte wie der Wind in den Wald. "Der kommt nicht so schnell wieder." sagte die alte Gans "Wir möchten dich immer noch bei uns aufnehmen, aber du mußt uns versprechen, das du nie wieder so hochmütig bist."

Die Stadtgans versprach das nur zu gern und war von nun an eine Hofgans wie die anderen. Und sie war jetzt sogar sehr froh darüber.

Lg Miriam

Das Leben liebt mich in dem Maße,wie ich das Leben zu lieben vermag.
Carpe Diem