interviews und presseberichte
mach schoin wieder einen neuen thread auf..
weil die ausgrabungen haben echt an übersichtlichkeit verloren...
wäre schön wenn wir hier alles derart reinpacken..
patty hat wieden ein frisches interview gefunden:
Xavier Naidoo: Ich sorge mich um Deutschland
Interview mit dem Sohn Mannheims, der im Februar und März durch die Hallen und Stadien der Republik tourt
An Xavier Naidoo scheiden sich die Geschmäcker. Für die einen ist er die Lichtgestalt der deutschen Popmusik. Andere halten ihn für einen musikalischen Bibelverkäufer. Tatsache ist: Naidoo ist mit insgesamt vier Millionen verkauften Tonträgern der erfolg-reichste deutsche Popstar der letzten Jahre, der als Vertreter einer jüngeren Generation angetreten ist, in der Oberliga neben Grönemeyer oder Westernhagen seinen Platz einzunehmen. Ob als Solo-Künstler, mit den Söhnen Mannheims oder dem Projekt Brothers Keepers: Naidoo geht mit einem individuellem Stil zwischen Soul, RnB und HipHop unbeirrt seinen eigenständigen Weg. Im Februar und März 2006 absolviert er eine Solo-Tournee mit 28 Konzerten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Am 14. März gastiert Naidoo in der Würzburger S.Oliver Arena. Im Gespräch berichtet er, wie es zum Titel der neuen Platte Telegramm für X kam, warum er sich für ein weltoffenes Deutschland einsetzt und was die Fans auf den Konzerten erwarten dürfen.
Herr Naidoo, die neue Platte heißt Telegramm für X. Wer ist X und was steht im Telegramm?
Naidoo: X das ist der erste Buchstabe meines Vornamens, X steht auch für unbekannt. Der Inhalt des Telegramms, das sind die neuen Songs auf der Platte, in die ich meine ganze Liebe, aber auch Wut, Ängste und jede menge Besorgnis rein gesteckt habe. Somit ist das neue Album auch als ein Telegramm, als eine Botschaft an mich selbst zu verstehen.
Von welcher Botschaft sprechen Sie?
Naidoo: Dass man in sich reinhören sollte, dass man immer den Weg zu sich gehen sollte. Und nicht zu sehr auf das achten, was von außen auf einen reinprasselt. Sich mit den Dingen auseinander setzen, die in einem drin sind. Im Falle von Telegramm für X war das auch sehr viel Besorgnis um Deutschland?
Warum sorgen Sie sich um Deutschland?
Naidoo: Der Weg, den dieses Land einschlägt, bereitet mir Sorgen. Und es macht mich wütend, wenn ich Politiker wie Herrn Koch, den Ministerpräsidenten von Hessen höre, der davon redet, dass Deutschland ein Konkursfall sei. Das ärgert mich schon sehr, weil es nicht stimmt. Weil ich mich in meiner Arbeit immer dafür eingesetzt habe, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen, dass sich die Menschen einander die Hände reichen. Ich habe die Befürchtung, dass wieder Ausgrenzungen vorgenommen werden.
War das auch der Grund, warum Sie sich an der Kampagne Du bist Deutschland beteiligt haben?
Naidoo: Ich habe da mitgemacht, weil ich gegen Rassismus bin, weil ich dafür plädiere, dass die Menschen zusammenrücken sollen, im Sinne von Sich-näher-kommen, dass man ehrlich miteinander umgehen soll. Das beinhaltet auch, dass man ehrlich mit den Menschen in diesem Land umgeht. Und das sehe ich in der augenblicklichen politischen Lage nicht. Leider ist das auch in den USA so: Die Wiederwahl von George Bush lässt mich manchmal an der Demokratie zweifeln.
Besorgnis bereitet einigen Fans auch, die Entwicklung, die der HipHop, eine Musik, der sie nahe stehen, genommen hat. Was halten Sie von Kollegen wie Bushido?
Naidoo: Klar, diese ganze Aggro-Schiene aus Berlin muss sich in den Texten für einige krass anhören. Aber das hat man damals vom Rödelheim Hartreim Projekt auch gesagt. HipHop war schon immer so. Ich bin mit Sachen von Public Enemy groß geworden, die haben auch kein Blatt vor den Mund genommen, Gangster-Rapper wie Ice-T machten einen auf Cop Killer. Oder Eminem, der reimt ohne Rücksicht auf Verluste. Einige Sachen der Berliner sind wirklich hart an der Grenze, dieses Frauenfeindliche geht ja gar nicht an mich. Aber man sollte ihnen eine Chance geben, sich zu entwickeln. Die brauchen noch ein paar Jahre um aus ihrer Hass-Ecke rauszukommen. Außerdem waren es auch die Medien, die das Thema ziemlich groß aufgebauscht haben. Und um eine positive Nachricht zu verbreiten: Dank eines Raps von Kool Savas bin ich Vegetarier geworden.
Ist Ihr Mannheim-Patriotismus immer noch so ausgeprägt?
Naidoo: Natürlich. Ich liebe diese Stadt, ich bin dort aufgewachsen, hier leben meine Freunde. Ich mag die Leute, ihren Humor und ihren Dialekt. Und wenn ich was für diese Stadt tun kann, dann mache ich das.
Wie mit der Popakademie. Wenn Sie dort studieren würden, was würde passieren?
Naidoo: Ich würde schon in der Aufnahmeprüfung durchfallen. Was dort geleistet wird, mit welchem hohen Niveau mancher Student dort ist, da hätte ich nicht mithalten können. Zumindest am Beginn meiner Karriere nicht, ich habe ja aus meinem Hobby den Beruf gemacht. Und ich bin unglaublich faul. Somit habe ich großen Respekt vor den Leistungen der Leute, die auf der Akademie studieren.
Bob Dylan hat es getan und viele andere Stars auch. Würden Sie, bei ihrer Gläubigkeit, vor dem Papst auftreten?
Naidoo: Auf keinem Fall. Ich glaube an Gott und an Jesus Christus, aber mit der Institution kann ich mich nicht anfreunden. Ich halte das Amt, auch wenn es jetzt ein Deutscher innehat, insgesamt für fragwürdig.
Aber damit könnten Sie ihrer Rolle als Vorbild eine besondere Note geben?
Naidoo: Popstars eignen sich nicht als Vorbilder. Davon bin ich überzeugt. Eltern sollten Vorbilder sein. Aber leider funktioniert das auch nicht immer richtig. Ich hatte Glück mit meinen Eltern, sie waren aufgeschlossen und haben mir meinen Freiraum gelassen, den ich brauchte.
Auf der Tour werden Sie erstmals auch ganz große Hallen bespielen. Was dürfen die Fans erwarten, gibt es etwa ein spezielles Stage-Design?
Naidoo: Wir arbeiten noch an einem Konzept, was die optische Seite der Konzerte betrifft. Wichtiger als das, ist mir das, was zwischen den Musikern auf der Bühne passiert. Ich werde natürlich eine Band dabei haben. Vielleicht ein paar Gäste, die auch auf dem Album drauf sind. Und dann der Sound: In den großen hallen wird alles so ausgesteuert sein, das man das, was auf der Bühne passiert bis in die letzten Reihen saugut hören kann.
(Klaus Fischer)
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