laufen im schnee, da frohlockt die läuferseele. auch laden die schneeflocken zum wintertanz ein. sich so leicht zu fühlen ist eine wahre kunst. mit den händen die schneeflocken auffangen, in den noch unberührten schnee stapfen, knirscht wunderschön. erinnerungen an die kindheit werden wach. es fühlt sich geborgen und vertraut an. das herzenhören, die herzenstimmen der kindheit dürfen wir ruhig in uns spielen lassen.
der text der türe zehn gefällt mir nicht. deshalb schreibe ich ihn nicht ab.
hier was kurzes.
der zweig, der nachgibt, bricht nicht. (weisheit aus japan)
isabel
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
so, nun habe ich zum dritten mal angefangen zu schreiben. es will mir heute nicht recht gelingen. leichte, selbst eingetütete zeitnot.
der segen meines großvaters
wenn ich an den freitagnachmittagen nach der schule zu meinem großvater zu besuch kam, dann war in der küche seines hauses bereits der tisch zum teetrinken gedeckt. mein großvater hatte seine eigene art, tee zu servieren. es gab bei ihm keine teetassen, untertassen oder schalen mit zuckerstückchen oder honig. er füllte teegläser direkt aus einem silbernen samowar. man musste zuerst einen teelöffel in das glas stellen, denn sonst hätte das dünne glas zerspringen können. mein großvater trank seinen tee auch nicht so, wie es die eltern meiner freunde taten. er nahm ein stück zucker zwischen die zähne und trank dann den ungesüßten heißen tee aus dem glas. und ich macht es wie er. diese art, tee zu trinken, gefiel mir besser als die art, auf die ich meinen tee zu hause trinken musste. wenn wir unseren tee ausgetrunken hatten, stellte mein großvater stets zwei kerzen auf den tisch und zündete sie an. dann wechselte er auf hebräisch einige worte mit gott. manchmal sprach er diese worte laut aus, aber meist schloss er einfach die augen und schwieg. dann wusste ich, dass er in seinem herzen mit gott sprach. ich saß da und wartete geduldig, denn ich wußte, jetzt würde gleich der beste teil der woche kommen. wenn großvater damit fertig war, mit gott zu sprechen, dann wandte er sich mir zu und sagte: "kommer her, neshumele." ich baute mich dann vor ihm auf und er legte mir sanft die hände auf den scheitel. dann begann er stets, gott dafür zu danken, dass es mich gab und dass er ihn zum großvater gemacht hat. er sprach dann immer irgendwelche dinge an, mit denen ich mich im verlauf der woche herumgeschlagen hatte, und erzählte gott etwas echtes über mich. jede woche wartete ich bereits darauf, zu erfahren, was es diesmal sein würde. wenn ich während der woche was angestellt hatte, dann lobte er meine ehrlichkeit, darüber die wahrheit gesagt zu haben. wenn mir etwas misslungen war, dann brachte er seine anerkennung dafür zum ausdruck, wie sehr ich mich bemüht hatte. wenn ich auch nur kurze zeit ohne das licht meiner nachttischlampe geschlafen hatte, dann pries er meine tapferkeit, im dunkeln zu schlafen. und dann gab er mir seinen segen und bat die frauen aus ferner vergangenheit, die ich aus seinen geschichten kannte - sara, rahel, rebekka und lea -, auf mich aufzupassen. diese kurzen momente waren in meiner ganzen woche die einzige zeit, in der ich mich völlig sicher und in frieden fühlte.
der rest folgt später. versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen.
isabel
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
ich war in der zwischenzeit im capitol (königs wusterhausen) in dem film "anna karenina". ich bin noch ein wenig traurig gestimmt.
es geht dann mal weiter.
in meiner familie von ärzten und krankenschwestern rang man unablässig darum, noch mehr zu lernen und noch mehr zu sein. da gab es offenbar immer noch etwas mehr, das man wissen musste. es war nie genug. wenn ich nach einer klassenarbeit mit meinem ergebnis von 98 von 100 punkten nach hause kam, dann fragte mein vater: "und was ist mit den restlichen zwei punkten?" während meiner gesamten kindheit rannte ich unablässig diesen zwei punkten hinterher. aber mein großvater scherte sich nicht um solche dinge. für ihn war mein dasein allein schon genug. und wenn ich bei ihm war, dann wusste ich irgendwie mit absoluter sicherheit, dass er recht hatte. mein großvater starb, als ich sieben jahre alt war. ich hatte bis dahin nie in einer welt gelebt, in der es ihn nicht gab, und es war schwer für mich, ohne ihn zu leben. er hatte mich auf eine weise angesehen, wie es sonst niemand tat, und er hat mich bei einem ganz besonderen namen genannt - "neshumele", was "geliebte kleine seele" bedeutet. jetzt war niemand mehr da, der mich so nannte. zuerst hatte ich angst, dass ich, wenn er mich nicht mehr sehen und gott erzählen würde, wer ich war, einfach verschwinden würde. aber mit der zeit begann ich zu begreifen, dass ich auf irgendeine geheimnisvolle weise gerlernt hatte, mich durch seine augen zu sehen. und das einmal gesegnet worden heißt, für immer gesegnet zu sein.
rachel naomi remen
eine geliebte kleine seele ist wirklich was ganz besonderes. da reichen wenige augenblicke. hat man etwas im herz, spricht das auge, als sei es der mund.
isabel
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
12.12.2012, ich glaube heute wird ziemlich viel geheiratet. ein datum welches nicht unbedingt vergessen wird. bei uns, also meinem mann und mir hat auch das nichts genutzt. wir haben hochzeitstag an seinem geburtstag, als gedächtnisstütze so zusagen . er vergisst ihn, bis auf wenige ausnahmen, jedes jahr. so was nenne ich ein naturwunder.
naturwunder
eines der befriedigensten gefühle habe ich, wenn ich einen anderen auf dieselbe weise genieße wie zum beispiel einen sonnenuntergang. menschen sind genauso wundervoll wie ein sonnenuntergang, wenn ich sie sein lassen kann. ja, vielleicht bewundern wir einen sonnenuntergang gerade deshalb, weil wir ihn nicht kontrollieren können. wenn ich einen sonnenuntergang betrachte, höre ich mich nicht sagen: "bitte das orange etwas gedämpfter in der rechten ecke und etwas mehr violett am horizont und ein bisschen rosa in den wolken." das mache ich nicht. ich versuche nicht einem sonnenuntergang meinen willen aufzuzwingen. ich betrachte ihn mit erfurcht.
isabel
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
ich habe mal eben den fehlerteufel losgeschickt. wenn ich den text mehrmals durchlese, könnte das eine lösung sein, um fehler zu entdecken. muss aber nicht.
bevor ich mich nachher in das hauptstadtgewühle einreihen werde, noch kurz den text, der durch die türe 13 führt.
verbringe nicht die zeit mit der suche nach einem hindernis. vielleicht ist keins da.
franz kafka
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
leise rieselt der schnee......................... ich mag das heute nicht abschreiben, ist nicht so ganz meins. auch in der adventszeit darf es was "alltägliches" sein.
fremd und doch vertraut: die beziehung zwischen mann und frau.
sei shonagon
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
15. 12.2012, wege zum anderen
gestern abend, kurz bevor ich meinen spätdienst beenden wollte, klatschte mir doch ein auto in meinen dienstwagen tzzzzzzzzzzzz. nachdem ich die unfallstelle gesichert hatte, mit warndreieck und so, frau c. mit leuchtweste durch den schnee stampfend, die polizei benachrichtigt, meinte der typ, was ich denn hier treiben würde. er hatte zwar schon sein schuldgeständnis abgelegt, aber irgendwie fing er an, mir was vom pferd zu erzählen. nach dem motto, alles unnötig. o.k. dachte ich, wenn du das meinst, ich lasse mich nicht beirren, bleibe standfest. ich kann das gar nicht verstehen, sind männer immer so uneinsichtig, wenn sie einen unfall verursachen? nach ca. einer stunde kamen dann unsere freunde, der unfall wurde aufgenommen. das übliche prozedere. mitlerweile zum eiszapfen mutiert, meine verabredung abgesagt, hörte ich den unfallverursacher sagen, die dame hat gut reagiert. sie hatte wohl einen siebten sinn. sie hat noch versucht, mir auszuweichen. sonst hätte es noch mehr gescheppert. da war ich doch sehr angetan. schließlich war er nicht unbedingt nett zu mir gewesen. ich habe ihm dann auch gleich verziehen. wer weiß, was er an diesem tag unschönes erlebt hat.
zehn thesen zur vergebung. (das wort these gefällt mir hier ganz und gar nicht. vergeben hat was mit gefühl zu tun, these ist gefühllos. ich habe aber noch kein ersatzwort gefunden)
vergebung kann ein langer prozess sein.
vergebung ist nicht von einem geständnis abhängig
vergebung erfordert keine übereinstimmende auffassung der vergangenheit.
vergebung bedeutet, mein recht auf rache loszulassen
vergebung bedeutet nicht vergessen
vergebung bedeutet, das unrecht nicht immer wieder zur sprache zu bringen
vergebung bedeutet nicht, das verhalten einer anderen person zu entschuldigen
vergebung bedarf vorab einer entscheidung
vergebung bedeutet nicht unbedingt, erneut zu vertrauen
vergebung ist voraussetzung für neuanfang
luxemburger kommission "justitia et pax"
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
wegen unlust überhüpfe ich gestern und heute.
isabel
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
das märchen vom glück steht hinter der türe 18. ich verzichte aufs abtippen. vielleicht hat jeder von uns sein eigenes märchen vom glück schon erlebt.
ich habe aber ersatz gefunden.
die verkündung
im zug, direkt neben mir, das elend-fröhliche digitalpiepsen eines handys, und du weißt, jetzt wirst du die seite nicht in ruhe zu ende lesen können, du wirst mithören müssen, wo die unterlagen im büro gesucht werden oder warum die sitzung auf nächste woche verschoben ist oder in welchem restaurant man sich um 19 uhr trifft, kurz, du bist auf die unüberhörbaren schrecknisse des alltags gefasst - und da kramt der junge mann sein apparätchen aus der tasche, meldet sich und sagt dann laut: " nein!- wann? gestern nacht? und was ist es? - ein bub? - so herzig! - und wie geht es janett? - so schön!- sag ihr einen gruß, gell! - wie? - oliver? ....." und über uns alle, die wir in der nähe sitzen und durch das gespräch abgelenkt und gestört werden, huscht ein schimmer von rührung, denn soeben haben wir die uralte botschaft vernommen, dass ein kind geboren wurde.
isabel
Re: Ja, ist denn heut schon ...???
ich finde, wortgeschenke sind nicht jahreszeitgebunden. wortgeschenke durchströmen jederzeit dein herz. sie sind individuell, intensivieren gefühle, klingen tagelang nach. verbinden wir wortgeschenke mit berührung, vergessen wir raum und zeit.
isabel
wortgeschenke
im advent will ich wörter verschenken. kleine, ganz handfeste - denn manche wörter sind viel zu schade, um sie nur zu sagen. ein stück festen karton, einen buntstift: mehr brauche ich nicht, um eine karte voller frohsinn zu malen. ich stelle sie meinem mann vor einem anstrengenden tag vor den badezimmerspiegel. der gestressten kollegin lehne ich muße an den bildschirm. für meine tante schneide ich pappbuchstaben aus und schicke ihr gesegnete weihnachten in bunten farben, sie puzzelt so gerne. vielleicht mache ich mir selbst auch ein geschenk, lege gelassenheit auf meinen nachttisch. denn manchmal macht ein einziges wort einen tag hell.