Hip-Hop und Smoking passen nicht zusammen
Hip-Hop und Smoking passen nicht zusammen
POP: Das Musiker-Kollektiv Zeichen der Zeit trifft im Schwetzinger Schloss unglücklich auf eine Festveranstaltung von St. Thomas
Von unserem Mitarbeiter Steffen Groß
Wenn man gute Dinge zusammenbringt, wird auch das Ergebnis gut sein. Könnte man meinen. Stimmt aber nicht. Den Gegenbeweis lieferte das Konzert des christlichen Musiker-Kollektivs Zeichen der Zeit im Rokoko-Theater des Schwetzinger Schlosses. Dieser erste Liveauftritt der Combo seit Veröffentlichung des Albums "David Generation" war kombiniert mit dem Festakt zum 30. Geburtstag des Vereins St. Thomas. Die Zusammenstellung war ein Experiment. Und das ging schief.
Der Reihe nach: St. Thomas ist ein Verein, der drei Nachsorge-Einrichtungen für psychisch Kranke in Heidelberg, Schwetzingen und Graben-Neudorf unterhält - immer mitten im Zentrum. Der Standort ist Programm: Die Bewohner der Häuser sollen nicht vor den Augen der "normalen" Menschen weggeschlossen und entmündigt werden, sondern am Leben teilnehmen mit so viel Freiheit wie möglich.
Mittlerweile seit dreißig Jahre schwimmt St. Thomas gegen den Strom der althergebrachten Psychiatrie. Jetzt sollte gefeiert werden: im Schwetzinger Schloss. In Abendgarderobe, was die geladenen Gäste anging, in gedämpfter Lautstärke und mit Reden, Sekt und Stil. Auch mit Patienten im Publikum, mitten im Leben.
Dabei hätte es bleiben können, und ein Verein mit einem wichtigen Anliegen hätte eben sein Fest gefeiert. Aber als Stargäste waren Zeichen der Zeit verpflichtet worden und daher etwa 300 der 450 Zuhörer keine geladenen Gäste, sondern reguläre Konzert(!)-Besucher, die wenig bis nichts vom Vereinsfest ahnten und gut 40 Euro bezahlt hatten. Fans, die sich freuten auf das erste Konzert des christlichen Musikprojekts um Allee der Kosmonauten, Oli Banjo, Cassandra Steen (Glashaus) oder Danny Fresh von W4C und vor allem Xavier Naidoo. Letzterer war auf der Bühne nicht dabei, aber das jüngst erschienene zweite Album "David Generation" trägt seinen Stempel.
Da trafen also ein engagierter, von vielen anwesenden Honoratioren geförderter Verein, eines der kreativeren Pop-Projekte der letzten Zeit, dessen Fans und der historische Rokoko-Saal mit Stuck und Stühlchen aufeinander. Smoking begegnete Jeans und T-Shirt. Jüngere und ältere Damen und Herren neben Teenies bekamen Drumbeats, Gitarrensalven und Rap serviert. Drei Stücke nur, dann kam der nächste Redebeitrag.
Kurzum: Die geladenen Gäste wurden von Zeichen der Zeit bestenfalls gut unterhalten, oft irritiert oder gar schnell in die Flucht getrieben. Die Musiker mühten sich mit bewundernswerter Energie, aus der Situation das Beste zu machen. Und vielen im Publikum dürfte es gegangen sein wie Yvonne, die wegen Oli Banjo und Danny Fresh extra aus Stuttgart gekommen war: Irritiert, aber tapfer hielt sie den Kopf oben, musste sich schließlich aber dann doch fragen: Und dafür 40 Euro bezahlen?
Mannheimer Morgen
19. Dezember 2006
Quelle: www.morgenweb.de
...da erspare ich mir doch in vorweihnachtlicher Stimmung mal gnädigerweise jegliche zynische Kommentare...
"doch wenn ich arm bin, habe ich nur meine träume. die träume breite ich aus vor deinen füßen. tritt leicht darauf, du trittst auf meine träume." (William Butler Yeats)