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Propheten-Kopf im Speisenaufzug: «Salome» in Köln

Propheten-Kopf im Speisenaufzug: «Salome» in Köln

Köln (dpa) - Das blutige Haupt des Propheten Jochanaan wird auf dem Silbertablett mit dem Speisenaufzug geliefert. Und Salome vergnügt sich mit Teig in der Küche. Für derartiges Szenario zeichnet Schauspielerin Katharina Thalbach in ihrer Inszenierung von Richard Strauss' «Salome» verantwortlich, mit der die Oper Köln die neue Spielzeit eröffnete.

Das Publikum quittierte die nicht immer sehr appetitlichen Szenen bei der Schlussverbeugung des Regieteams mit deutlichen Buhrufen, die allerdings von engagiertem Applaus überlagert wurden. Der von vielen erwartete Theaterskandal aber blieb aus. Dafür sorgten nicht zuletzt die vorzüglichen musikalischen Leistungen, die unter dem Dirigat von Markus Stenz am Pult des Gürzenich-Orchesters der Aufführung Glanz verliehen.

Denn Katharina Thalbach und ihr Bühnenbildner Momme Röhrbein hatten dem Ensemble vielseitige Auftrittsmöglichkeiten verordnet. Sie versetzten Herodes & Co. in die hochmodern ausgestattete unterirdische Küche eines mit Sandsäcken bewehrten Gebäudes. Luftige Treppen führen zu beiden Seiten empor auf eine zur Verteidigung eingerichtete Balustrade. Dort versammeln sich Araber, Römer und Juden unter Bewachung durch Kalaschnikows zu dem von Textdichter Oscar Wilde vorgesehenen Palaver, klettern herab in die Küche oder lauschen den Verwünschungen des aus der Tiefe heraufgeholten Weissagers.

Zwischen Küchenutensilien spielen sich auch die Verführungskünste der Salome ab, wobei der Sieben-Schleier-Tanz vor den Augen des Stiefvaters (Josef Protschka) in erster Linie mit Abtrockentüchern und mit Teigzutaten wie Milch, Mehl und rotem Kirschsaft vollzogen wird. Da dem ursprünglich lüsternen Herodes daraufhin verständlicherweise die übliche sabbernde Geilheit verloren geht, muss seine Gattin Herodias (Dalia Schaechter) schließlich das Signal zur Enthauptung des Propheten geben.
Dank der Aufzugstechnik wird sein Kopf denn auch zur rechten Zeit auf den Küchentisch geliefert, auf dem sich die Königstochter inzwischen liebevoll einen Teigpenis geformt hat.

Ob die Regisseurin damit dem Kern der Oper und deren Anspruch gerecht geworden ist, mag dahin gestellt bleiben.

Ich habe mir das Stück angesehen und kann dieser Kritik nur wärmsten beipflichten.
Man wurde in eine hochmodernen Edelstahleinbauküche in Saddam Husseins Bunker versetzt. In deren Mitte stand ein riesiger Eßtisch, auf dem Salome, als Köchin verkleidet, mit Hilfe von Geschirrtüchern und einem Mehl-Milch-Kirschsirup-Gemisch einen unappetitlichen Mischmasch fabrizierte, mit dem sie sich rhythmisch aber unerotisch beschmierte. Die hervorragenden Stimmen der Akteure retteten über diesen Abend.

Fotos dieser Aufführung folgen in Kürze in der Theater-Sektion.