Perspektive Kosova - Privatisierung & Investitionen

Scharf und sicher, made in Kosovo (22.02.2010)

Scharf und sicher, made in Kosovo (22.02.2010)

Im Kosovo werden Paprika und Gurken für den österreichischen Markt angebaut, für österreichische Banksafes wird dort Software entwickelt. Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit unterstützt diese Projekte.

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Als er 1993 nach Wien kam, nahm Astrit Hyseni ein paar Goldmünzen und ein Album mit Fotos aus seiner Kindheit und von seiner Familie mit. Das Fotoalbum und die Goldmünzen sperrte er in einen Safe in einer Bank in Wien. "Im Kosovo wusste man damals nie, was passieren würde", erzählt er. Dann studierte er Informatik an der TU Wien und spezialisierte sich später auf Software zur elektronischen und biometrischen Steuerung von Safes.

"Früher, in den James-Bond-Filmen, da ist einer in den Keller der Bank gegangen, um an das Schwarzgeld ranzukommen. Ein Bankbediensteter hatte einen Schlüssel, damit war die erste Sperre geöffnet, man selbst hatte den zweiten Schlüssel, das war die zweite Sperre. Mit unserer Software geht man jetzt in den Keller, legt den Finger ins Fingerlesegerät, die elektronische Bargeldgittertür öffnet sich, und dann kann man mit dem Schlüssel aufsperren. Und dann kommt man auch zu seinem Schwarzgeld", erzählt Hyseni scherzend

Software für 600 Filialen

Astrit Hyseni arbeitet für die Firma Wertheim. Die Safesoftware entwickelt er aber im Kosovo, in einem Land, wo Bargeld eher nicht in Banksafes gebunkert wird. Die Software wird aber mittlerweile in 600 Bankfilialen in Österreich eingesetzt. Dass ausgerechnet im Kosovo Sicherheitstechnik für Österreich entwickelt wird, ist auf eine mutige Entscheidung von Wertheim und die Unterstützung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (Ada) und der in Wien ansässigen Economic Iniative for Kosovo (Eciks) zurückzuführen. Die Ada finanziert das Projekt mit knapp 40 Prozent des Gesamtauftragswerts von 300.000 Euro.

Hyseni ist 2005 zurück in den Kosovo gegangen. Wegen der "Herausforderung und aus Heimatverbundenheit", sagt er. Er mag das "kreative Chaos" dort. Zunächst hat er mit seiner Firma Rrota ("das Rad") Comics herausgegeben, heute beschäftigt er 24 Leute. Durch das Softwareprojekt wurden sechs Arbeitsplätze geschaffen. Andere Wiener Firmen wollen nun auch im Kosovo ihre Websites entwickeln lassen. Das Fotoalbum mit den Erinnerungen an seine Kindheit hat der heute 37-jährige Hyseni aber noch immer im Safe in Wien liegen.

Eciks sucht Projekte und Investitionsstandorte im Kosovo und bringt sie mit österreichischen Investoren zusammen, auch um "durch ausländische Direktinvestitionen einen Beitrag zur Armutsminderung im Kosovo leisten", sagt Eciks-Chef Kujtim Dobruna. Die kosovarischen Bauern, erklärt Dobruna, hätten es etwa besonders schwer, weil sie nicht mit den hochsubventionierten Agrarprodukten und Nahrungsmitteln, die aus der EU importiert werden, mithalten können.

Der Vorteil an dem Modell: Die Politik schneidet an den Aufträgen - wie sonst so oft im Kosovo - nicht mit. Mittlerweile wurde auch ein Investitionsschutzabkommen abgeschlossen. Das größte Hindernis für Auslandsinvestitionen ist aber das Image des Kosovo. In Österreich ist es besonders schlecht, auch durch die Debatte um Arigona Zogaj.

Grundloser Negativruf

"Der Negativruf ist grundlos", sagt Peter Pfluger. "Aber das ist die Mentalität der Österreicher." Pfluger lässt seit 2007 Gemüse in der Nähe von Prishtina anbauen. "Die hatten dort schon Routine vom Paprika her. Und dann haben wir noch ein bissl was mit Gurken und Pfefferoni probiert", erzählt Pfluger. Der rote und gelbe Paprika wird teils im Kosovo verarbeitet, teils in Lassee in Niederösterreich, wo Pfluger sein Unternehmen hat. Das Gemüse kann bei Billa und Merkur, die Salzgurken im Zielpunkt gekauft werden. Jährlich lässt Pfluger mittlerweile 500 Tonnen Paprika im Kosovo anbauen, das Projekt wird von der Ada mit 200.000 Euro unterstützt.

Pfluger arbeitet mit Tahir Kokollari im Kosovo zusammen. Früher seien die Bauern oft mit nur 30 Kilo Paprika 50 Kilometer zu Kokollari gefahren. Mittlerweile werden nur größere Mengen genommen. "Am Anfang habe ich 20 bis 30 Prozent meiner Gesamtproduktion im Kosovo gemacht. Heuer möchte ich 50 bis 60 Prozent unten anbauen lassen", sagt Pfluger. Und Kokollari hat sein Unternehmen im Kosovo Etlinger genannt aus Reminiszenz zu Österreich, weil er hier früher bei einer Firma namens Etlinger gearbeitet hat.

(Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2010)

Quelle: der Standard.at