Maffay Begegnungen Kiel
Die Früchte einer langen Ernte
Kiel Wie Staatsfahnen hängen acht Leinwände im Kreis über der drehbaren Rundbühne in der Hallenmitte, gestatten einen knackscharfen Blick in das entschlossene Antlitz des tatfreudigen Gute-Sachen-Machers Peter Maffay. Die Faust siegesbewusst gen Himmel gestreckt, stemmt er sich wie ein Fels gegen die Jubelbrandung der euphorisierten Fans in der ausverkauften Ostseehalle.
Denn das soziale Engagement Peter Maffays ist nicht nur ein Lippenbekenntnis. Die mehr als dreistündige Marathonveranstaltung legt ein monumentales Zeugnis seines Versuchs ab, ein weltweites Netzwerk für Kinder zu schaffen. Die 14 Künstler aus 13 Ländern vierer Kontinente, die Maffay für sein Projekt "Begegnungen eine Allianz für Kinder" gewinnen konnte, sind heute bis auf die kapverdische Sängerin Cesaria Evora allesamt dabei.
Stars in ihren Ländern, die hierzulande, vielleicht bis auf die ukrainische Grand Prix-Gewinnerin Ruslana, weitgehend unbekannt sind. Ein Wagnis, das Peter Maffay da eingeht. Fans, die alte Hits hören wollen, können bisweilen auf Neuerungen sehr verschnupft reagieren. Nicht so die Maffay-Fans. Ob die Wave-Rock-Songs der Chinesin Chen Lin, die rhythmisch verhältnismäßig quere afghanische Rocknummer von Farhad Darya, die hammerharten Punjab-HipHop-Partykracher der indischen Brüder RDB oder der hebräische Gospelpop von Tsipi Mashid, die Leute bleiben sitzen, hören zu, versuchen zu verstehen.
Allerdings macht es ihnen das Maffaysche Rockkorsett auch leicht. Die gradlinigen, technisch hochwertigen, aber insgesamt ziemlich finesselosen Arrangements schnüren mit dem turmhohen Rockbrett doch so manchem folkloristischen Einflussnahmeversuch die Luft ab. So viel kultureller Reichtum hätte auch mehr stilistische und instrumentale Vielfalt verdient. Rock kann man auch dezenter einsetzen und im Zweifel kriegt der gewöhnliche Nordeuropäer auch ohne fremde Hilfe die Metren der Welt auf 1 und 3 zurechtgeklatscht.
Oft spielt Maffay an diesem Abend eine musikalisch untergeordnete Rolle. Er ist der gute Geist, der Koordinator und Motor der Sache. Manchmal singt er auch einen Song in der jeweiligen Landessprache mit, manchmal ist er Duettpartner, dann wieder zieht er sich ganz heraus. Maffay macht das ganz souverän. Pausenlos hageln Songs und Projekte auf den Zuhörer nieder, zusätzlich visualisiert durch ziemlich schön anzuschauende Kurzfilmchen im unanstößig ästhetisierten Doku-Stil. Ein solch mediales Übermaß hält die Rezeptoren auf Trab und sorgt für Kurzweil. Trotzdem, auch wenn man es ob der ehrenhaften Anständigkeit der Projekte gar nicht zugeben mag: Deren Vorstellungen haben bisweilen ihre Längen.
Dass die Ränge in der Ostseehalle auch nach mehr als drei Stunden noch dicht geschlossen sind, ist eine beachtliche Respektsbekundung Maffay und den internationalen Künstlern gegenüber. Dafür gibt's dann zur Belohnung mit Halt dich an mir fest auch noch ein lupenreines Maffay-Stück. Von Manuel Weber