Richtgeschwindigkeit
Wer auf Autobahnen die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h
überschreitet, haftet bei einem Unfall unter Umständen mit,
auch wenn er sonst den Unfall nicht verschuldet hat. Das geht
aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Im Fall fuhr ein Motorradfahrer mit möglicherweise 270 Sachen über die
Autobahn - jedenfalls kam es in Höhe einer Auffahrt zu einem Auffahrunfall, bei dem eine Aufprallgeschwindigkeit
von mindestens 190 km/h festgestellt wurde. Was war passiert? Vor dem
Motorradfahrer hatte der Autofahrer von der rechten auf die linke Spur
gewechselt, um einem anderen Autofahrer die Spur zum Einfädeln
frei zu machen. Bei der Kollision erlitt der Motorradfahrer erhebliche Verletzungen sowie materielle Schäden. Er stufte seinen eigenen Haftungsanteil auf 25% ein und verlangte somit 75% des Schadens vom Autofahrer. In dem Autobahnabschnitt bestand keine Geschwindigkeitsbegrenzung.
Der Autofahrer trug vor Gericht vor, schon einige Zeit auf der linken Spur
gefahren zu sein, als sich der Motorradfahrer mit möglicherweise
270 km/h näherte; er sei jedenfalls bei ordnungsgemäßer Rückschau
nicht zu sehen gewesen. Das Landgericht Mainz und das Oberlandesgericht
Koblenz als Berufungsinstanz verurteilten den klagenden
Motorradfahrer zu einem Mitverschuldensanteil von 50%. Da keinem
Unfallbeteiligten ein Verschulden nachzuweisen sei, müsse die
Betriebsgefahr gegeneinander abgewogen werden. Hinsichtlich des
Fahrverhaltens des Autofahrers sei der bei Herannahen rückwärtigen
Verkehrs immer gefahrvolle Fahrspurwechsel zu berücksichtigen. Dagegen
stünde die Geschwindigkeit des Motorradfahrers von etwas über 200
km/h. Diese habe er zwar fahren dürfen; habe jedoch damit die Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 km/h um mehr als 70 km/h überschritten. Dies führe unstreitig zu einer Mithaftung des Motorradfahrers. Mit der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit
von rund 60% habe der Motorradfahrer ein erhebliches Gefahrenpotential
geschaffen, das sich bei dem hier in Rede stehenden Unfall auch ausgewirkt habe, denn es wäre unstreitig nicht zu dem Zusammenstoß
gekommen, wenn der Motorradfahrer die Richtgeschwindigkeit
eingehalten hätte. Die Richtgeschwindigkeit sei aber gerade empfohlen
worden, um die Gefahren herabzusetzen, die aus dem Betrieb
eines Kfz mit hoher Geschwindigkeit herrührten. Diese beruhten unter
anderem darauf, dass ein Kraftfahrer bei einer solchen Geschwindigkeit nur noch unfallfrei bleiben könne, wenn alle anderen Verkehrsteilnehmer sich absolut unfallfrei verhalten. Nach allem trage der Motorradfahrer daher einen Mitverschuldensanteil von 50%.
Quelle: kostenlose-urteile.de