The Phantom's Rose - Rollenspiel

The Phantom's Rose

Re: The Phantom's Rose

Eric wünschte sich, dass Raoul endlich still sein würde und dennoch, obwohl er alle Mittel dazu in seiner Hand hielt, brachte er ihn nicht zum Schweigen. Er hielt seinen Blick eisern auf Christine gerichtet. Es ging ihm nicht mehr wirklich um ihre Entscheidung. Wie immer sie ausfallen würde, es war keine Entscheidung für ihn. Aber es würde auch niemals eine Entscheidung ganz und gar für Raoul sein. Dieses Wissen hätte ihm ein Trost sein können, aber das war es nicht.
"Bemitleidenswerte Kreatur der Dunkelheit" flüsterte Christine und es gab ihm einen Stich bis tief in sein Innerstes, diese Worte von ihr zu hören. "Gott gebe mir die Kraft dir zu zeigen, dass du nicht alleine bist."
Sie kam auf ihn zu und dann küsste sie ihn.
Unendlich oft hatte er diesen Moment schon in seinen Gedanken erlebt, die ihn berauscht und gequält hatten, ihn nicht zur Ruhe kommen ließen und seinen Wahnsinn nährten. Aber ihr Kuss schmeckte nach Mitleid und das verdarb ihn. Er war ein Almosen, auch wenn er ihre Faszination für ihn in diesem Kuss spüren konnte. Faszination aber keine Liebe.
Er war es, der sich schließlich von ihr löste. "Geh" flüsterte er. "Nimm ihn und ghe. Schnell."
Es wirkte beinahe wie eine Flucht, als er die Treppen hoch stürzte, die zu seinen noch verborgeneren Gemächern führten. "GEHT!"
 


Re: The Phantom's Rose

Raoul wollte nicht hinsehen, wollte sich die Qual und Schmach dieses erniedrigenden Anblicks ersparen. Doch so sehr er sich auch dagegen wehrte, er konnte seinen Blick einfach nicht von Christine und dem Phantom der Dunkelheit abwenden.
Der Kuss zwischen ihnen schien eine Ewigkeit zu dauern. Noch während Christine langsam durchs Wasser auf das Phantom zugegangen war, hatte er geglaubt, vor Eifersucht zerspringen zu müssen. Was tat sie? Musste sie das Phantom denn gleich vor seinen Augen küssen, um ihn zu retten?
Doch was ihn endlich an diesem Bild gefangen nahm, was seinen von Tränen verschleierten Blick unwiderruflich an das grausame Geschehen fesselte, war zu seinem eigenen Erstaunen nicht Christine. Es war das Phantom. Raoul hatte alles erwartet: dass das Phantom, endlich am Ziel seiner Träume, Christine an sich reißen, sie gefangen nehmen würde mit seinem Körper, den Kuss leidenschaftlich erwidern...doch er tat nichts dergleichen. Ihr inniger Kuss schien ihn eigentümlicherweise nicht zu berühren. Konnte das wirklich sein, wo er doch jahrelang nur auf diesen einen Moment gewartet, dafür sogar gemordet hatte? Seine Haltung war starr, obwohl sein Körper, wie Raoul auffiel, unwillkürlich zitterte. Die Arme gesenkt, hielt er noch immer den Strick fest in den Händen, dessen anderes Ende Raouls Hals fest umschloss, statt Christine in die Arme zu nehmen und ihren Vertrauensbeweis mit einer erlösenden Umarmung zu erwidern. Und als das Phantom den Kuss plötzlich abrupt beendete, sah Christine ihn mit einem Ausdruck an von dem Raoul augenblicklich hoffte, dass er niemals, niemals ihm gelten würde - ohne Liebe, lediglich erfüllt von grenzenlosem Mitleid.
„GEHT!“ hörte er das Phantom rufen und seine Stimme drohte zu brechen, als er sich ohne Vorwarnung von ihnen löste und fluchtartig, wie ein gehetztes Tier die Treppen am Ende der Höhle hinauf stürmte. Christine eilte zu Raoul, löste mit flinken Fingern seine Fesseln und schloss ihn spürbar erleichtert in die Arme. Raoul zog sie an sich, spürte ihren aufgeregten Herzschlag, presste für einen kurzen Moment seine Lippen an ihr dunkles Haar. Doch seine Augen blieben über ihren Kopf hinweg unentwegt auf das fliehende Phantom gerichtet, dass sich am Ende der Treppe schließlich noch einmal umdrehte, ihm direkt in die Augen sah und seinen Wunsch wiederholte: „Geht endlich! Und lasst nicht zu, dass sie mich finden. GEHT!“


Re: The Phantom's Rose

Eric merkte nicht, wie fest seine Hände das Geländer umklammerten, während er Christine und Raoul zusah. Er hatte sich für einen Meister der Schmerzen gehalten, dem alle Verletzungen bereits widerfahren waren, aber jetzt musste er einsehen, dass er sich geirrt hatte. Die Gefühle, die jetzt in seiner Brust tobten, waren mit keinen anderen zu vergleichen und er wunderte sich darüber, dass sein gebrochenes Herz ihn noch so sehr quälen konnte. Christine verließ ihn. Der einzige Mensch, den er je in seine Nähe gelassen hatte, verstieß ihn. Er hatte so viel zu geben, da war so viel in ihm das hinaus wollte, aber er hatte von Anfang an gespürt, dass sie es nicht annehmen würde. Und jetzt bestätigte sich diese Angst aufs Grausamste.
Und Raoul... er hatte ihn gefürchtet, verabscheut und gehasst... und dennoch ... Raoul hatte ihn erkannt. Auf gewisse Weise hatte er sogar Christine noch etwas voraus, denn er war der erste Mensch, der wirklich hinter seine Maske geblickt hatte. nicht hinter die reale, die sein Gesicht halb verdeckte, sondern hinter die symbolische auf seinem Herzen. Nicht einmal Christine, für die er immer ein mystischer Engel der Musen gewesen war, hatte das getan. Nicht Christine, sondern Raoul war der erste gewesen, der einen Menschen in ihm gesehen hatte.
Und jetzt ließen sie ihn beide in seiner unendlichen Einsamkeit zurück, die ihn und alles was in ihm war, diese unentfesselten Gefühle, dieses Sehen und diese unendliche Leidenschaft verschlingen würde.

Die kleine Spieluhr war es schließlich, die das Licht seines Verstandes wieder entzündete. Unendlich erschöpft kniete er davor nieder und seine Augen klammerten sich sehnsuchtsvoll daran fest.
Er bemerkte Christine erst, als sie direkt vor ihm stand. Ungläubig sah er zu ihr auf. War sie tatsächlich noch einmal zu ihm zurückgekehrt? Aber auch jetzt wusste er instinktiv, dass es keine wirklich Rückkehr, sondern nur eine Verzögerung war. In ihrer Hand blitzte etwas auf und sie reichte ihm den Ring, den er ihr bereits einmal abgenommen und zurückgegeben hatte. Er nahm ihn mit zitternden Fingern entgegen. Fühlte sie denn nicht, dass dieses Andeken seine Qualen noch verstärkte? Für ewig würde er ihn daran erinnern, dass Christine de Chagny, geborene Daee das Glück in den armen eines anderen gefunden hatte.
Wieder ließ er sie gehen und sah ihr nach, als sie mit Raoul auf einer Barke die Höhle verließ. Die ganze Zeit sah sie sich zu ihm um, aber es war kein Trost. Rasend vor Schmerz fuhr er herum, packte einen der Kerzenständer und zerschlug den verhängten Spiegel, der ihm am nächsten war. Weiße Blitze zuckten vor seinen Augen und seine Raserei endete nicht eher, bevor er jeden Spiegel zerschlagen hatte. Der dünne Faden seines Verstandes war zerrisen und der Wahnsinn hatte Überhand genommen. Er wollte zerstören, wie er selbst zerstört worden war. Winzige Spiegelscherben drangen durch den Stoff seiner Kleidung in seine Haut, ohne dass er es wahrnahm.
 Er war gebrochen und zerstört. Sein sonst so edler und aufrechter Gang war schwer, als er sich schließlich in die Tiefen seiner Zuflucht zurückzog. Niemand sollte ihn jemals finden. Er würde hier unten sterben und dann vergessen werden. Das Phantom der oper gab es nicht mehr.

Re: The Phantom's Rose

Raouls Gedanken kamen nicht zur Ruhe, während er mit Christine auf dem Boot die unterirdische Höhle langsam hinter sich ließ. Er hatte gewonnen, das Phantom hatte ihm Christine zurück gegeben ohne ihnen beiden auch nur ein Haar zu krümmen. Sie waren frei und die lang ersehnte, gemeinsame Zukunft stand ihnen offen. Und doch vermisste Raoul etwas Entscheidendes: das Gefühl des Triumphes, die Erleichterung und den Seelenfrieden, die sich nun eigentlich hätte einstellen sollen.
Weit hinter sich, in der Höhle des Phantoms hörte er das Geräusch von klirrendem Glas. Nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder. Raoul kam nicht umhin, sich in die Seele des Phantoms hinein zu versetzen. Wie würde er sich an dessen Stelle fühlen, wenn man ihn in der dunklen Hölle der Einsamkeit zurückließe, ihm die einzige Liebe seines Lebens für immer genommen hätte? Bevor sie gegangen waren, hatte Christine ihm noch wortlos den Ring wieder gegeben, den er ihr damals beim Maskenball entrissen hatte. Er musste rasen vor Zorn und Leid, und endgültig wahnsinnig werden, ging es Raoul schließlich auf. Kein menschlicher Verstand konnte solch andauerndes Leid und grenzenlose Ablehnung auf ewig ungerührt hinnehmen. Irgendwann würde jeder dem Wahnsinn verfallen, rettungslos. Und dann war man zu allem fähig.
Als er mit Christine am Fuße der Treppe angekommen war, die sie wieder nach oben, zurück in die erlösende Wirklichkeit führen würde, hatte Raoul eine Entscheidung getroffen.
"Christine. Geh nach oben, bring dich in Sicherheit und warte dort auf mich." Er sah den erschrockenen und verständnislosen Ausdruck in ihren Augen. "Aber, Raoul. Was hast du vor? Lass ihn, bitte geh nicht zurück! Das ist Wahnsinn!" Sie sah ihn flehentlich an. Raoul zögerte für einen kurzen Moment. Sie hatte Recht. Er wusste ja selbst nicht genau, was ihn trieb. Er wusste nur, dass er seinen Seelenfrieden nie wieder finden würde, wenn er das Phantom jetzt hier unten sich selbst überließ. So lange es lebte, würde es Raoul bis in seine dunkelsten Träume verfolgen und immer wie ein bedrohlicher Schatten über seinem Glück mit Christine stehen. Nein, er hatte keine Wahl.
"Christine, versteh doch. Ich habe ihn zu oft verschont und immer wieder ist er zurück gekehrt. Wir werden niemals Ruhe finden so lange er lebt, ER wird niemals Ruhe finden..." Und ohne ihre Antwort abzuwarten wandte er sich um, ließ das Boot bei ihr und kämpfte sich seinen Weg durch die Fluten zurück zur Höhle des Phantoms.


Re: The Phantom's Rose

Eric hatte den letzten Gang versperrt, der zu dem Gewölbe führte, in dem er sich jetzt aufhielt. Auch dieser hohe Saal war von zahlreichen Kerzen erhellt und der unterirdische Fluss hatte sich seinen Weg hierher gebahnt. Diese Zuflucht hatte er eigens dafür hergerichtet, falls er einmal in Gefahr geraten und sich noch besser verstecken musste. Ein Mechanismus, den er vor Jahren erfunden hatte sorgte dafür, dass der Gang durch den er gekommen war sich verschloss und dem, der ihn betreten wollte nur eine blanke Felswand bot.
Sie konnten ihn suchen so viel sie wollten, hier würde ihn niemand finden. Der einzige Weg war der durch den Fluß, aber dieser bahnte sich seinen Weg durch eine sehr niedrige unterirdische Höhle. Niemand würde in der Lage sein so weit zu tauchen wie es nötig war, glaubte Eric.
Unendlich müde ließ er sich in einen rot gepolsterten Sessel sinken. Er war grenzenlos erschöpft, als sei jeglicher Lebenswille aus ihm herausgesaugt worden. Seine Maske war in der anderen Höhle zurückgeblieben und obwohl er sich ohne sie immer schutzlos gefühlt hatte, auch wenn niemand anders in der Nähe war, vermisste er sie nicht. Es war jetzt alles gleichgültig. Er war hier, um zu sterben.
Sein Körper und sein Gesicht schmerzten, aber am allermeisten sein Herz.
 


Re: The Phantom's Rose

Als Raoul die dunkle Höhle wieder betrat, fand er sie wie erwartet leer vor. Die herunter gebrannten Kerzen flackerten leise in der Zugluft. Das Seil, das noch immer lose am Eisengitter befestigt war, erinnerte Raoul für einen kurzen Moment lebhaft an die Qualen, die er dort, Auge in Auge mit dem Phantom, erlitten hatte. War das tatsächlich erst wenige Minuten her?
Zum ersten Mal hatte er die Gelegenheit, sich dieses Gefängnis in aller Ruhe anzusehen. Langsam ließ er seinen Blick über die ehrfurchtserregende Orgel schweifen, die sorgfältig mit geschwungener Schrift beschriebenen Notenblätter, die originalgetreuen Miniaturen des Opernhauses und der Bühnenstücke und die erschreckend realistischen Nachbildungen von Christine. Raoul schauderte unwillkürlich. Jemand, der so etwas schuf, musste wahrhaft besessen sein. Und doch fühlte er noch etwas anderes in sich aufkeimen: Respekt. Respekt vor soviel künstlerischem Talent. Denn obwohl diese Gegenstände zweifellos den puren Wahnsinn ihres Schöpfers widerspiegelten, konnten sie doch nur von einem außerordentlichen Talent geschaffen sein.
Plötzlich hörte er Stimmen und Schritte hinter sich. Sie waren alle gekommen, sie hatten das Versteck tatsächlich gefunden. Unentschlossen blieb die Menge stehen, als sie Raoul in der Mitte der Höhle stehen sah. Meg Giry war die erste, die das Wort an Raoul richtete: "Sir, seid ihr in Ordnung? Wo ist Christine? Und wo ist....er?" Sie kam auf ihn zu, wagte sich unerschrocken in die Höhle hinein. Raoul zögerte beim Anblick der bewaffneten Männer. Er wollte das Phantom töten, doch er wusste, dass er es allein tun musste. Es war eine Sache zwischen ihnen beiden. "Seid alle beruhigt", hörte er sich sagen "das Phantom ist verschwunden und Christine und ich sind wohlauf. Nun hat der Schrecken endlich ein Ende." Die Menge seufzte spürbar erleichtert auf, und nachdem alle ihre unverhohlene Neugier mit Blicken durch die Höhle befriedigt hatten, traten sie einer nach dem anderen wieder den Rückzug an.
"Sir, seht was ich gefunden habe." Meg. Raoul hatte sie ganz vergessen. Sie war an ihm vorbei geschlichen und hatte sich offensichtlich etwas genauer umgesehen. Sie hielt einen hellen Gegenstand in der Hand, und als Raoul näher trat, erkannte er die Maske des Phantoms. "Sein Schutz" flüsterte er unwillkürlich und nahm die Maske entgegen. "Danke Meg, nun lauf nach oben. Ich...komme sofort nach. Ich will sehen, ob...Christine vielleicht noch etwas hier unten vergessen hat." Meg sah in lange an, sagte jedoch nichts und verschwand schließlich in den dunklen Gängen.
Raoul sah sich um. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er seinen Plan wahrscheinlich gar nicht durchführen konnte. Er wusste schließlich nicht, wohin das Phantom geflohen war, wo es sich verstecken könnte. Vielleicht hatte es das Opernhaus längst durch einen Geheimgang verlassen. Er blickte auf die Maske in seiner Hand und war sich plötzlich sicher, dass das Phantom noch hier unten sein musste, irgendwo. Es war vollkommen schutzlos ohne Maske und würde nie, auch wenn es noch so verstört war, ohne sie die vertrauten Wände seines Zufluchtsortes verlassen.
Entschlossen verstaute Raoul die Maske unter seinem Hemd und begann, die Höhle systematisch abzusuchen. Er sah hinter jeden Vorhang, hinter jeden zerstörten Spiegel und tastete alle Felswände ab. Doch nichts. Es war zu perfekt. Raoul resignierte. Er konnte Christine nicht noch länger alleine lassen. Womöglich brauchte er doch die Hilfe der Wachen, um das Phantom aufzuspüren.
Doch als er langsam an der Felswand durchs Wasser zurück watete, fiel sein Blick plötzlich auf eine helle Stelle im Wasser. Er blinzelte, sah noch einmal hin. Es schien fast, als wäre der unterirdische See an dieser Stelle tiefer, als würde er direkt unter den Felsen führen. Raoul hielt die Luft an und tauchte unter...Sekunden später war er wieder oben und schnappte nach Luft. Es bestand kein Zweifel: der Fluss bahnte sich hier einen schier endlosen Weg durch die Felsen und ganz am Ende, Raoul war sich sicher, hatte er einen Lichtschein gesehen.
Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob er die Luft so lange würde anhalten können, tauchte er unter.

Re: The Phantom's Rose

Eric wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, als er sich aus seinem Sessel erhob. Es kam ihm vor als wären es Stunden gewesen, aber in Wirklichkeit waren erst einige Minuten verstrichen.
Seine zerstörte Gesichtshälfte schmerzte und pochte jetzt unerträglich und ließ ihm keine Ruhe. Sie erinnerte ihn daran, dass er den Schutz der Maske entbehrte. Und das machte ihm mehr und mehr zu schaffen. Auch wenn ihn nie mehr ein Mensch zu Gesicht bekommen würde, konnte er es nicht ertragen, seine Hässlichkeit zu offenbaren. Es quälte ihn noch immer und das zeigte ihm, dass es noch nicht ausgestanden war. Seine Leidenschaft und seine Besessenheit weigerten sich ihn frei zu geben. Seine Schmerzen zeigten ihm, dass er noch immer lebendig war. Eine Lebendigkeit, die ihn nur noch quälte.
Er presste die Hand auf die enstellte Hälfte seines Gesichts. "Was willst du noch?" flüsterte er. "Waren es noch nicht genug Schmerzen? Hast du noch nicht genug Zurückweisung und Einsamkeit erlebt? Du bist kein Mensch mehr, Eric. Das Phantom hat ganz und gar Besitz von dir ergriffen und es gibt kein Zurück mehr. Du wirst anderen immer nur Schmerzen und Leid zufügen."
Er sank in sich zusammen und bäumte sich dann förmlich auf. "Raoul!" rief er gellend. "Warum hast du mich hier zurückgelassen ohne mich zu töten? DU SCHULDEST MIR DEN TOD!"

 


Re: The Phantom's Rose

Raoul hatte nicht geglaubt, dass er sich dem Tod so schnell wieder so nah fühlen würde. Und diesmal war das Phantom nur indirekt daran beteiligt. Sekunden kamen ihm wie Minuten vor, Minuten wie Stunden. Er wusste nicht, wie lange er schon die Luft anhielt, wie lange er schon durch den schier endlosen Tunnel tauchte. Alles was er im Moment wusste, war, dass seine Lunge zu platzen drohte, seine Augen ihm den Dienst versagten. Und gerade, als er sich aufgeben wollte, dem berstenden Gefühl in seiner Brust nachgeben und den Mund zum sicheren Ertrinkungstod öffnen wollte, sah er das Ende des Tunnels vor sich.
"Oh Nein, ich werde ihm nicht den Gefallen tun, mich hier unten tot zu finden" dachte er in diesem Moment und zwang sich durchzuhalten. Und mit dem letzten Rest an Kraft, den ihm sein Willen einflösste, zwang er sich weiter. Nur ein Stück noch, ein winziges Stück...
Das Wasser toste in seinen Ohren als er die Oberfläche durchbrach. Er öffnete den Mund und seine geschundenen Lungen fühlten sich mit Luft, mit Leben. Er keuchte, atmete, sog alle Luft ein, die er fassen konnte. Und als er die Augen öffnete, blickte er direkt in das Gesicht des Phantoms.
Darin spiegelte sich in diesem Moment kein Hass, keine Trauer kein Wahnsinn wider, nichts, womit Raoul gerechnet hatte...nur grenzenloses, ungläubiges Erstaunen.
Und noch bevor Raoul seinen Degen ziehen konnte, etwas sagen konnte, den Überraschungsmoment nutzen und handeln konnte, forderte der Schwindel der totalen Erschöpfung seinen Tribut und ihm wurde schwarz vor Augen.


Re: The Phantom's Rose

Fassunglos blickte Eric seinen Besucher an. Dieser war direkt in dem Moment aus dem unterirdischen Fluß aufgetaucht, in dem er ihn gerufen hatte. So als habe er ihn erhört. Für einen Moment hielt er ihn für eine Erscheinung, für ein Trugbild, das sein geschundener Geist ihm vorspielte. Aber als Raoul zu schwanken begann, wusste er, dass er real war.
Instinktiv eilte eric zu ihm und fing ihn auf. Mühelos hob er ihn auf seine Arme und trug ihn zu seinem Lager, wo er ihn niederlegte. Eigentlich war es unmöglich, dass ein Mensch den unterirdischen Fluß durchschwamm. Vor allem in der Verfassung in der Raoul sich bereits vorher befunden hatte.
Er setzte sich an den Rand der Bettstätte und sah auf den jungen Mann hinab, dessen nasse Haare sein Gesicht umrahmten. "Du bist gekommen um mich zu töten, nicht wahr?" flüsterte er. "Und doch hast du dich nur wieder in meine Hände begeben und bist mir ausgeliefert. Das Schicksal hat entschieden, dass es nur einen von uns geben kann und dennoch zögern wir immer wieder." Er erhob sich. "Und auch dieses Mal kannst du nicht von mir erwarten, dass ich dich wie ein Feigling töte, während du bewusstlos bist. Nein. Komm erst wieder zu Kräften, Raoul de Chagny."
 


Re: The Phantom's Rose

Als Raoul die Augen aufschlug, war er zunächst völlig orientierungslos. Sein Kopf schmerzte und seine Augen hatten Mühe, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, die nur von ein paar schwachen Kerzen durchbrochen wurde. "Wo bin ich?" dachte er. "Was ist passiert?" Er richtete sich auf, erfühlte mit seiner Hand einen Gegenstand unter seinem Hemd und zog die Maske des Phantoms hervor. Er starrte sie eine Weile ungläubig an und dann, ganz langsam, kam die Erinnerung zurück.
Instinktiv griff er nach seinem Degen, der sich zu seiner Verwunderung tatsächlich noch an seiner Seite befand. Warum? Alarmiert blickte er sich um, doch er war zweifellos allein in Raum. Angestrengt dachte er nach. Was ging hier vor sich? Er war gekommen, um das Phantom zu töten, als ihm der unverzeihliche Fehler unterlaufen war, in Ohnmacht zu fallen. Er hatte sich fatalerweise zu einer wehrlosen Beute gemacht und doch ... war er nicht tot, sondern lag vollständig bewaffnet und unversehrt auf diesem fremden Bett. Nicht nur, dass das Phantom ihn offensichtlich - und Gott allein weiß warum - zu diesem Bett getragen hatte, nein, es hatte ihm auch seine Waffe gelassen, ihn nicht durchsucht - denn sonst hätte er zweifellos auch die Maske gefunden. Es musste eine Falle sein, Raoul war sich sicher.
Langsam, immer noch von leichtem Schwindel befallen, erhob er sich und ging auf die im Fels eingelassene Tür am Ende des Raumes zu. Sie war nur angelehnt. Unwillkürlich blickte er hinter sich, immer damit rechnend, dass das Phantom ihm doch in der Dunkelheit auflauerte und nur auf sein Erwachen gewartet hatte.
Doch als er durch die Tür zurück in den Raum trat, in dem er zuvor aus den Fluten aufgetaucht war, sah er ihn vor sich. Das Phantom saß in einem roten Sessel und hatte ihm den Rücken zugewandt. Doch Raoul war ganz sicher, dass er ihn mit seinen überempfindlichen Sinnen schon längst bemerkt haben musste. Raoul hielt inne und legte die Hand an seinen Degen. Nun war es also soweit, nun gab es kein zurück mehr. Der teuflische Tanz um Leben und Tod, den sie sich beide bislang geliefert hatten, musste endlich ein Ende finden. Er war hergekommen, um das Phantom zu töten. Er musste zuschlagen, jetzt! Doch wieder einmal zögerte er. Denn dass sein Widersacher ihn ein weiteres Mal verschont, ihn diesmal sogar gerettet hatte, brachte seine vom Wunsch nach Rache angetriebene Absicht, mit der er hierher zurück gekommen war, bedrohlich ins Schwanken.