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Halvar Lotus

Halvar Lotus

[so hier mal ne kleine hintergrundgeschichte zum "epos" ^^ - is n bisschen dem O-Game Illarion nachempfunden]

Halvar Lotus


Prolog
"Vor langer Zeit, als die jungen Götter noch zusammen mit den Alten auf der Erde wandelten und von ihnen gelehrt wurden, um später die Gerechten unter den Sterblichen zu schützen, begab es sich, dass Oldra, die Göttin der Fruchtbarkeit und des Lebens, von Malachín, Gott der Schlachten und der Jagd, aufgesucht wurde. Bragón der Feuergott war wiedereinmal hart mit ihm ins Gericht gegangen, nachdem er einen unschuldigen Mann des Betrugs bezichtigt hatte. Nun wünschte er die schwere Last von sich genommen und endlich wieder als Sterblicher seinen Frieden zu finden. Oldra verstand seinen Schmerz, sie selbst war noch nicht ganz der neuen Verantwortung gewachsen. Als sie so durch den Garten der Götter wandelten kamen sie an eine verborgene Ecke. Noch gänzlich unbewachsen von irgendwelchen Pflanzen war sie, nur der blanke Fels war zu sehen. Oldra war mehr als betrübt von diesem Anblick und auch Malachín mießviel die karge Erscheinung. Sogleich ließ Oldra die schönsten Gräser und Kräuter sich ihren Weg durch das Gestein bahnen. Doch dann vergingen alle Pflanzen an der Stelle und wieder kam der Fels zum Vorschein . So schmiedeten Oldra und Malachín einen Plan, ihre Last eines Tages verringern zu können. Malachín stieß ein kleines Loch in den Fels, die Lebensspenderin setzte den Samen einer einzigen Lotuspflanze, das Loch wurde mit Oldras Haar und Malachíns Blut verschlossen und so verharrten sie drei Tage an der Stelle, bis der Samen aufging. Die Pflanze wuchs und gedieh, als könne sie es nicht erwarten, das Licht der Welt zu erblicken. Schließlich entsprang dem Setzling eine einzige, wunderschöne, goldene Lotusblüte. Als Geschenk für den Erwählten, der die Pflanze finden sollte rammte Malachín sein Schwert, dass er bei sich trug, in den Fels. Die beiden jungen Götter waren zufrieden mit ihrem ersten selbstständigen Werk und verließen den Ort. Lange Zeit war der goldene Lotus ein Geheimnis der Beiden. Doch als die Alten das Land verließen, konnten sie es nicht länger geheim halten. Sie befürchteten die anderen Götter würden neidisch auf ihr Werk sein, doch war die Pflanze von solcher Schönheit, dass sie sie nicht vernichten konnten. Seit diesem Tag erinnert eine Inschrift auf dem Fels an den Zweck den die Götter ursprünglich verfolgten:

Eines Tages wird es ein Erwählter schaffen,
die verborgene Stelle im Garten der Götter zu finden
und er soll den Göttern des Lebens und des Tötens helfen
ihre Schützlinge zu verteidigen.

Nun tauche die heilige Waffe Malachíns in das Regenwasser
im Kelch der Blüte, Sterblicher.
Und siehe sie wird in güldenem Glanz erstrahlen,
wird deine Gefühle mit dir teilen
und jegliche Harm vom Träger abhalten.

Doch setze sie gerecht ein.
Tust du das nicht, richtet sich die Kraft gegen dich
und wird dich und deine Erben vernichten!

Die Worte der Inschrift wurde von Tanora an einen ihrer Priester überliefert. Seitdem werden diese Zeilen in den heiligen Hallen unter dem Ozean aufbewahrt und nur wenige Sterbliche wissen ob der verborgenen Macht der Götter."


Legende des Lotus, Gebrahim Flusshalf, im ersten Jahre der Zwietracht.

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Re: Halvar Lotus

1. Kapitel: Anfang einer Legende

Als der Mond sich langsam hinter dem Horizont erhob, begab sich der Gutsherr Maruon mit seinem kleinen Sohn Halvar vom Feld zurück, um zu Abend zu essen. Sie traten durch die Tür des großzügig angelegten Haupthauses des Gutshofes und zogen ihre verdreckten Stiefel aus. Die Hausfrau fuhr jedesmal aus der Haut, wenn man die teuren Mahagoni Bodendielen verdreckte. Gemeinsam betraten Vater und Sohn die Küche wo bereits die Gutsherrin, die beiden Töchter, der alte Großvater Vorens und die Bediensteten um den reichlich gedeckten Tisch saßen. Sie setzten sich und begannen nach kurzem Gebet zu essen. Wie immer wurde reichlich erzählt, was es so an neuem zu hören gab. Wobei das meist nichts sehr interessantes war, wie Halvar fand. Er freute sich vielmehr auf das Ende des Abendmahls, wenn Großvater wie immer Geschichten erzählen würde. So wie auch diesen Abend. Als alle gegesseh hatten, ging man zusammen in die große Wohnstube und setzte sich um das Feuer des Kamins. Mauron und Vorens nahmen in den beiden Ohrensesseln platz, die anderen setzten sich auf die umstehenden Stühle und Halvar durfte wie immer auf dem Schoß des alten Mannes sitzen. Nach einer kurzen Denkpause begann dieser schließlich mit rauchiger Stimme zu erzählen: "Meine Kinder, seit ich mich erinnern kann, sitze ich mit euch Abend für Abend hier um das Feuer. Schon als du Mauron noch auf diesem Schoß saßt. Hunderte und aberhunderte Geschichten habe ich erzählt, habe mich immer bemüht neue aufzutreiben. Auch wenn ihr die ein oder andere öfter als einmal gehört habt, so habt ihr immerwieder zugehört, als wäre es eine Neue. Doch nun, ihr Lieben, spüre ich, dass meine Zeit dem Ende zu geht und eine Geschichte möchte ich euch noch erzählen." Eine betroffene Stille füllte die Pause, die der Alte jetzt einlegte. "Ich habe euch diese Geschichte wissentlich so lange vorenthalten, da ich versucht habe euch daran zu hindern, den selben Fehler zu begehen, den ich einst tat. Aber nun soll es mein Vermächtnis an euch sein.
Nur wenige kennen die Sage des Goldenen Lotus. Und noch wenigere wissen sie richtig zu erzählen. Ich war nicht viel älter als unser Halvar, als ich sie damals von einem Wanderer, der bei uns auf dem Hof verweilte erzählt bekam. Sie hat ihren Anfang in dem weit entfernten Lande Illarion. Damals weilten die Götter noch auf Erden. Junge sowohl als auch Alte. Malachín und Oldra fühlten sich ihrer Aufgabe noch nicht gewachsen und schufen einen Plan um ihre Last zu lindern. Sie pflanzten einen einzigen goldenen Lotus im Garten der Götter, in dessen Blütenkelch sich magisches Regenwasser sammelte. Malachín rammte sein Schwert daneben in den Fels und eines Tages solle es, so sagt die Legende, ein einziger Auserwählter schaffen, den Garten der Götter und die Stelle an der der Lotus wächst zu finden. Er wird das Schwert an sich nehmen, es in das Regenwasser tauchen und einen Teil der Kraft der Götter erlangen, um Malachín und Oldra zur Seite zu stehen. Viele haben es seitdem versucht, den Lotus zu finden, aber alle gaben verzweifelt auf oder kamen nie wieder von ihrer Reise zurück. Doch mit den Jahrhunderten geriet auch die Legende des goldenen Lotus in Vergessenheit. Die einzige Niederschrift, die diese Geschichte erzählt liegt lange verschollen in der großen Bibliothek der Magier von Breandarion. Sie wurde damals von einem gewissen Gebrahim Flusshalf verfasst, kurz bevor fast alle alten Überlieferungen in den anderen Bibliotheken den Jahren der Zwietracht zum Opfer vielen. Nur in Breandarion werden noch ältere Schriften aufbewahrt. Doch die Magier lassen schon lange keinen mehr in ihre Stätten und so wie sich der Schleier der Vergangenheit über die alten Sagen legte, nahm auch die Zahl derer, die es wagten den Lotus zu suchen stetig ab. Ich selbst war einer der Letzten, die die beschwerliche Reise nach Breandarion und Illarion antraten. Und ich habe kläglich versagt. Mit vielen Wunden und von den schrecklichen Strapazen gezeichnet machte ich mich auf den Nachhauseweg und schwor mir, jedem meiner Nachkommen solch eine Reise zu ersparen. Ich ertrug Hunger und Durst, Schmerzen und den Hass anderer, nur um am Ende einsehen zu müssen, dass ich nicht der Auserwählte sein werde. Nun, am Ende meines Lebens, müsst ihr mir versprechen, euch von diesem Vorhaben fern zu halten. Es wird den Auserwählten von alleine treffen, ob er will oder nicht. Ihr aber kümmert euch um eure Familien und bleibt wo ihr hingehört." Alle nickten zustimmend und Vorens lächelte zufrieden. "Und nun lasst uns zu Bett gehen, es ist spät." Halvar wurde von seiner Mutter zu gedeckt und er drehte sich herum um zu schlafen. Doch in dieser Nacht tat er kein Auge zu. Die Geschichte seines Großvaters hatte die Abenteuerlust in dem armen Jungen geweckt und es drängte ihn mehr und mehr sein trautes Heim zu verlassen.


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Re: Halvar Lotus

2.Kapitel: Aufbruch ins Ungewisse

13 Jahre waren nunmehr vergangen. Aus dem kleinen Kind, welches sie Halvar nannten ward mittlerweile ein kräftiger junger Mann geworden und noch immer klangen die Worte der letzten Geschichte seines Großvaters in seinen Ohren. Oft stand er an der Grenze des Guts auf einem Felsen und ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. Neugierig war er, auf das was sich hinter dem Horizont verbergen würde und auf die abenteuerlichen Geschehnisse, die dort vor sich gingen. Irgendwann hielt er das Fernweh nichtmehr aus, jedoch wusste er, dass ihn seine Eltern niemals gehen lassen würden. Also wartete er bis zur Nacht. Er packte nur einen kleinen Rucksack mit Decke und Proviant für etwa 4 Tage ein und band sich nur ein ellenlanges Jagdmesser an den Gürtel. Hastig schrieb er einige Worte auf ein Stück Papier als Abschiedsbrief:

„Geehrte Eltern,

macht euch keine Sorgen um mich und versucht nicht mich aufzuhalten. Wenn ihr diesen Brief lest bin ich schon in den Wäldern entschwunden. Ich mache mich auf um die Welt zu sehen und nach dem heiligen Schwert des Lotus zu suchen. Ich werde es finden, egal was Großvater gesagt hat, eher sterbe ich nicht!
Und eines Tages werde ich auch meinen Kindern die Geschichten meiner Abenteuer erzählen, die nun vor mir liegen.
Doch nun genug, die Zeit des Aufbruchs ist gekommen. Lebt wohl und gebt mir auf meine kleine Schwester Karalin acht.

Gruß, Halvar“


Langsam brachen die Strahlen der Sonne durch das Blätterdach des Waldes und holten Halvar sanft aus dem Schlaf. Er streckte seine Glieder und setzte sich langsam auf. Er hatte die letzte Nacht am Rande einer kleinen Lichtung verbracht und fühlte nun den Hunger in seinem Magen. Fünf Tage war er nun unterwegs und die Vorräte waren mehr als knapp geworden. Doch der Wald schien und schien kein Ende zu nehmen. Halvar nahm ein Stück Brot aus seinem Rucksack, schob es sich in den Mund und setzte seinen Weg fort. Nein, umkehren wollte er keinesfalls. Was würden seine Eltern von ihm denken, obgleich sie sicherlich froh wären, ihn zurück zu haben. Aber jetzt sollte er zu Ende bringen was er angefangen hatte.
Die Straße, auf welcher er durch den Wald schritt, wurde langsam wieder breiter und die Schlaglöcher weniger. Vielleicht würde er nun endlich aus diesem Dickicht herausfinden. Plötzlich schreckte ihn ein lautes Knacken, gefolgt von wilden Rufen hinter ihm, auf. Wie aus dem Nichts tauchte aus dem Wald ein seltsames Geschöpf auf, stolperte auf die Straße und fiel erschöpft neben den nächsten Baum. Halvar eilte hinzu und besah sich den Fremdling. So etwas hatte er noch nie gesehen: Ein Wesen, auf den ersten Blick ein Mann doch hatte es statt der Linken eine mächtige behaarte Pranke, stark behaarte Beine, die eher Wolfsläufen ähnelten, und einen buschigen Schwanz, welcher unter den Lumpen, die es trug, hervorragte. Erschrocken blickte das Wesen zu Halvar hoch und brachte nur ein ersticktes „Hil...“ heraus, bevor sein Kopf zurück auf die Erde sank. Schon wurden aus dem Wald wieder die Stimmen und Rufe der anscheinenden Verfolger laut und im nächsten Moment kamen sie ein Bewaffneter nach dem Anderen zwischen den Büschen hervor. Vier an der Zahl wurden es und sie umstellten sofort Halvar und das Wesen. Halvar zog sein Jagdmesser und baute sich vor den Männern auf.
„Sagt an,was werft ihr diesem vor, den ihr verfolgt?“, sprach er mit lauter Stimme die Vier an.
Zunächst erfolgte keine Antwort bis einer von ihnen vortrat und behauptete: „Diese Bestie hat unser Vieh geholt und uns des Nachts auf unseren Höfen bedroht!“
Halvar sah sie skeptisch an. „Ihr müsst im Kampf wohl gebildete und reiche Bauern sein, wenn ihr solche Schwerter tragt und euch zu viert einer Bestie stellt.“
„Schweig lieber still, Kleiner, sonst ergeht es dir genauso wie dem Kerl da!“, rief da ein anderer der Angreifer und ging auf Halvar zu. Doch er hatte nicht mit der folgenden Reaktion des Jünglings gerechnet. Ohne auf einen Angriff zu warten, schnellte er mit dem Messer nach vorne und erwischte den Mann am Arm. Laut aufschreiend schlug dieser nach Halvar und erwischte ihn mit dem Arm auf dem Rücken, sodass er zu Boden strauchelte. Als er wieder herumfuhr um aufzustehen, hatte er auch schon das Schwert an der Kehle. Fies sah er den Mann auf sich herab lachen. Dann ging alles so schnell, dass es Halvar zunächst gar nicht richtig gewahr wurde. Der seltsame Fremde hatte sich aufgerappelt und warf sich mit einem lauten Schrei auf den, der Halvar bedrohte. Halvar sprang auf die Füße und da schlug schon der Nächste mit dem Schwert auf ihn ein. Glücklich parierte er den Angriff und zog dem Kerl das Messer durch den Wanst. Doch mit den anderen beiden Angreifern hatte er sichtlich mehr Mühe. Nun sah er sich mit dem Rücken an eine Eiche gedrängt zwei Schwertkämpfern gegenüber und der Fremde war noch mit dem Dritten beschäftigt.
Da hörte er plötzlich ein kurzes Zischen aus den Baumwipfeln und Einer der beiden sank tot zu Boden. Dann kam aus dem Baumwipfel über Halvar eine Gestalt, schnell wie ein Schatten herunter geschossen und schnitt dem Anderen blitzschnell die Kehle durch.
Noch bevor sie wieder ganz aufgestanden war, hatte das Wesen sie von hinten gepackt und hielt sie, in dem Glauben noch einen Verfolger vor sich zu haben, fest umklammert. Halvar wollte ihn aufhalten und rannte auf die Beiden zu. Die vermummte Gestalt wand sich jedoch blitzschnell herum, schlug die Beine um den Hals des Gegners und warf ihn mit einem wuchtvollen Rückwärtssalto in den Staub. Es ging so schnell, dass Halvar nichtmehr fähig war zu stoppen und schon dachte er würde den Maskierten überrennen, als dieser seinen Arm faste, ihn über sich warf und noch bevor er ganz den Boden erreicht hatte, das Messer an die Kehle hielt.

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Re: Halvar Lotus

3.Kapitel: Seltsame Bekanntschaften

„HAL-Haltet ein!“, stieß Halvar hervor und sah seinem Gegenüber in die Augen, „Ich wollte euch nicht angreifen! Warum sollte ich? Ihr habt mir schließlich das Leben gerettet! Und jener Andere, dem ich half, dachte auch nur, noch einen von den Kerlen in euch zu sehen!“
Die Gestalt sah von Halvar zu dem Wesen und wieder zu Halvar zurück. „Na gut, ich werde euch glauben...“, meinte sie, stand auf und bot Halvar die Hand zur Hilfe an. Er zog sich hoch und glaubte sich verhört zu haben. Doch als sie weiter sprach war er sich sicher: Die Stimme einer Frau!
„Ihr solltet vorsichtiger sein, wem ihr euch entgegenstellt.“, meinte sie und nahm das schwarze Tuch ab, welches ihren Kopf verhüllte. Zum Vorschein kam eine junge Frau, wie sie Halvar noch nie gesehen hatte. Lange dunkelbraune Haare legten sich um ihr ebenmäßiges Gesicht.
„Hat es euch die Sprache verschlagen? Wohl das erste Mal, dass euch eine Frau das Leben rettet, wie?“, meinte schließlich die Fremde und löste Halvar so aus seiner Erstarrung. „Ich...äh, ja so ist es.“, stotterte er und suchte verlegen nach seinem Jagdmesser, dass er bei dem Wurf verloren hatte.
Plötzlich stand das seltsame Wesen wieder neben ihnen. Es war unbemerkt aufgestanden und stand nun, vor Schmerz gebeugt und verneigte sich leicht vor den Beiden. „Ich möchte mich bei euch für euren Einsatz danken. Es tut mir leid, dass ich euch angegriffen habe – nur in letzter Zeit trifft jemand wie ich nur selten auf wohlwollende Menschen.“ Er wandte sich zum Gehen, doch Halvar hielt ihn zurück: „Wartet, Fremder. Ich habe noch einige Fragen an euch. Was wollten diese Männer? Und wer...oder WAS seid ihr?“ - „Das ist eine lange Geschichte, zu lange um sie hier zu erzählen, fürchte ich.“ - „Dann kommt mit mir. Ich habe dort hinten meinen Lagerplatz.“, fuhr die Frau dazwischen, „Dort könnt ihr auch eure Wunden versorgen, denn so solltet ihr keinesfalls weiterreisen.... Mein Name ist übrigens Latetia.“ - „Angenehm, Halvar.“ - „Mich nennt man Kurin.“, endete das Wesen und sie kamen am Lagerfeuer der Frau zum Sitzen.
„Also so erzählt uns nun eure Geschichten. Ich habe eine Schwäche für Geschichten.“, forderte Halvar den Fremden auf, doch dieser war damit beschäftigt seine Wunden zu lecken. „Was seid ihr nun? Ein Wesen halb Mann halb Wolf? Ein Dämon?“, fragte Halvar weiter. Der Fremde lachte leise auf. „Nein, keineswegs ein Dämon. Ich gehöre zum Volk der Muhrckabar aus dem Norden, der Halbwölfe, wie sie von euch Menschen genannt werden. Früher waren wir zahlreicher und stolze Krieger. Uns verband ein uralter Pakt mit den Menschen. Doch mit den Jahrhunderten und durch schreckliche Kriege wurden die unseres Volkes immer seltener und schließlich gerieten wir, genauso wie der Pakt in Vergessenheit. Hier beginnt meine Geschichte. Gerade aus diesem Grund hielt man mich jahrelang gefangen, in einem winzigen Käfig und stellte mich auf Jahrmärkten als Sensation, als Kuriosität zur Schau. Man knebelte mich, damit ich nicht sprechen konnte und behandelte mich wie ein Tier. Letzte Nacht ist es mir gelungen zu fliehen, als man mir Essen brachte, doch mein „Besitzer“, wie er sich nennt, schickte seine Schergen hinter mir her. Das waren die Männer die ihr getötet habt. Ich... ich stehe ewig in eurer Schuld. Wärt ihr nicht dazwischen gegangen, säße ich vermutlich schon wieder in meinem Käfig.“
Halvar starrte ins Feuer und dachte kurz nach. „So spreche ich euch von jeder Schuld frei, Kurin. Möget ihr gehen wohin euch beliebt, so wie ich es für meinen Teil tue.“
Dann wand er sich der Latetia zu: „Und wie steht es um euch? Wo kommt ihr her?“
„Wo ich her komme? Das weiß ich nicht...ist mir auch egal. Meineszeichens nennt man mich Diebin. Doch ich nenne es einfach überleben, wie es mir zusagt. So sagt, Halvar, wie steht es um euch? Wo kommt ihr her und wo zieht es euch hin?“
„Mein Vater ist der Gutsherr Maruon. Doch ich hatte genug vom Leben auf den Feldern und ziehe nun in die Welt um nach jenen Abenteuern zu suchen, von welchen mir mein Großvater erzählt hat. Sagt euch die Legende vom Heiligen Lotusschwert etwas?“
Latetia warf einen Ast ins Feuer und lachte. „Legenden? Sagen? Alles Humbug, sage ich euch. Ich glaube an das was ich sehe und wovon ich leben kann.“ - „Sprecht nicht so voreilig. Die Welt besteht aus viel mehr, als euch gewahr ist – als euch lieb sein würde. Und hinter vielen Legenden steckt sicherlich auch ein kleiner Kern der Wahrheit.“, fuhr ihr Kurin ins Wort und verarztete sich weiter.
„Wenn ich einen Kern sehe werde ich euch Bescheid sagen.“, entgegnete Latetia spöttisch, doch Halvar versuchte die Beiden zu beruhigen. „Es ist nicht die richtige Zeit zum Streiten. Vielleicht sind Kurins Verfolger noch auf der Suche. Wir sollten jetzt ruhen, damit wir morgen früh weiter können.“
Die Anderen nickten einsichtig und rollten sich am Feuer zusammen. Bald waren sie eingeschlafen und nur Halvar lag noch wach und beobachtete den Sternenhimmel. Ja, er wusste es. ER würde einen Kern finden...einen ganz bestimmten.

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Re: Halvar Lotus

4.Kapitel: „Neue Besen kehren gut“

Ein lauter Schrei schreckte Halvar aus dem Schlaf. Sofort hatte er sein Messer gezogen und war aufgesprungen. Doch da nahm er es schon wieder herunter, als er erkannte, dass der Schrei von Latetia ausgegangen war, die anscheinend schon wieder mit Kurin aneinander geraten war. Sie standen sich direkt gegenüber, Latetia eine Hand an Kurins Kehle und die Andere an ihrem Dolch.
„Latetia!? Kurin!?“, schrie Halvar um die Beiden wieder zur Besinnung zu bringen, „Seid ihr von allen Geistern verlassen?“ - „Er hat sich von hinten an mich heran geschlichen!“, protestierte Latetia lautstark und fuchtelte mich dem Dolch vor Kurins Nase herum. „Ihr handelt voreilig! Ich war nur etwas zu Essen suchen und als ich zurück kam muss ich euch wohl erschreckt haben.“, erwiderte Kurin, die Augen starr auf den Dolch gerichtet. „Lügner! Warum sucht ihr noch vor dem Morgengrauen im Wald etwas zu Essen?“ - „Nein bei Muhrstela, hört mich doch an. Jeder Jäger weiß, dass es um diese Zeit am leichtesten ist Beute zu machen.“ Zum Beweis hob Kurin die Pranke der Linken, in der er den blutigen Körper eines Hasen hielt. Latetia ließ ihn los und steckte die Waffe weg. „Ihr habt Glück. Das nächste mal passt auf, wie ihr euch meinem Lager nähert.“ Auch Halvar schob sein Messer zurück und meinte dann erleichtert: „Somit wäre das nun ja auch geklärt. Jetzt lasst uns das Feuer neu entfachen und den Hasen zubereiten. Ich habe mächtigen Hunger.“
Kaum war das Fleich gar, sah man die Drei auch schon gierig kauend um das Feuer sitzen. Scheinbar war Halvar nicht der einzige der Hunger verspürte. „Sagt mir, habt ihr überhaupt eine Ahnung wo ihr jetzt hin wollt? Versteht mich nicht falsch, aber ihr seht nicht gerade danach aus – ein Junge, der ziellos seinen Träumen nachjagt und ein Halbwolf, der eben erst seinen Häschern entkommen ist.“, fragte Latetia kauend und sah neugierig von einem zum anderen.
Nachdem Halvar den Mund voll hatte, schluckte Kurin schnell hinunter und antwortete: „Ich für meinen Teil werde euch begleiten, Halvar, Sohn des Maruon. Auch wenn ihr mich von jeglicher Schuld freigesprochen habt, gebietet es mir die Ehre meines Volkes sie zu begleichen.“ Halvar nickte und meinte nach kurzer Überlegung: „Wie ihr wollt. Doch bitte ich euch mich als Freund zu begleiten und nicht als Schuldner. Ich habe allerdings keine Ahnung, welche Richtung ich einschlagen soll, kenne ich mich in dieser Gegend doch kaum aus und...“ Latetia räusperte sich und unterbrach Halvar vorsichtig. „Ich kann euch nur raten die nächste Stadt, Daelischar, aufzusuchen. Ihr braucht unbedingt bessere Waffen und Kleidung – besonders ihr seid recht auffällig, Kurin. Und macht euch keine Sorgen wegen den Kosten. Hier ist euer Anteil an dem was ich den Männern gestern abgenommen habe. Es ist reichlich viel gewesen für ein paar Schausteller.“ Mit diesen Worten warf sie Halvar einen prall gefüllten Beutel mit Gold zu, welcher diesen öffnete und mit großen Augen hinein starrte. „Ich werde euch noch bis dort begleiten, aber dann muss ich mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Und jetzt lasst uns aufbrechen, es wird Zeit.“ Die Drei beendeten ihr Mahl und suchten ihre Sachen zusammen. Halvar gab Kurin seine Decke, damit seine Erscheinung nicht gar so auffällig war. Und so marschierten sie quer durch den Wald auf die Stadt zu.
„Ihr spracht gestern vom Schwert des Lotus, Halvar. Was wollt ihr damit machen, wenn ihr es findet? Glaubt ihr, ihr seid der Auserwählte und könntet ihr überhaupt mit solch einer Waffe umgehen?“, fragte Kurin nach einer Weile des Schweigens. „Nein ich weiß nicht, ob ich überhaupt zu irgendetwas auserwählt bin, aber mich reizen hauptsächlich die Abenteuer, die mir sicherlich auf dieser Suche entgegnen werden und die fremden Länder. Und das mit dem Schwertkampf werde ich mir schon irgendwie aneignen.“ - „Wenn ihr wollt könnte ich euch etwas Unterricht im Kampf geben. Es ist sicherlich nicht der Beste und ihr werdet auch kein Meister des Schwertes – aber es wäre ein Anfang.“, bot Kurin an und Halvar nickte dankend. „Wir sind da.“, meinte in diesem Moment Latetia und blieb stehen. „Daelischar – mächtigste Handelsstadt und Tor zur Wüste.“ Sie standen am Waldrand und vor ihnen tat sich ein Tal voller Buschland auf. Am anderen Ende des Tals ragten die festen Mauern Daelischars und die schlanken Türme des Herzogspalastes in die Höhe. Auf der Straße zum Tor hin tummelte sich allerlei Händlervolk und Reisende aus aller Länder und hinter der letzten Begrenzung der Stadtmauer ließ ein weitläufiges Ödland und ein leichtes Flirren der heißen Luft die nun nahe Wüste Gorgorons erahnen. Wenig später befand sich die seltsame Truppe auch schon auf der Hauptstraße Daelischars und hatte Mühe im Verkehrsgewühl nicht unterzugehen. Einzig der groß gewachsene Kurin schien eher wenig Probleme zu haben, was allerdings auch an der, unter der Decke hervorlugenden, Wolfsbehaarung liegen konnte. Am Tor hatten sie kaum Probleme gehabt, denn tagsüber kontrollierten die Wachen dort nur selten jemanden, da die strömenden Menschenmassen kaum zu überblicken waren und sorgten lediglich dafür, dass es zu keinen Rangeleien kam. Was allerdings in den immer enger werdenden Seitengassen an der Tagesordnung lag, so dicht drängten sich die Häuser abseits der Hauptstraße und des Palastes. „Dort vorn ist ein guter Kaufmann – was er nicht hat, findet ihr in ganz Daelischar nicht. Und außerdem schuldet er mir noch einen Gefallen.“, rief Latetia ihren beiden Gefährten zu und steuerte auf einen Laden etwas abseits vom Hauptgedränge zu. In dem Laden sah es wirklich so aus, als gäbe es hier alles, was das Herz eines Reisenden begehrt und noch vieles mehr. Waffen im Überfluss lagen auf den Auslagen und Ständern, Kleidungsstücke aller Art nahmen eine ganze Wandseite bis zur Decke hinauf ein und selbst von dort hing allerlei Zeugs herunter. Latetia sprach kurz mit dem Ladenbesitzer, der daraufhin widerwillig nickte und die Ladentür verschloss. Latetia kam zu den Beiden zurück und erklärte kurz: „Ihr könnt euch jetzt ungestört umsehen. Ich habe mit dem Besitzer noch etwas zu besprechen.“ Dann verschwand sie mit dem Mann in einem Hinterzimmer. Halvar und Kurin zuckten mit den Schultern und begannen zwischen all dem Zeug herum zu stöbern. Während Halvar lange fasziniert vor den verschiedenen Waffen stand, kümmerte sich Kurin erst einmal um das, was sie auf einer längeren Reise auf jeden Fall brauchen würden. Große Wasserschläuche, Schwefelhölzer, Räucherfleisch, Seile, Decken und vieles mehr sammelte er zusammen und verstaute es in zwei großen Rucksäcken. Halvar hatte inzwischen eine beige Lederrüstung mit Kettenhemd anprobiert und sich für sie entschieden. Kurin hingegen stellte sich kurz vor die Kleidersammlung, griff hinein und zog einen langen dunkelbraunen Mantel mit Kapuze daraus hervor, der wohl sämtliche verdächtigen Körperteile genauso wie den Rest verdecken würde. Am längsten brauchten sie jedoch zur Auswahl der richtigen Waffe. Während Kurin sich schnell für einen schwarzen Eibenholzstab entschieden hatte, da er seinen Körper als wichtigste Waffe beschrieb, schwankte Halvar lange zwischen Armbrüsten, Krummsäbeln, Bi-Händern, Äxten und Kurzschwerten hin und her. Endlich nahm er einen leichten, schlanken 1-1/2- Händer, welcher nach Kurins Meinung die vielseitigste und beste Wahl für einen Anfänger war. Erst jetzt bemerkten beide, wie lange sie mit der Suche nach Ausrüstung verbracht hatten, und dass Latetia immer noch nicht zurück war. Just in diesem Moment öffnete sich die Tür zum Hinterzimmer und ein gestresst aussehender Händler und eine über beide Ohren grinsende Latetia, die mit einem prall gefüllten Sack beladen war, kamen heraus. „Vergesst die Rechnung, ihr Beiden. Der nette Herr hier war so freundlich sie uns zu erlassen.“ Der Kaufmann nickte missmutig und schloss die Ladentür wieder auf. Halvar und Kurin verkniffen sich die Frage, wie sie den Händler dazu gebracht hatte und was sich in diesem Sack befand. Eigentlich wollten sie es auch gar nicht wissen. So gingen sie wieder zurück auf die Hauptstraße und verabschiedeten sich von Latetia. „Ich muss jetzt noch einige Erledigungen vornehmen, also macht es gut. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann wieder.“ Nach diesen Worten verschwand sie in der Menge und ließ die beiden Abenteurer zurück.


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Re: Halvar Lotus

[und weiter gehts]

5.Kapitel: Staub zu Staub

„Und wohin jetzt?“, fragte Halvar und sah sich ratlos um. „Ich würde vorschlagen in Richtung Süden
nach Gorgon.“, meinte Kurin und blickte die Hauptstraße entlang. Halvar nickte und sie setzten sich in Bewegung. „Also dann, auf ins Reich des Wüstenkönigs.“
Sie verließen die prächtige Grenzstadt durch das Südtor und sofort schlug ihnen ein warmer Wind entgegen. Langsam stapften sie die Hauptstraße entlang und kamen nur schwerlich voran, da ihnen der Wind genau entgegen schlug. Plötzlich sah Halvar auf und fragte: „Was ist das dort vorne für eine Staubwolke? Es kommt mir vor als wäre ein gewaltiges Reiterheer auf dem Weg zu uns!“ „Das sind keine Reiter.“, erwiderter Kurin, „Da kommt ein Sandsturm. Wir sollten zusehen, dass wir es noch bis zu den Felsen dort vorne schaffen, denn ohne Deckung sind wir verloren.“ Eilig schlugen sie Die Mäntel fester zu und erhöhten ihr Tempo. Kaum hatten sie die Felsformation erreicht und sich in einer Schmalen spalte verkrochen tobte der Sturm auch schon über sie hinweg. Trotz des Unterschlupfes bekam Halvar seiner Meinung nach mehr Sand als genug ab. Als der Wind langsam wieder abebbte, standen sie auf und klopften sich den Staub aus den Kleidern. Nun ließ sich ihr Weg leichter fortsetzen, da der Wind nicht mehr so heftig war. „Woher weißt du eigentlich so viel über Gorgoron?“, wollte Halvar nach einiger Zeit wissen. „Als Kuriosität in einem Zigeunerlager kommt man viel herum Junge. Und auch als ich noch frei war. Sind doch wir Muhrckabar als Nomadenvolk erschaffen worden.“
Nach einer Weile näherte sich die Sonne dem Horizont und sie begannen im Schutz eines Dorngestrüpps ein Lager aufzuschlagen. Doch noch hatten sie eine Weile bis es vollends Nacht wurde und Halvar bekam seine erste Lehrstunde in Sachen Kampf. Für Kurin stellte sich der Junge als Naturtalent heraus. Es schien ihm beinahe, als wüsste er genau wie das Schwert auf jede Bewegung seiner Muskeln reagieren würde. Und auch im waffenlosen Kampf schien Halvar ihm leichtfüßiger, als er es je einem menschlichen Anfänger zugetraut hätte. Als sie sich schließlich müde von dem langen Tag auf ihr Lager niedersinken ließen, war Kurin mehr als zufrieden mit seinem neuen Schüler und prophezeite ihm eine große Zukunft. Am nächsten Morgen weckte Kurin Halvar noch vor Sonnenaufgang und sie setzten ihren Weg fort. Die Vegetation wurde von Wegstunde zu Wegstunde spärlicher und die Luft flirrender. Nur ein paar vereinzelte Felsen säumten den Weg und spendeten noch Schatten. Doch auch sie würden nach Kurins Meinung bald weniger werden. Mit einem Mal stoppte der Halbwolf und hielt Halvar zurück. Er kniff die Augen zusammen und schien in der Ferne etwas zu suchen. Halvar wollte etwas fragen, doch Kurin bedeutete ihm ruhig zu sein. „Wegelagerer...“, flüsterte er schließlich und deutete die Straße entlang, „Dort vorne zwischen den großen Felsen habe ich gerade einen von ihnen gesehen.“ Halvar wollte schon nach einem anderen Weg suchen doch Kurin hielt ihn abermals zurück. „Wir gehen weiter und tun so als hätten wir sich nicht bemerkt. Wir wissen nicht, ob sie es auf uns abgesehen haben und auf einen Hinterhalt sind wir allemal vorbereitet.“ Er setzte seinen Weg fort und ließ eine Hand langsam zu dem Kampfstab auf seinem Rücken gleiten. Halvar legte eine Hand auf den Schwertgriff und versuchte so ruhig wie möglich zu wirken, doch er merkte wie sehr seine Hand um den Knauf zitterte. Endlich hatten sie die Felsen erreicht, die sich wie zwei Türme zu beiden Seiten der Straße aufrichteten. Und da kamen sie auch schon. Der Erste kam wie ein Schatten zwischen den Steinen hervor und versperrte den beiden Wanderern den Rückweg. Zwei andere mit schweren Piken bewaffnet stellten sich vor ihnen in den Weg. „HALT!“, rief einer der beiden Pikeniere und richtete seine Stange auf Kurin. „Wer hier vorbei will muss einen Wegzoll entrichten!“ „Und wie soll dieser Wegzoll aussehen?“, fragte Kurin scheinbar überrascht. „Der Zoll ist entweder in Form eurer ganzen Habe oder eures Lebens zu entrichten.“, meinte der Räuber schief grinsend und wartete siegessicher eine Antwort ab. Kurins Gesichtsausdruck verfinsterte sich zusehends und Halvar, der dicht neben ihm stand spürte förmlich wie der Halbwolf jeden einzelnen Muskel anspannte. „An Gütern haben wir, wie ihr seht nicht viel...und an unserem Leben hängen wir zu sehr, als das wir es Gesinde wie euch überlassen würden.“ Der Pikenier schien nun doch die Geduld zu verlieren. Er stampfte mit der Pike voraus auf Kurin zu und schnaubte wütend: „Du wagst es so mit...“
Weiter kam er nicht. Denn in dem Moment als die Spitze seiner Stange in Kurins Reichweite kam, wirbelte dieser herum, schlug die Pike mit seinem Stab beiseite und setzte mit einem gewaltigen Sprung über die beiden Männer hinweg. Auf dem Boden aufgekommen ließ er seinen Stab knapp über den Staub fliegen und zog so beiden Angreifern die Beine weg. Halvar hatte es inzwischen mit jenem aufgenommen, welcher sich von hinten angeschlichen hatte. Scheinbar mühelos parierte er die ersten Schläge mit dem Krummsäbel, welchen der Räuber führte. Mit etwas Glück schaffte er es die Waffe seines Gegners zur Seite zu drücken, sprang dann ein Stück weit auf seinen Kontrahenten zu und schlug ihm krachend die Faust ins Gesicht, woraufhin dieser im Dreck landete. Mit dem Fuß schoss er das Krummschwert einige Meter weiter weg und richtete die eigene Schwertspitze auf die Kehle des Entwaffneten. Plötzlich vernahm er da ein leises Rauschen in der Luft und im selben Moment wurde er von irgend etwas umgerissen. So schnell er konnte raffte er sich auf und sah sich um. Im letzten Augenblick sah er wieder die Klinge auf sich zu kommen und schaffte es gerade noch sie so abzulenken, dass es nur seine Wange schrammte. Jetzt erst erblickte er den seltsamen Angreifer, welcher einem Vogel gleich durch die Luft glitt. Den dritten Anflug sah Halvar rechtzeitig kommen und schaffte es sich kurz bevor der Vogelmann ihn erreichte, nach hinten fallen zu lassen und sein Schwert nach oben zu reißen. Er spürte irgendetwas getroffen zu haben und als er sich aufrichtete, lag sein Gegner einige Meter weit entfernt wimmernd im Staub und hielt sich seinen Arm. Der Mann mit dem Krummschwert war inzwischen geflohen. Halvar sah sich nach Kurin um, doch dieser schien ebenfalls alles unter Kontrolle zu haben. Einer der beiden Pikeniere lag leblos auf dem Boden, der andere krümmte sich unter dem Stab den Kurin ihn mit seiner blutverschmierten Pranke auf die Brust drückte. Kurin kniete sich auf den Unterlegenen und setzte nun seine Krallen bei ihm an die Kehle. Halvar musste sich abwenden und vernahm nur noch den erstickten Schrei des Opfers. Dann wandte er sich dem Vogelmann zu. Dieser wälzte sich noch immer mit schmerzverzerrtem Gesicht im Staub und hielt sich seinen linken Arm. Halvar und Kurin standen über ihm und betrachteten den Besiegten. „Ein Surs, Vogelwesen, würdet ihr sie nennen.“, meinte Kurin und hob eines der beiden Kris auf, welches der Vogelmann benutzt hatte. „Ich kenne sie.“, erwiderte Halvar, „Ich meine...ich habe Geschichten über sie gehört. Aber müssten sie sich nicht als ehrbare Boten verdingen, anstatt als Diebe?“ „Ganz im Gegenteil. Nur jene dieses Volkes werden zwangsläufig Boten, wenn sie die Gabe des Schleichfluges nicht beherrschen. Alle anderen werden nur zu gern als Späher oder Attentäter eingesetzt.“ „Und was machen wir jetzt mit ihm?“ „Ich kann ihn gesund pflegen, wenn du das willst. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er uns dafür auch dankbar sein wird.“ „Ja, heile ihn, bitte. Ich möchte wenigstens wissen, was man sich in seinem Volk vom heiligen Lotus erzählt und warum er als kleiner Dieb in der Wüste leben muss.“ „Deine Neugierde ist nicht zu beneiden...“, murmelte Kurin schließlich und sammelte den Verletzten auf. Sie verbrachten die Nacht zwischen den Felsen und Kurin verband den verletzten Arm, und die Federn daran, mit einer speziellen Kräutermischung.
Als Halvar am nächsten Morgen erwachte, erhob sich die Sonne gerade über die Dünen am Horizont. Kurin saß in einiger Entfernung auf einem Felsen und hielt Wache, Der Surs kauerte neben der Feuerstelle und hielt sich einen Arm. „Wie geht es euch?“, fragte Halvar und setzte sich auf.
„Es ist zu ertragen.“, erwiderte der Vogelmann ohne aufzublicken. „Was auch immer euer Freund mit meinem Arm gemacht hat, es scheint zu helfen.“ Halvar nickte, kramte aus einem der Rucksäcke zwei Stück Dörrfleisch heraus und warf eines davon dem Surs zu. Dieser verschlang es gierig, so als hätte er seit Tagen nichts gegessen. „Danke, dass ihr mich am Leben gelassen habt.“, meinte er schließlich, als Halvar schweigend über seinem Frühstück saß. „Ohne meine Flügel bin ich völlig wertlos.“ - „Wertlos ist niemand. Und wenn er noch so schwach ist.“, erwiderte Halvar. Der Vogelmann lächelte: „Für euer junges Alter sprecht ihr ungewöhnlich weise, Mensch.“ - „Mein Name ist Halvar. Und der eure?“ - „Larcs nennt man mich. Sagt mir, warum habt ihr mich gerettet?“ - „Ich habe einige Fragen an euch, das ist alles.“
Der Surs überlegte kurz und meinte dann knapp: „Ihr glaubt, dass ich nun in eurer beider Schuld stehe, nicht wahr? Aber ist euch nicht bewusst, dass ich ein Leben als Dieb führe, ohne Reue und ohne Ehre? Jederzeit könnte ich euch in den Rücken fallen, schon eben, als ihr noch schliefet!“ - „Das wäre keine gute Idee. Ihr wäret eurer Lunge befreit, ehe ihr auch nur eine Feder gerührt hättet.“, knurrte Kurin, der sich nun wieder zu den anderen gesellte und drohte Larcs mit seiner Kralle. „Oh tapferer Halbwolf, es sieht euch ähnlich euren Gegner vor euch selbst zu warnen. Doch ist es mehr als seltsam einen eures Volkes mit einem jungen Menschen als Anhängsel durch die Wüste ziehen zu sehn.“ - „Er ist kein Anhängsel, sondern eher ein Schüler. Und viel mehr noch: Mein Freund.“ Der Surs lächelte undurchsichtig und lehnte sich zurück. „Also, Halvar. Ihr hattet Fragen an mich?“ Halvar sah auf. Während sich Larcs und Kurin stritten, war er in Gedanken versunken. „Ich...ja ich habe einige Fragen. Sehr viele sogar. Aber vorerst nur eine: Was hat euch in diese Wüste verschlagen? Und warum führt ihr solch ein karges Leben bei euren Fähigkeiten?“ - „Ihr solltet Zählen lernen, Mensch. Das waren gleich zwei Fragen. Aber gut ich will es euch verraten. Nun ist genug Zeit vergangen um diese alten Wunden nichtmehr schmerzen zu lassen. Einst war ich der Lieblingsschüler des großen Lehrmeisters Sucuri und man sagte mir eine große Karriere bei der Armee des Suradepts voraus. Doch dann wurde ich aufgrund eines Tricks meines Vetters aus dem Horst verbannt. Lange zog ich ziellos umher bis ich den Räuberkönig Daresch traf. Naja und der Rest dürfte Geschichte sein.“
Halvar schwieg und dachte über das Gehörte nach. Über diese Dinge hatte er noch nie etwas gehört. In keiner der Geschichten hatte der Großvater etwas von einem Räuberkönig erwähnt und auch nichts von einer Armee der Surs. Bislang hatte er geglaubt sie seien ein umherziehendes Volk, dass sich höchstens als Söldner verdingt. Doch Kurin schien nichts neues gehört zu haben, weshalb Halvar nicht weiter fragte und darauf vertraute, dass Larcs die Wahrheit gesagt hatte. Schließlich war es Zeit weiter zu ziehen. Sie brachen das Lager ab und ließen den Schatten der Felsen hinter sich.
Vor ihnen sahen sie nunmehr blanke Sanddünen und keinerlei Anzeichen von Leben mehr.
„Nun kommt der schwierigste Teil unserer Reise. In den nächsten vier Tagen wird uns kein Lebewesen größer als eine Schlange mehr begegnen und keine Wasserstelle mehr zu finden sein. So lange bis wir die Gorgon die Oasenstadt erreichen.“, sprach Kurin und deutete in die Wüste hinaus.


Bote der Tage von Einst



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