World of Fantasy - Die japanische Sprache

Japanisch - Einführung

Japanisch - Einführung

Der dümmste Römer hat Latein gekonnt. Und es gibt weit über 100 Millionen Menschen, die fließend Japanisch sprechen, lesen und schreiben können. Die Aufgabe ist also durchaus lösbar. Es ist weniger eine Frage von Intelligenz, sondern von Ressourcen: Sie brauchen Zeit und Geld für Sprachkurse. Und wenn Sie wirklich gut Japanisch sprechen und verstehen können wollen, ist ein längerer Aufenthalt in Japan unumgänglich.
Da es gut ist, schon vorher zu wissen, auf was man sich einläßt, gebe ich im folgenden einen ganz groben Überblick über die japanische Sprache, die sich in vielerlei Hinsicht von europäischen Sprachen unter-scheidet.
Einiges ist im Japanischen einfacher als im Deutschen. Es gibt nur 2 unregelmäßige Verben, es wird relativ wenig dekliniert und konjugiert und die Grammatik ist relativ einfach und sehr logisch aufgebaut (wesentlich einfacher als etwa die deutsche oder lateinische Grammatik). Das Hauptproblem sind die total anderen Wörter, für die es keine Eselsbrücken gibt, und die tausende von Kanji, die erst mal jeden abschrecken. (Tatsache ist allerdings, daß die Kanji das Erlernen des Japanischen erheblich erleichtern.)
Im Japanischen gibt es verschiedene Höflichkeitsstufen (die ich aus alter Gewohnheit PL1 bis PL4 ("politeness level") nenne. So heißen sie nämlich im Manga-Jin, einem sehr netten und empfehlenswer-ten amerikanischen "Lehrbuch", das die japanische Sprache anhand von Comic-Beispielen erläutert - siehe dazu auch mein kleines Literaturverzeichnis). Diese Stufen können in europäischen Sprachen in dieser Form nicht nachgebildet werden, sind aber relativ leicht zu verstehen. Jedes Verb hat eine Grund-form (so steht es im Lexikon - diese entspricht PL2, der Umgangssprache zwischen Gleichgestellten). Daneben hat es auch eine Höflichkeitsform (PL3. So redet man z.B. vorzugsweise mit seinem Chef im Dienst - nach Feierabend geht aber auch PL2). Mit PL1 wird die Ebene der Schimpfwörter und derglei-chen bezeichnet. Dafür gibt es keine Konjugationsform, sondern, wie bei uns auch, entsprechende Wör-ter. PL4 ist die super-höfliche Variante, für die es ebenfalls spezielle Wörter gibt (die wiederum ein Grund- und ein Höflichkeitsform haben. Die Einteilung in diese 4 Stufen ist also nur eine Vereinfachung der tatsächlichen Verhältnisse.) Neben der Höflichkeit unterscheidet man auch noch nach Formalität, zwischen Umgangs- und Schriftsprache etc.
Gewöhnungsbedürftig ist der Umstand, daß die meisten Wörter mehrfach vorkommen, nämlich als ori-ginal japanische Wörter und als chinesische "Import"-Wörter (auch "sino-japanische Wörter" genannt). "Seele" heißt z.B. REI, RYO, tama, wobei tama das japanische Wort ist (kun-Lesung, per Konvention kleingeschrieben) und REI und RYO die beiden entsprechenden chinesischen Lesungen (ON-Lesung, großgeschrieben). Wenn das Wort für sich alleine steht, nimmt man das japanische, in Kombinationen (meistens) die chinesischen. Nebenbei bemerkt gibt es für "Geist" oder "Seele" noch weitere Wörter, die mit anderen Kanji geschrieben werden.
Für die Japaner hat das jeweilige chinesische Wort einen eher sachlichen, das japanische einen mehr poe-tischen Klang.
Das Phänomen redundanter Vokabeln existiert natürlich nicht nur im Japanischen. Beispiele aus dem Deutschen: Wagen (deutsch) - Auto (lateinisch). Augenarzt (d) - Ophtalmologe (griechisch). Erzieher (d) - Pädagoge (gr). Usw.
Die Kanji gehen, wie erwähnt, auf chinesische Wörter zurück, die zum größten Teil nur aus einer Silbe bestehen und durch 4 bis 7 Tonhöhen (je nach Dialekt) unterschieden werden. Die Japaner konnten diese Ton-Differenzierung in ihrer Sprache nicht nachbilden, so daß es nun im Japanischen jeweils Dutzende von Kanji mit der gleichen Lesung gibt. Wenn man zum Beispiel einen Japaner fragt, was "JI" oder "SHIN" heißt, so kann er das unmöglich beantworten, ohne das Zeichen geschrieben zu sehen. In der Praxis ist diese Schwierigkeit allerdings kaum von Bedeutung, das sich die Wörter aus mehreren Silben zusammensetzen und dann zumindest im Sinnzusammenhang eindeutig sind. Original japanische Wörter sind es sowieso.
Ansonsten ist Japanisch recht konventionell: es gibt Verben, Adjektive (davon allerdings 2 Sorten), Sub-stantive, die üblichen Strukturwörter usw. Nichts, was man nicht kapieren könnte. Der Satzbau ist ganz anders als in europäischen Sprachen (und wesentlich einfacher als bei uns), der Aufbau zusammengesetz-ter Wörter aber ähnlich wie im Deutschen (so was wie "Donaudampfschiffahrstgesellschaftskapitänsmüt-ze" kann man im Japanischen ziemlich 1:1 nachbauen).
Noch ein paar Besonderheiten:
• Japanisch wurde früher auf Schriftrollen geschrieben. Daher stammt die heute noch oft verwende-te Schreibrichtung von oben nach unten und spaltenweise nach links fortlaufend. Entsprechend werden japanische Bücher auch andersherum gelesen als unsere. (Zwar von vorne nach hinten - natürlich - nur ist vorne da, wo bei unseren Büchern die Rückseite ist.)
• Ob man ein Wort in Kana oder Kanji schreibt, ist Geschmacksache. Eine Rechtschreibung exis-tiert in dieser Hinsicht nicht. Auch Katakana findet man oft in Mangas.
• Im Japanischen gibt es - besonders in Südjapan - Dialekte, die stärker vom Hochjapanischen ab-weichen als die deutschen Dialekte vom Hochdeutschen. Aber dank des Fernsehens spricht und versteht jeder Hochjapanisch - zum Glück.
• Sprachmäßig sind die Japaner - vor allem in Asien - wesentlich aktiver als wir. In Kathmandu (der nepalesischen Hauptstadt) gibt es, wie ich gehört habe, eine oder zwei Sprachschulen für Deutsch, aber ein Dutzend für Japanisch. Japanisch ist im Kommen.
Wie lange braucht man denn nun, um Japanisch zu lernen?
Das kommt darauf an. Wenn Sie genügend Zeit, Geld und Ausdauer haben und in Japan an einer Sprach-schule lernen, können Sie sich nach ein paar Wochen ganz gut verständlich machen und nach einem Jahr fließend sprechen. Zum Lernen der ca. 2000 nötigen Kanji braucht man länger, das kann man aber auch Zuhause machen. (Ich kenne allerdings einen, der 1 Jahr in Taiwan war und dort 3000 Kanji gelernt hat!) Normalerweise schafft man ein paar hundert pro Jahr, soviel wie die Japaner auch (2000 - 3000 in 9 Schuljahren). Aber: man muß sie jeden Tag üben. Selbst Japaner vergessen sie, wenn sie länger im Aus-land leben!
Und wie mache ich es am besten?
Mit Sprachkassetten, die Sie jeden Morgen beim Frühstück oder im Bus hören. Auf diese Weise lernen sie nebenbei eine ganze Reihe von Mustersätzen auswendig. Und wenn Sie ein paar tausend davon und das entsprechende Vokabular beherrschen, dann können Sie japanisch zumindest sprechen und verstehen.
Natürlich reichen Kassetten allein nicht; Sie müssen auch Kurse besuchen und sich auch sonst mit Schrift, Sprache und Kultur beschäftigen. Betrachten Sie es als ein Hobby, denn Sie werden viel Zeit, Ausdauer und Motivation brauchen. Aber es lohnt sich.
Noch eine Warnung
Ein deutscher Japanologe weiß erheblich mehr über japanische Grammatik als 99% der Japaner. D.h. Sie können nicht einfach einen Japaner auf der Straße darum bitten, ihnen etwas über seine Sprache zu erklä-ren. (Überlegen Sie mal umgekehrt, sie müßten jemandem die deutsche Grammatik erklären.)
Das Problem ist nicht nur, daß er es nicht weiß, sondern daß er auch das Gesicht verliert, wenn es das zugibt. Also wird er ihnen wahrscheinlich irgendwas erzählen, was weder er noch Sie verstehen werden.
Also überlegen Sie, wen Sie was fragen. Ihre Lehrer dürfen Sie eigentlich immer fragen. Ob die auch immer eine vernünftige Antwort wissen, sei mal dahingestellt. Manchmal muß man sich das, was man wissen will, wirklich mühsam aus verschiedenen Quellen zusammensuchen.
Und zum Abschluß dieses Kapitels noch eine Bemerkung
Dieser Japanisch-Kurs ist über einen Zeitraum von mehreren Jahren entstanden und immer weiter ausge-baut worden. Es kann also vorkommen, daß ich bestimmte Sachen an verschiedenen Stellen zweimal erkläre. Ich hoffe allerdings, daß ich mir nicht irgendwo selbst mal widerspreche.
Eigentlich war der Aufbau so gedacht, daß man von sich vorne nach hinten fortschreitend durcharbeiten sollte. Aber auch das habe ich nicht durchhalten können. Die Informationen verteilen sich mehr oder weniger gleichmäßig über alle Kapitel, so daß der Kurs eigentlich eher eine Referenz ist.