Die Hexen von Salem
Eine berüchtigte Hexenjagd, welche gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts die Gesellschaft Neuenglands schockierte und viele Menschenleben kostete, ging als eine der erschütterndsten Episoden in der Geschichte des kolonialen Amerika ein. Den Prozessen waren Vorfälle vorausgegangen, die sich zu Beginn der neunziger Jahre des siebzehnten Jahrhunderts in dem Dorf Salem im ländlichen Massachusetts zugetragen hatten. Die Prozesse selbst wirkten nachhaltig auf das amerikanische Bewußtsein. Sie stellten den schlimmsten Ausbruch des Hexenwahns westlich des Atlantik dar. Die Tragödie der Hexen von Salem begann 1692, als bei acht Mädchen im Alter von elf bis zwanzig Jahren Anzeichen dämonischer Besessenheit auftraten. Wie es scheint waren die Mädchen von der Lektüre sensationeller Druckschriften über das Hexenwesen beeindruckt worden und mögen darüber hinaus wohl auch durch die haarsträubenden Geschichten fasziniert gewesen sein, welche sie von Tituba, eine von den westindischen Inseln stammenden Sklavin des Ortsgeistlichen Black, gehört hatten. Die ersten Opfer der Hysterie waren die elfjährige Abigail Williams und deren Cousine Elisabeth Parris, die neunjährige Tochter des Geistlichen Samuel Parris. Die Mädchen erlitten Anfälle, schrien und krümmten sich am Boden. Sie glaubten in Tiere verwandelt worden zu sein. Verwandte und Nachbarn waren von dem gottlosen Verhalten der Mädchen verblüfft, die Mädchen warfen die Bibel durch den Raum, störten die Gottesdienste und zeigten ihren Eltern gegenüber ungehorsamkeit. Die geschockten Erwachsenen, welche Zeugen des Geschehens waren oder davon gehört hatten, kam auch sogleich das Wort "Hexerei" in den Sinn.
Die Hysterie sprang rasch auf andere Mädchen im Dorf über, die nun ähnliche Symptome zeigten. Unter ihnen fielen sieben besonders auf: die achtzehnjährige Elizabeth Booth, die siebzehnjährige Elizabeth Hubbard, die neunzehnjährige Mercy Lewis, die zwölfjährige Ann Putnam, die achtzehnjährige Mary Walcatt und die zwanzigjährige Mary Warren. Ebenfalls betroffen waren die zwölfjährige Phoebe Chandler, die zwanzigjährige Sarah Churhill, die zwanzigjährige Margeret Reddington, die sechszehnjährige Martha Sprague, die neunzehnjährige Sarah Trask und die sechsunddreissigjährige Sarah Bibber. Bei Mary Warren, welche als Dienstmädchen im Haushalt von John und Elizabeht Proctor arbeitete, stellte sich eine zeitweilige, doch deutliche Linderung der Symptome ein, als ihr Dienstherr John Proctor drohte sie durchzuprügeln wenn sie noch so einen Anfall bekäme. Doch sobald er das Haus verlassen hatte begannen die Anfälle vom neuem.
Angesichts dieser Hysteriewelle im Dorf kamen die Geistlichen und der ortsansässige Arzt Dr. Griggs, der keine medizinische Erklärung für die Anfälle finden konnte, überein, daß die Ursache für das ungewöhnliche Verhalten der Mädchen Hexerei sein mußte.
Die jungen Damen wurden befragt und gebeten, die Hexen zu nennen, welche für diesen Zustand verantwortlich seien. Vielleicht erkannten die Mädchen, daß sie auf diese Weise einer Bestrafung für ihre überall bekannten Vergehen entkommen konnten und nannten die Namen mehrerer Frauen, welche alle auf die eine oder andere Art Anhaltspunkte für den Verdacht der Hexerei lieferten.
Als eine ihrer Peinigerinnen benannten die Mädchen Titbutas, die Sklavin der Familie Parris. Die anderen waren Sarah Good, eine Bettlerin, die eine schwäche für das Pfeifenrauchen hatte, Sarah Osborne, eine verkrüppelte Frau, die drei mal verheiratet gewesen war und Martha Cory, welche mit ihrem Sohn, einem Halbblut, außerhalb der ehrbaren Gesellschaft stand. Diese vier Frauen wurden im Februar 1692 vorbereitend verhört, wobei sie jegliche Beschäftigung mit der Hexenkunst in Abrede stellten. Die Richter jedoch waren mehr vom Verhalten der jugendlichen Klägerinnen beeindruckt, die ihre Vorwürfe wiederholten und obendrein behaupteten, sie seien ungesehen geschlagen, gekniffen und anderweitig mißhandelt worden. Mitunter agieren sie gemeinsam, wobei eines der Mädchen einen Anfall erlitt, nachdem ein anderes gesagt hatte, es könne sehen das die Angeklagten, unsichtbar für alle Anwesenden, in ihrer Geistergestalt auf sie zukämen. Zusätzlich zu den ursprünglichen Anschuldigungen erhoben die Mädchen - anscheinend auf Veranlassung von Ann Putnam's Mutter - weitere Anklagen, bis einhundertfünzig Personen aller Klassen und gesellschaftlicher Herkunft in den Fall hineingezogen waren. Die Bezichtigungen waren meist ähnlicher Natur, die genannte Person hatte die Klägerin angeblich gepeinigt, indem sie ihre "Erscheinung" ausgesandt habe, um das Mädchen zu zwicken, zu würgen und anderweitig zu quälen.
Nicht alle Angeklagten kamen aus dem Dorf Salem, einige stammten aus Nachbarsgemeinden wie Salem Farms und Topsfield, mit denen die Leute aus Salem seit langen im Streit lagen. Ann Pudeator und Mary Parker kamen aus dem weit entfernten Andover. Sie gehörten zu den vierzig Personen aus der Stadt, die wegen Hexerei angeklagt wurden, nachdem man sie einer "Berührungsprobe" unterzogen hatte. Bei dieser Probe mußten die angeblichen Hexen Ann Putnam oder Mary Walcott während eines Anfalls berühren. Beruhigten sich die Mädchen bei der Berührung, dann waren die Verdächtigen gewiß schuldig. Vor den Anschuldigungen der Mädchen war niemand sicher. Als Richter Dudley Bradstreeet aus Andover sich weigerte weitere Haftbefehle zu unterschreiben, wurde er selbst der Hexerei beschuldigt und floh, bevor er wegen Mordes an neun Personen vor Gericht gestellt werden konnte. Sein Bruder war ebenfalls angeklagt. Ihm warf man vor einen Hund mittels Hexerei zum Verüben eines Verbrechens angestiftet zu haben. Selbst der Hund kam vor Gericht und wurde gehängt.
Als man die Mädchen nach Boston brachte, gehörte zu ihren Opfern dort Hauptmann John Alden, dem seine Taten in den Indianerkriegen einst den Ruf eines Helden eingebracht hatten. Bei seinem Erscheinen fielen die Mädchen in Ohnmacht, erholten sich aber bei der "Berührungsprobe" schnell wieder. John Alden wurde ins Bostoner Gefängnis geworfen, von wo ihm vier Monate später jedoch die Flucht gelang.
Bei allen Mißlichkeiten ihrer Lage hatten die Angeklagten dennoch Verbündete. So wurde Beispielsweise der Versuch unternommen, Sarah Bibber als Zeugin in Mißkredit zu bringen, in dem mehrere Personen ihren "aufsässigen, aufrührerischen Geist" bezeugten und behaupteten, sie habe ihre angeblich von unsichtbaren Geistern stammenden Wunden vorgetäuscht und sich statt dessen selbst mit einer Nadel zerkratzt, welche in ihrer Kleidung verborgen gewesen sei. John Willard, ein Bauer und Polizist aus Salem, der die ersten Verdächtigten verhaftet hatte, erkannte klar, daß die wahren Schurken des Stückes die acht "Hexenschlampen" seien, die sich die meisten Anschuldigungen nur ausgedacht hatten. Er legte Nahe, wenn jemand gehängt werden müßte, sie diejenigen seien, die an den Galgen gehörten. Dieser Ausbruch mußte Unannehmlichkeiten nach sich ziehen und so floh Willard aus dem Dorf. Zehn Tage später wurde er gefaßt und gleich wegen sieben Verbrechen verurteilt. Am 19. August 1692 wurde er gehängt.
Einige der Angeklagten gehörten zu den geachtesten Bürgern ihres Distrikts. Manche der Angeklagten standen bereits in einem zweifelhaften Ruf mit Vodoopuppen zu hantieren und dadurch Krankheiten und den Tod vieler Menschen herbeizuzaubern.
Als die Konsequenzen der Anschuldigungen sichtbar wurden, deutete sich bei den Mädchen der Wunsch an ihre unsinnigen klagen zurückzuziehen. Doch nur zwei von ihnen, das Dienstmädchen Sarah Churhill und Mary Warren, gaben auch wirklich zu, gelogen zu haben. Sarah entschloß sich zu gestehen als ihr Dienstherr G. Jacobs verhaftet und verhört wurde, während Mary erst reiflich überlegte, als John und Mary Proctor ins Gefängnis kamen. Dennoch änderte Sarah Churhill ihren Sinn, da sie fürchtete das Gericht würde ihr Geständnis ignorieren und bekräftigte ihre ursprünglichen Bezichtigungen. Mary Warren hingegen wurde von den anderen Mädchen bedroht, welche offensichtlich besorgt waren das ihr Betrug entdeckt werden könnte. Sie wurden von Ann Putnam, Mercy Lewis, Mary Walcott und Abigail Williams schließlich selbst beschuldigt, eine Hexe zu sein. Unter dem Druck, den die Mädchen und auch die Richter auf sie ausübten, fügte sie sich und bestätigte sich ins Buch des Teufels eingetragen zu haben und von John Proctors Geist gepeinigt worden zu sein.
Die Mädchen, welche sich nun verpflichtet sahen an ihren Vorwürfen bis zum Schluß festzuhalten, blieben bei ihren Anschuldigungen und verfolgten die Opfer vor Gericht mit gewollter und unmenschlicher Grausamkeit. Fünfundfünfzig von einhundertundfünfzig Angeklagten ließen sich zu einem Geständnis überreden. Der Inhalt der meisten Geständnisse entspreche zum größten Teil den Vorstellungen, die man im siebzehnten Jahrhundert in Neuengland von den Gepflogenheiten des Hexenwesens hatte, z.B. auf Hexenbesen reiten, den Teufel anbeten und andere Dinge. Das Gericht hörte die Anschuldigungen der Mädchen, trug jedoch auch von erwachsenen Zeugen Beweise zusammen. Die Mädchen waren darum bemüht, die Schuld der von ihnen bezichtigten Personen zu bekräftigen. Wann immer eine angebliche Hexe in ihre Nähe kam erlitten sie Krampfanfälle. Damit glaubten alle das diese Person wirklich eine Hexe sei. War jemand dann der Hexerei angeklagt, galt er von vornherein als Schuldig und sein Schicksal war damit bereits vorgeschrieben. Von den Angeklagten wurden einunddreißig zum Tode verurteilt und neunzehn tatsächlich gehängt.
Der Tod des achtzigjährigen Giles Cory war eine der schrecklichsten Grausamkeiten, welche es bei diesem Ausbruch des Hexenwahn in Salem gab. Da er sich weigerte sich zu seinen Anklagepunkten zu äußern und somit der Prozeß gegen ihn nicht eröffnet werden konnte, mußte er Nackt zwei Tage lang ohne Nahrung und mit schweren Gewichten auf der Brust auf einem Feld in der Nähe des Dorfgefängnisses liegen, bis er seinen Sinn geändert hatte. Der alte Mann, dem offenbar die Hoffnungslosigkeit seines Falles bewußt war, weigerte sich noch immer vor Gericht zu kooperieren. Er starb schließlich unter der schweren Last auf seinem Körper.
Das Resultat des Salemer Hexenprozesses führte zu einer großen Debatte in der Gesellschaft Neuenglands. Die Bereitschaft des Gerichts, die ungewöhnlichen Anschuldigungen junger Mädchen zu akzeptieren, berührte viele Beobachter. Thomas Brattle, ein geachteter und einflußreicher Bostoner Bürger, veröffentlichte eine ganze Reihe von Kritiken an der Art und Weise der Prozeßführung: Er stellte die Zuverlässigkeit von Zeugen in Frage, die angeblich unter Satans Einfluß standen und tadelte die Richter für ihre leichtgläubige und widersprüchliche Einstellung zu diesem Fall.* Hexen
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HexenverfolgungSo schnell, wie die Hysterie in Salem die Kolonie überschwemmt hatte, änderte sich die Meinung der Bevölkerung über diese Angelegenheit. Die wenigen der Gefangenen wurden freigesprochen. Viele Hinterbliebene der Opfer bekamen eine geringe finanzielle Entschädigung und wurden um Vergebung gebeten. Die Mädchen, deren Anschuldigungen direkt zum Tod so vieler Menschen aus ihrer näheren Umgebung geführt hatten, gingen Straffrei aus. Dem Anschein nach zeigten sie keinerlei Reue für ihre Missetaten. Lediglich Ann Putman wagte es, eine Art Geständis abzulegen.Sie verlas vierzehn Jahre nach den Prozessen folgende Worte: "... es war eine große Verblendung Satans, die mich in dieser schlimmen Zeit getäuscht hat, und ich fürchte zu Recht, daß ich dadurch mit anderen, zwar unwissentlich und unabsichtlich, so doch wesentlich dazu beigetragen habe, über mich und dieses Land die Sünde unschuldig vergossenen Blutes zu bringen; doch was ich gegen eine Person gesagt oder getan habe, so kann ich wahrhaftig und aufrichtig vor Gott und den Menschen sagen, habe ich nicht aus Ärger, Tücke oder bösem Willen gesagt oder getan, denn ich empfand nichts dergleichen gegen einen von ihnen, aber was ich, vom Satan getäuscht, getan habe, geschah unwissentlich..."
Die Magie ist wie die Natur, sie kann wunderschön sein aber auch unberechenbar!