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Zu schön, um wahr zu sein, BMW Concept CS

Zu schön, um wahr zu sein, BMW Concept CS

Unendliche Stille im alten Bahnausbesserungswerk in Münchens Norden. Nur hoch oben im Hallendach gurren manchmal Tauben. Die großen Wanduhren stehen still, lange schon. Doch in einem himmelblauen BMW 3.0 CS ist noch Leben. Hinter der schmalen Instrumententafel mahlt rumorend das Uhrwerk, seit 32 Jahren. Das 180 PS starke Coupé mit der Karmann-Karosserie parkt im Hallenstaub. Daneben ein früher Vorgänger, der von Bertone geschaffene 3200 CS mit Achtzylinder (1962-1965). Gerade mal 603 Exemplare hat BMW davon gebaut. Preis damals: 29.850 Euro. Spitze 200 km/h, 160 PS. Ein elegantes Auto, das einst dem Paroli bot. Außerdem zum Fototermin erschienen: ein 23 Jahre alter 635 CSi mit nicht einmal 2000 Kilometern auf dem Tacho und 218 PS unter der Haube.Und dann ist da noch ein ganz neues BMW-Gesicht: der Concept CS, eine Studie, mit der die Bayern vor ein paar Wochen auf der Automesse in Shanghai den ganz großen Auftritt hatten. Ein viertüriges Coupé mit automatisch ausfahrenden Türgriffen und einem Kunststoffkleid, das wie mattes Alu aussieht. BMW will uns mit der Neuvorstellung in den alten Hallen zeigen: Es gibt durchaus eine Verbindung zwischen Alt und Neu. Nur wo? Okay: Endloshauben, lange Radstände, leicht wirkende Dachkonstruktionen und schmale Säulen sind allen vier Coupé-Generationen gemein. Und auch der nach dem früheren BMW-Designer Wilhelm Hofmeister benannte Knick an der C-Säule ist dem Zeitgeist noch nicht zum Opfer gefallen.

Doch beim Concept CS blitzt die BMW-Niere nicht mehr zurückhaltend im Kühlergrill, sie ist der Kühlergrill: eine aggressive Konstruktion aus Metallstäben, die entfernt an einen Kleintierstall erinnert. Dazu Riesenräder (21 Zoll) in wuchtigen Radhäusern. Blinzelnde Scheinwerfer-Schlitzaugen mit LED-Technik sorgen für den besonders bösen Blick. Früher war das alles sehr viel dezenter. "Die BMW Coupés (...) sind besonders beweglich, leichtfüßig und agil", heißt es in einem Prospekt über den 6er von 1985. Ein solches Automobil würden "ambitionierte Kenner nicht als eindrucksvolles Mittel zur Demonstration von Status auffassen, sondern als möglichst perfekte Voraussetzung für Fahrfaszination." In einer anderen Broschüre von 1980 steht: Die Form ist "nicht Selbstzweck, sondern das Resultat funktionaler Gestaltung".

Das hat sich grundlegend geändert. Denn die BMW-Antwort auf Porsches kommendes Viertüren-Coupé Panamera und den Mercedes CLS ist alles andere als bescheiden: extrem wuchtig, kein Leichtathlet mehr wie früher, sondern ein bulliger Kraftsportler. Kernig wie ein Rennmotor brüllt der 507 PS starke Zehnzylinder aus dem M6. Schalensitze umschmiegen alle vier Passagiere und geben ihnen so ein sicheres Gefühl. Das knallige Design des Tachos erinnert an die Front eines Kasinos in Las Vegas. "Die Designabteilung hat sich ins Zeug gelegt. Insgeheim hoffen wir, dass der Wagen gebaut wird", sagt Chefdesigner Adrian van Hooydonk.

Doch der Künstler hat kaum Chancen, dass sein Baby so je in Serie geht. Eine Konzernsprecherin erklärt: "So, wie der Wagen beim Fotoshooting stand, kommt er nicht. Es handelt sich in erster Linie um eine Design- und Konzeptstudie." Nicht ausgeschlossen sei, dass einzelne Elemente irgendwann kommen werden. Solche Standardaussagen aber holen PR-Strategen immer aus dem Satzbaukasten, wenn Journalisten sie zu Studien befragen. Die 1,36 Meter flache und 5,10 Meter lange Flunder bleibt also ein Showgirl, das sich auf der Bühne von allen Seiten präsentiert und am Ende der Vorstellung im Halbdunkel von der Bühne schleicht. Das Publikum bleibt erregt sitzen und geht frustriert nach Hause. Van Hooydonk weiß: "Wenn wir so etwas zeigen, entsteht eine Erwartungshaltung. Wir dürfen es uns auf keinen Fall leisten, den Kunden zu enttäuschen."

Doch leider ist das fast immer die Regel. Der Pforzheimer Designprofessor Lutz Fügener hat drei Showcar-Typen ausgemacht. Die erste Variante ist zum Antesten da, um erste Reaktionen zu sammeln. "Taktische Showcars" nennt Fügener die zweite Studien-Art: "Sie sollen markentreue Kunden auf Wendungen im Konzern einstimmen. " Beispiel: Audis Sportwagenstudie Rosemeyer sollte einst den markanten Singleframe-Grill, der heute die Audi-Modelle schmückt, schmackhaft machen. Studie Nummer drei richtet sich an die Konkurrenz und soll wechselwillige Stammkunden bremsen. Die Botschaft: Wartet ab, so was haben wir bald im Programm. Denkbar, dass BMWs Limousinencoupé gelangweilte 5er- oder 7er-Fahrer von einem Seitensprung zum geplanten Porsche Panamera abhalten soll. Aber Vorsicht: Niemals in ein Showgirl vergucken! Es könnte eine Liebe ohne Happy End werden.