Tradition-Respekterweisung durch das Berühren der Füße
Tradition-Respekterweisung durch das Berühren der Füße
Sat sri akal!
Ich kenne die Tradition des Füße Berührens als Respekterweisung der Jüngeren gegenüber den Älteren aus den BW-Filmen und habe mir sagen lassen, daß dies auch bei den Sikhs gemacht wird. Mich interessiert, ob das auch bei den in Deutschland lebenden Sikhs gehandhabt wird. Wie ist das aber mit/bei deutschen (Ehe-)Frauen? Ich persönlich habe mit dieser Tradition kein Problem, wüßte aber gern mehr. Daß ich meinem Freund nicht in aller Öffentlichkeit die Füße berühre, ist mir schon klar. Das ist sicherlich situationsabhängig und sollte schon vom Herzen kommen. Was ist aber, wenn die dt. Frau älter ist als der ind. Partner (das betrifft meine Freundin)? Kann sie ihm dann trotzdem auf diese Weise ihren Respekt erweisen?
Über Antworten und/oder eine Diskussion zu diesem Thema freue ich mich sehr, denn ich wüßte gern, wie andere darüber denken!
Liebe Grüße und allen einen schönen Tag!
Re: Tradition-Respekterweisung durch das Berühren der Füße
Im Sikhismus ist es Verboten von irgend jemanden die Füße zu berühreren im klassischem Sinne als Respekt zu geben. Strenge Sikhs könnten leicht beleidigt wirken.
Man zeigt der Person der man die Füße berührt, das sie mehr Respekt kriegt und einen höheren Rank hat. Viele machen es und berühren die Füße älterer und von Sants (heilige) um ihnen Respekt zu erweisen. Damit sie im gegenzug gesegnet werden von ihnen.
Sinn ist es das man die Füße berührt und dann den Segen von der Person bekommt. In indien wird dann oft gesagt: Jithe Roho (Lebe Lang). Viele Eltern zwingen die Kinder regelrecht um die Füße anderer zu berühren, wenn das erfolgreiche Personen sind oder so, um segen von ihnen für die zu bekommen das sie Erfolgreich sind.
Warum gerade die Füße? Es gibt meines erachtens 2 Versionen die ich kenne.
Die Füße sind die Teile des Körpers, die am meisten Gewicht tragen. Sie tragen den Körper ein Lebenlang und leisten dadurch etwas besonderes.
Die Brahmen haben das Kasten System in 4 Teilen des Körpers eingeteilt. Zu dem die Füße die Shudras das niedrigste ist. Früher war es so wenn man um verzeiung bat musste man die Füße berühren um ihn zu Zeigen, dass er höher ist, selber beschämt ist und niedriger ist.
Also ich würde jeden abraten jemanden egal wie alt man ist die Füße zu berühren. Eine warme Umarmung tut es auch. Jeder ist gleichberechtigt und egal ob alt oder jung, alle haben den gleichen Rank in der Familie. So wie Guru Gobind Singh ji oder Guru Harkrishan ji uns auch gezeigt haben. Ältere Menschen mehr respekt zu geben, kann man auch anders. Man kann sie mit respektvoller reden ansprechen mit ji unter anderem.
Was Bollywood angeht. Bollywood ist nicht gleich Indien und was die Sikhs in Bollywood anbelangt, dies ist sowieso fraglich, wie sie die Sikhs in den Filmen zeigen.
ich hoffe ich habe keinem das Herz gebrochen und es soll auch keine Aufforderung sein damit auf zu hören.
Mfg Robin
Re: Tradition-Respekterweisung durch das Berühren der Füße
Hallo Robin,
danke für Deine schnelle und ausführliche Reaktion! Deine Antworten haben mich teilweise verwirrt, aber keineswegs haben sie mir 'das Herz gebrochen'. Daß es zu diesem Thema verschiedene Einstellungen und Meinungen gibt, war mir von vornherein klar. Das ist ja auch gut so. Auch kenne ich Deine Erklärung, warum den Füßen solch Beachtung entgegengebracht wird.
Aber warum es den Sikhs streng verboten ist, die Füße eines anderen Menschen zu berühren, verstehe ich einerseits, andererseits nicht. Mit der Gleichberechtigung hast Du natürlich recht, die wird ja im Sikhismus groß geschrieben. Das gefällt mir ja an dieser Religion!
Daß BW nicht die Realität Indiens zeigt, ist mir schon klar. Die Sikhs in den typischen BW-Filmen erkennt man oft nur am Nachnamen Singh. Eventuell tragen sie noch den Armreif/Kara und den Turban. Aber in dem Panjabi-Film "Des Hoya Pardes" werden die Füße der Älteren genauso oft (und scheinbar selbstverständlich) berührt wie in den normalen BW-Filmen... Ich war/bin eigentlich davon überzeugt, daß dieser Film ein authentisches Bild des Lebens der Sikhs im Panjab zeigt. Sollte ich mich doch so täuschen?
Es wäre schön, wenn hier noch andere Leser ihre Meinung schreiben würden...
Re: Tradition-Respekterweisung durch das Berühren der Füße
Nun ist es so, dass man Religion nicht mit Kultur gleichsetzen oder verwechseln darf. Religion gehört nun mal zu einer Kultur dazu, genauso, wie die Sitten, Sprache, Essen & Trinken, Folks Musik, Tänze, Kleidung usw.
Ein anderes Beispiel. Das Fest Rakshabandan, wo die Schwester dem Bruder eine Art Freundschaftsband bindet. Dies kommt im Sikhismus nicht vor und Gursikhs (streng nach dem Kodex lebenden) machen dies auch nicht. Eine Deutsche hat z.B. in Amritsar in einem Shop beim Harmandir Sahib (Goldenen Temple) ein Bild wo Guru Nanak dev ji eine Rakhri gebunden bekommt von seiner Schwester Bibi Nanaki gekauft. Viele Sikhs wissen nicht und können nicht zwischen Kutltur und Religion unterscheiden. Die Jenigen die nach dem Kodex der Sikh Rehet Maryada leben, haben aber eine eigene Lebenskultur entwickelt und leben nicht mit solchen Ritualen.
Viele Sikhs kennen auch nicht den Unterschied und führen es Blind weiter, was man auch kritisieren muss. Es sind so viele Sachen die eigentlich nicht in die Religion gehören, z.B. auch unter anderem die Bevorzugung eines Jungen als Kind. Oder, dass das Mädchen Mitgift gibt bei der Hochzeit. Es sind solche Kleinigkeiten die viele nicht wissen, auf grund das sie ungebildet sind.
Daher kommt es oft vor das in Filmen halt so etwas gezeigt wird, weil es gang und gebe ist, weil man sich nicht der Sachen bewusst ist, was sie überhaupt bedeuten.
Mfg Robin
Re: Tradition-Respekterweisung durch das Berühren der Füße
Sat sri akal, Robin!
Wieder einmal vielen Dank für Deine Erklärungen!!! Ich als Außenstehende kann natürlich nicht zwischen eurer Religion und den verschiedensten Traditionen unterscheiden, die sich wohl schleichend miteinander vermischen. Deshalb bin ich ja froh, daß ich dieses Forum gefunden habe, wo mir meine Fragen, die den Sikhismus betreffen, so gut erklärt werden. Ich habe zwar ein Buch hier ("Sikhs und Sikhismus" aus dem Shaker Verlag), aber das beantwortet mir solche Fragen natürlich nicht.