Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Adoptionen

Jugendamt Troisdorf: Baby-Adoption

Jugendamt Troisdorf: Baby-Adoption

Jugendamt und Gericht streiten um einen Säugling

Ein 17 Wochen altes Baby ist jetzt bei einer Adoptionspflegefamilie untergebracht - Das Familiengericht Siegburg entscheidet anders als das Oberlandesgericht - Alle argumentieren mit dem "Kindeswohl"

Von Jörg Manhold

Rhein-Seig-Kreis. Ein fast 17 Wochen alter Säugling ist zurzeit Gegenstand eines Tauziehens der Behörden und Gerichte. Das Kreisjugendamt und das Oberlandesgericht Köln sind dabei über Kreuz mit dem Familiengericht Siegburg und dem Jugendamt der Stadt Troisdorf.

Alle Beteiligten argumentieren gleichermaßen mit dem "Wohl des Kindes". Der Mutter des Babys war nach der Geburt das Sorgerecht entzogen worden, weil sie als "nicht erziehungsfähig" gilt. Die Einwilligung zur Adoption will sie aber nicht geben. Das zunächst zuständige Kreisjugendamt vermittelte das Kind in eine Pflegefamilie, die bereits drei leibliche Kinder hat. "Zwei Sachverständigen-Gutachten hatten aber empfohlen, das Kind in eine Adoptionspflegefamilie zu geben mit dem Ziel einer späteren Adoption", berichtet Ursula Bretz-Wimmers.

Deshalb sei das Familiengericht eingeschritten, habe dem Kreisjugendamt die Amtsvormundschaft entzogen und auf sie übertragen. "Durch Vermittlung der Troisdorfer Adoptionsvermittlungsstelle wurde das Kind dann in eine Adoptivpflegefamilie vermittelt. Dort wird es seit gut drei Wochen liebevoll und sehr gut betreut", so Vormünderin Bretz-Wimmers.

Die Familie habe bereits seit neun Jahren auf ein Adoptivkind gewartet und sei eingehend auf ihre Eignung geprüft worden. Bretz-Wimmers selbst hatte das Kind nach vorheriger Absprache mit der Pflegefamilie abgeholt und in die neue Familie gebracht.

Daraufhin ist das Kreisjugendamt vors Oberlandesgericht (OLG) Köln gezogen und hat Recht bekommen. Das Kind soll wieder in die Pflegefamilie zurück. Die Frist für die Übergabe ist am Freitag abgelaufen. Bis dahin sollte Bretz-Wimmers die Troisdorfer Adresse des Kindes nennen, ansonsten drohten ihr Beugehaft oder 25 000 Euro Zwangsgeld.

Ebenfalls am Freitag ordnete das Familiengericht indessen an, dass das Kind bei den Adoptivpflegeeltern bleiben soll, weil "jede Herausnahme des Kindes mit der Gefahr für das seelische, leibliche und geistige Wohl des Kindes verbunden ist".

"Die Rückführung des Kindes in die frühere Pflegefamilie verstößt auch nach Aussagen der Sachverständigen Psychologin eklatant gegen das Kindeswohl. Das Baby hat zu den jetzigen Adoptivpflegeeltern bereits eine Bindung aufgebaut und würde nunmehr einem mehrfachen Orts- und Bezugspersonenwechsel ausgesetzt. Aus psychologischer Sicht sollte das Kind daher unbedingt dort bleiben, wo es jetzt ist", so Bretz-Wimmers.

Alle Vermittlungsversuche, auch die des Troisdorfer Bürgermeisters Manfred Uedelhoven, sind bisher gescheitert. Laut Kreis hat das Oberlandesgericht für die Pflegefamilie entschieden, weil es dort während der ersten drei Lebensmonate bereits Bindungen zu den Eltern und Geschwistern aufgebaut habe. Es spreche einiges dafür, dass es in diesem Umfeld seine Ängste überwinden könne. "Die Pflegefamilie ist bereit, das Kind zu einem späteren Zeitpunkt zu adoptieren, das Adoptionsbewerberverfahren ist schon angelaufen", sagte Kreisjugendamtsleiterin Ulla Schrödl dem General-Anzeiger auf Anfrage.

"Für uns ist entscheidend, dass das Oberlandesgericht in letzter Instanz unserer Argumentation gefolgt ist", sagte Kreissprecher Thomas Wagner. Im Falle einer Unterbringung in einer Pflegefamilie bestünden unter anderem mehr Möglichkeiten für einen weiteren Kontakt zwischen Kind und leiblichen Eltern. Die Pflegefamilie sei sorgfältig ausgewählt worden und erfülle alle Kriterien, die das Wohlergehen des Kindes förderte.

Bretz-Wimmers vermutet hinter dem Streit einen schon länger schwelenden Konflikt zwischen Kreisjugendamt und Familiengericht. "Das ist mir von mehreren Seiten bestätigt worden, das Kreisjugendamt will sich nicht in seine Entscheidungen hereinreden lassen", so die Vormünderin. Hier werde ein Ämterstreit ausgefochten zu Lasten eines Kindes. "Der Grundkonflikt hätte schon längst geklärt werden müssen." Sie bleibt weiter dabei, dass sie den Aufenthaltsort des Kindes nicht preisgibt und sagt: "Es geht mir dabei nur um das Wohl des Kindes".

Der Troisdorfer Jugendamtsleiter Herbert Pauli hat am Montag alle 16 beteiligten Parteien für Dienstagnachmittag zu einem Gespräch eingeladen. Im Wege der Mediation sollen nach seiner Vorstellung insbesondere die früheren Pflegeeltern und die jetzigen Adoptivpflegeeltern zu einem gemeinsamen Beschluss kommen.

Auch der Petitionausschuss des Landtags wird sich am Mittwoch mit dem Fall beschäftigen. Er ist dann zu Gast im Kreishaus und wird sich die Argumente der Verfahrensbeteiligten anhören. Die Adoptivpflegefamilie erwägt zudem eine Eingabe beim Bundesverfassungsgericht.

Adoptionsverfahren

Die Adoption eines Kindes ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient. Das Mindestalter der Adoptiveltern liegt bei 25 Jahren. Der Adoption müssen in der Regel beide leiblichen Eltern einwilligen.

Die Einwilligung kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen ist. Sie kann nicht an Bedingungen geknüpft werden und ist unwiderruflich. Außerdem ist die Einwilligung des Kindes erforderlich, die bei Kindern unter 14 Jahren vom Vormund gegeben wird.

Die Adoption soll erste nach einer angemessenen Adoptionspflegezeit (bei Säuglingen in der Regel ein Jahr) ausgesprochen werden. Im Rhein-Sieg-Kreis vermitteln das Kreisjugendamt, das Jugendamt Troisdorf und der Sozialverband katholischer Frauen (SkF) Adoptionen.

Dabei wird unterschieden zwischen Stiefkindadoptionen, Auslandsadoptionen und Fremdadoptionen. Die Liste von Adoptionswilligen Eltern für Fremdadoptionen umfasst zurzeit rund 30 Familien. Durchschnittlich können pro Jahr im Rhein-Sieg-Kreis zehn Kinder für Fremdadoptionen vermittelt werden.



(19.09.2006) http://www.general-anzeiger-bonn.de/index.php?k=news&itemid=10001&detailid=222189