Im Schlafsaal an Jungen vergangen? - Geistlicher unter Verdacht
Im Schlafsaal an Jungen vergangen? - Geistlicher unter Verdacht
Bad Neustadt/Mainz (ddp). Die katholische Kirche in Bayern sieht
sich einem neuen Fall von Missbrauchsverdacht ausgesetzt: Ein 71
Jahre alter Geistlicher soll zwischen 1972 und 1976 in einem
kirchlichen Internat im unterfränkischen Bad Neustadt Kinder sexuell
missbraucht haben. Am 27. August sei eine entsprechende Anzeige eines
50 Jahre alten ehemaligen Internatsschülers eingegangen, sagte Pater
Michael Baumbach von der Leitung der Ordensgemeinschaft Missionare
von der Heiligen Familie (MSF) am Donnerstag auf ddp-Anfrage in
Mainz. «Der betreffende Mitbruder ist seitdem selbstverständlich von
allen Aufgaben und Diensten entbunden», sagte Baumbach.
Zuletzt sei der Geistliche in einem Altenheim in
Nordrhein-Westfalen als Seelsorger tätig gewesen, mittlerweile lebe
er aber in einem Kloster. Der Mitbruder sei erstmals in einen
derartigen Verdacht geraten, «für uns alle sehr überraschend». Eine
Nachfrage in den Bistümern, in denen der Pater eingesetzt war, habe
keine Hinweise auf weitere mögliche Taten erbracht.
Nicht alle konnten sich wehren
Baumbach bestätigte damit einen Artikel in der Donnerstagsausgabe
der Würzburger «Main-Post». Das Blatt hatte unter Berufung auf den
50-Jährigen berichtet, der verdächtige Pater sei abends oder nachts
in den Schlafsaal des Internats gekommen und habe sich an Jungen
vergangen. Der Mann, mittlerweile Theologe, sei selbst aber kein
Missbrauchsopfer. Er habe die Angriffe abwehren können, «andere
nicht». Lange habe er geschwiegen, doch jetzt halte er es für
wichtig, an die Öffentlichkeit zu gehen. Kontakt zu Betroffenen, die
damals etwa zehn Jahre alt gewesen seien, habe er nicht.
In dem Fall wurde laut Baumbach eine kirchliche
Ermittlungskommission tätig, die aus einer ehemaligen
Kriminalkommissarin und einer Kirchenrechtsprofessorin bestehe. Ob
der Geistliche die Vorwürfe eingeräumt hat, wollte Baumbach vorerst
nicht sagen. Der Abschlussbericht mit den Ergebnissen der
kirchenrechtlichen Untersuchung werde um den 21. Oktober erwartet.
Darüber hinaus sei die Staatsanwaltschaft am derzeitigen Wohnort des
Geistlichen eingeschaltet worden.
Fälle vielleicht schon verjährt
Noch ist unklar, ob die Taten bereits verjährt sind. Der
Schweinfurter Leitende Oberstaatsanwalt Rainer Vogt sagte dem Blatt,
die Frage der Verjährung hänge von der Schwere der Taten ab. Er könne
nicht von vornherein sagen, dass sie verjährt seien.
Erst Ende Juli waren ähnliche Missbrauchsvorwürfe gegen einen
ranghohen Geistlichen des Erzbistums Bamberg bekanntgeworden.
Ehemalige Schüler eines Bamberger Internats beschuldigen einen 63
Jahre alten Domkapitular. Die Übergriffe sollen sich zwischen 1976
und 1991 ereignet haben. Der Geistliche war bis 1991 Direktor des
Internats. Er wurde wegen der Vorwürfe beurlaubt. Bereits im März war
der ehemalige Pfarrer von Riekofen in der Oberpfalz zu drei Jahren
Haft in einer psychiatrischen Anstalt und Sicherungsverwahrung
verurteilt worden, weil er sich über Jahre an einem Ministranten
vergangen hatte.
10.10.2008 Ta
http://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=67&id=90995