Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Fremdplatzierung in Heimen

Jugendamt Köln: Fall Sandra

Jugendamt Köln: Fall Sandra

Express Köln vom 21.12.1996

Drei Tage vor Weihnachten: Sandra (11) muß ins Heim

"Laßt mich bei Papa!"

Sandra klammert sich an ihren Vater, sie weint. "Papa, ich will nicht weg!"

Deutschland, drei Tage vor Heiligabend. Festtage stehen bevor. Aber nicht überall werden es Frohe Weihnachten. Weil einiges nicht stimmt in diesem Land, in unserer Stadt, bei ihrem Nachbarn.

EXPRESS war Augenzeuge erschütternder Szenen in Köln, geschehen im Eigelsteinviertel. Ein elfjähriges Mädchen wird vom Jugendamt seinen Eltern weggenommen.

Ein Gericht hat dies zum Schutz des Kindes beschlossen. Ein Polizeiwagen fährt Sandra weg. Weihnachten wird sie im Heim verbringen. Bilder einer Tragödie.

Von AHAN DEMIRI

exp Köln - Sandra, ein Kinderschicksal. Elf Jahre ist sie jung. Dinge in ihrem Leben sind falsch gelaufen. Dafür, was geschah und jetzt geschieht, sind andere verantwortlich - Erwachsene.

Das Jugendamt hat gerade geklingelt. Sandra hat Angst. Sie krabbelt unter den Tisch.

Gutachten, Einweisungen, Anordnungen. Sandra ist erst elf, aber ihr Fall füllt ganze Aktenordner. Zwei DIN A4 Seiten sind neu eingeheftet worden. Ein Beschluß, gezeichnet und besiegelt von Richter Schumann. "Köln, den 19.12.1996. Amtsgericht, Abteilung 53."

Donnerstag beschlossen, am selben Tag vollzogen. Sandras Schicksal, Punkt 1) "Den Eltern wird im Wege einstweiliger Anordnung das Personensorgerecht entzogen. Dieses Recht wird auf das Jugendamt der Stadt Köln, Bezirksamt Innenstadt, als Pfleger übertragen."

Der Vater wehrt sich zunächst, dann beugt er sich den Beamten. Seine Tochter muß gehen.

Punkt 2) "Wird das Kind nicht freiwillig herausgegeben, so kann es den Eltern vom Gerichtsvollzieher unter Anwendung von Gewalt weggenommen werden." Es ist 15.40 Uhr, als in der Wohnung der Familie S. am Thürmchenswall die Tür klingelt.

Sandra, ihr Vater, ihre zwei Schwestern und ihre Großeltern schrecken zusammen. "Ich habe Angst. Ich will nicht weg!" Sandra schreit, Sandra weint. Sechs Männer und Frauen schreiten durch die Diele: Polizei, Jugendamt, Gerichtsvollzieher. Sie sind mit der Überzeugung gekommen, für Sandra das Beste zu tun.

Sie zeigen den richterlichen Beschluß. Dort steht: "Die Entziehung des Sorgerechts ist im Interesse des Kindes geboten. Nach den glaubhaften Angaben des Jugendamtes zeigt Sandra schwerwiegende, wahrscheinlich durch sexuellen Mißbrauch begründete Verhaltensauffälligkeiten."

Ein Mitarbeiter des Jugendamtes trägt Sandra aus dem Haus.

"Die Eltern haben Sandra der unbedingt nötigen Hilfe zur Erziehung entzogen und sind außerstande, ihr Schutz vor weiteren Schädigungen zu bieten."

Sandra war vorher in einem Dormagener Heim. Der Vater hatte sie dort wieder rausgeholt. Das durfte er nicht. Aber Gerd S. (44) fühlt sich im Recht. Er habe seiner Tochter niemals etwas getan: "Man wirft mir sexuellen Mißbrauch vor. Dabei gibt es gar keine Beweise."

Abschied wider Willen. Sandra klammert sich noch an die Autotür - dann fährt der Streifen- wagen davon. Sandra kommt ins Heim.

Wer weiß schon genau, wo die Wahrheit liegt? Das Kind Sandra, wo gehört sie hin? Sie ist erst 11 - und lebt auf Messers Schneide. Im Sommer hat der Erziehungsleiter des Dormagener Heims Spezialisten der Kinderpsychiatrie der Uni Köln berichtet. Sandra zeige extreme Stimmungsschwankungen, sei teilweise äußerst aggressiv und drohe, sich umzubringen.

Der Erzieher hat auch berichtet, was am 12. Mai geschah. An diesem Tag waren die Eltern zu Besuch. Und Sandras ältere Zimmernachbarin sagte zum Vater, er sei wohl der, der Sandra abends immer vergewaltigt habe. In drei Tagen ist Weihnachten. Aber einiges stimmt nicht in diesem Land.

Fotos: Peter Kämacher